Aus der Rechtssprechnung

Nicht genehmigungsfähige Ausführungsplanung – trotzdem keine Haftung für den Architekten?

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 19.11.2025. Az. 15 U 6/25

Ein Architekt wird vom Bauherrn für den Umbau eines unter Bestandsschutz stehenden Gebäudes mit unterschiedlichen Leistungsphasen beauftragt, u.a. auch mit der Genehmigungs- und Ausführungsplanung. Die Baugenehmigung für Nutzungsänderung und Umbau wird erteilt, eine entsprechende Ausführungsplanung erstellt. Jetzt kommen dem Bauherrn Zweifel. Sind nicht Abriss und Neubau doch eine optimalere Ausnutzung des Grundstücks? Der Architekt erstellt daraufhin eine neue Ausführungsplanung, die einen Bestandsabriss sowie die Errichtung eines Neubaus vorsah.

Der Architekt war anschließend nicht weiter im Projekt involviert. Sie können es sich schon denken, oder? Der Bauherr hatte mit dem Abriss und den Neubau begonnen, eine neue Genehmigungsplanung wurde aber nicht erstellt und damit auch keine neue (Abriss- und) Baugenehmigung erwirkt. Die Bauaufsicht bekam Wind von der Sache und stoppte das Bauvorhaben. Es war im Ergebnis nicht genehmigungsfähig. Der Bauherr nahm daraufhin den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch.

Klare Sache denken Sie jetzt? Der Architekt haftet wegen der nicht genehmigungsfähigen Ausführungsplanung? Spätestens aber die Entwurfsplanung muss genehmigungsfähig sein? Normalerweise schon, nicht so aber das Oberlandesgericht Karlsruhe. Achtung: Die nachfolgende Argumentation hat das Potential, ein Einzelfall zu bleiben, eine Übertragung auf andere Fälle scheint fraglich. Das Oberlandesgericht Karlsruhe geht davon aus, dass zwischen Bauherrn und Architekt die Auslotung von Maximalvorstellungen erfolgen und dabei nicht der sicherste Weg (Genehmigungsfähigkeit) gewählt werden sollte. So stellte das erneute Abfragen einer Planung auf Abriss und Neubau, nachdem bereits eine Baugenehmigung für die Umnutzung und des Umbaus des Bestandes vorlag, eine neue Abfrage und Auslotung dieser Maximalvorstellungen vor. Jedenfalls schloss dies das Gericht aus der zwischen den Parteien erfolgten Korrespondenz. Demnach kann der Bauherr auch aus dem Umstand, dass eine neue Ausführungsplanung vorgelegt wurde, nicht schließen, dass diese Planung eine Baugenehmigung ersetzt oder wenigstens genehmigungsfähig ist.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe verneinte eine Haftung des Architekten.

Alles also nur ein Kommunikationsproblem? Hier schon. Es hätte auch gut die andere Richtung nehmen und mit einer saftigen Haftung des Architekten enden können. Denn wenn eine Ausführungsplanung erstellt wird, die nicht genehmigungsfähig ist, besteht nach der bisherigen Rechtsprechung grundsätzlich eine Haftungsgefahr des Architekten. Wenn an den Bauherrn eine Planung übergeben wird, die nach den Grundsätzen genehmigungsfähig sein muss, um nicht mangelhaft zu sein, dann muss der Architekt einen deutlichen, klaren und unmissverständlichen Hinweis an den Bauherrn erteilen (natürlich nachweisbar!), dass diese Planung noch nicht den Anspruch einer genehmigungsfähigen Planung aufweist und erstmal nur die Grenzen des bautechnisch und ggf. wirtschaftlich Möglichen auslotet, die Einholung einer Baugenehmigung vor Baubeginn aber unbedingt erfolgen müsse (und damit auch generell die Auseinandersetzung mit der Genehmigungsfähigkeit).

Was aus dem Urteil wird, darf man gespannt abwarten. Es ist hier jedoch stark auf den Einzelfall bezogen, sodass eine Übertragbarkeit auf andere Fallkonstellationen wahrscheinlich stark eingeschränkt ist.


Foto: privat

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