Digital verknüpfte Realität
Reale Räume sind Orte, an denen Materialien, Licht und Präzision unmittelbar erfahrbar werden. Doch bislang blieb dieses Erleben an den Ort gebunden. Mit BettePlaces hat atelier 522 das Analoge mit dem Digitalen verwoben – und so eine Erlebniswelt geschaffen, die reale Showrooms mit virtuellen Resonanzräumen verbindet.
Was wäre, wenn Markenräume nicht nur begehbar, sondern auch bespielbar wären – unabhängig von Ort, Zeit und Gravitation?
Wir leben in einer Welt, in der Identität nicht mehr ausschließlich in Fassaden oder Grundrissen verankert ist. Markenarchitektur existiert längst auch im Digitalen: als dreidimensionales Erlebnis, als begehbare Visualisierung, als immersives Storytelling. Zwischen Stein und Pixel entsteht ein neues Feld, in dem Materie und Code ineinander übergehen.
Auf dem Campus des Herstellers architektonischer Badobjekte Bette in Delbrück wurde diese Idee weitergedacht: BettePlaces ist eine kleine Stadt aus Mikrohäusern, die auf dem Campus real begehbar ist und sich zugleich als digitaler Zwilling über die Welt spannt. Jedes dieser Häuser ist mehr als eine Hülle – es ist ein Resonanzraum, der die ikonischen Badobjekte von Bette in einen kulturellen, atmosphärischen und narrativen Kontext stellt. Eine Erlebniswelt – und ein hochpräzises Werkzeug für die Marken- und Produktkommunikation.
Badarchitektur in neuen Dimensionen
BettePlaces ist kein klassischer Showroom, vielmehr ein gebautes Narrativ. Auf 1 800 m² entstand eine kleine Stadt aus 16 Häusern, inspiriert von Badkulturen rund um den Globus. Werkbereiche, die den Weg vom Rohstoff hin zum fertigen Produkt aus der Produktion in den Showroom holen, ergänzen die Ausstellung.
Jedes Haus trägt eine eigene architektonische Handschrift. Materialien wie Beton, Lehm oder geflammtes Holz wirken nicht bloß als Oberflächen, sondern als kulturelle Marker: Sie öffnen Räume für Inspiration, prägen Atmosphären, stoßen Geschichten an. Umgeben von sorgfältig komponierten Szenerien taucht man in unterschiedliche Badkulturen ein. Architektur, Umgebung und Interieur verweben sich zu dichten Erzählungen – und machen erfahrbar, wie gute Gestaltung alles zusammenführen kann: den kulturellen Kontext, die Haltung der Entwerferin und die sinnliche Erfahrung im Raum.
Selten findet man Schönheit und technische Raffinesse so konzentriert wie in diesem Spannungsfeld. Ein Badezimmer wird hier zum kulturellen Statement, zum architektonischen Experimentierfeld, zum Ausdruck einer Haltung. Inspiration wird nicht zur Dekoration, sondern zum Fundament – sichtbar, spürbar, erinnerbar.
Mal steht jahrhundertealte Handwerkskunst im Vordergrund, mal das Spiel von Licht und Reflexion, mal die Verdichtung urbaner Räume. In dieser Dramaturgie wird der Showroom selbst zur Bühne: ein Resonanzraum, in dem Badobjekte nicht als isolierte Produkte erscheinen, sondern in ihrer architektonischen Umgebung verankert und erlebbar werden.
Online, offline, between the line
Gleichzeitig endet diese Erfahrung nicht an der Schwelle des Gebäudes. Mit BettePlaces verschwimmen die Grenzen. Architekturen aus Stein verbinden sich mit Architekturen aus Code und Pixel. Der digitale Zwilling eröffnet eine neue Dimension – kein bloßes Abbild, sondern eine Erweiterung. Das Besondere: Der Showroom lässt sich sowohl physisch vor Ort als auch digital erleben – und bleibt damit auch nach dem Besuch zugänglich. Online kann man die Räume nicht nur betrachten, sondern tatsächlich begehen. BesucherInnen navigieren durch die Häuser, wechseln Perspektiven, entdecken Produktdetails – unabhängig davon, wo sie sich gerade befinden.
Digitale Medien – Filmsequenzen, Bewegtbild, Sound, AR-Anwendungen – verdichten die Erzählung. Mit der Bette-AR-Experience im Showroom selbst öffnet sich ein weiteres Universum, das die analoge mit der digitalen Welt spielerisch verbindet. Technische Einbausituationen werden realitätsnah demonstriert, während AR-Filter die optische Wahrnehmung erweitern. Ein QR-Code genügt – und man befindet sich mittendrin im interaktiven Baderlebnis.
So entsteht eine Architektur, die zwischen analog und digital vermittelt. Der physische Raum und sein digitaler Zwilling sind zwei Teile einer Choreografie: hier Materialität, dort Immersion; hier Maßstab, dort Beweglichkeit; hier die gebaute Präsenz, dort die erweiterte Erzählung. BettePlaces zeigt, wie Markenarchitektur in Zukunft verstanden werden kann – als Zusammenspiel von Raum, Inszenierung und Storytelling, das weit über den Ort hinaus Wirkung entfaltet.
„Between the line“ beschreibt genau diese Übergänge: die Momente, in denen Realität und Virtualität ineinandergreifen, in denen ein digitales Erlebnis genauso sinnlich sein kann wie das Berühren eines Materials.
Kann virtuelles Design sinnlich sein?
Die Frage klingt zunächst paradox. Doch das Gehirn denkt nicht in Daten, sondern in Geschichten. Sinnlichkeit entsteht dort, wo Reize mit Erinnerung verschmelzen. Wenn wir an das Rauschen der Brandung denken, an rohen Stein unter den Fingern, an die Spiegelung von Sonne im Wasser, dann werden Synapsen wie Instrumente in einem Orchester aktiv. Klang, Geruch, Haptik – auch wenn sie nicht physisch vorhanden sind, formt unser Vorwissen daraus eine lebendige Erfahrung.
Neurowissenschaftlicher vermuten heute, dass der Mensch seine Wirklichkeit nicht nur durch direkte Sinnesreize, sondern auch durch Imagination und Erinnerung konstruiert. Seit längerem ist bekannt, dass schon das Betrachten einer digitalen Simulation dieselben Hirnareale aktivieren kann wie ein physischer Sinneseindruck. In der Neuroästhetik spricht man von „embodied simulation“ – der verkörperten Simulation. Der Körper „fühlt“ mit, auch wenn er nicht direkt berührt. Deshalb kann ein virtuelles Material Wärme ausstrahlen, eine digitale Lichtführung Geborgenheit erzeugen, eine immersive Soundkulisse räumliche Tiefe erlebbar machen.
Virtuelle Erlebnisse sind also nicht weniger sinnlich – sie sind anders sinnlich. Sie übersetzen die Sprache von Materialität in Codes von Licht, Klang und Bewegung. Entscheidend ist dabei nicht die technische Perfektion, sondern die atmosphärische Stimmigkeit: Wie kohärent ist das Zusammenspiel von Raum, Narration und Wahrnehmung?
Architektur ohne Gravitation
Genau hier könnte die Chance für die Markenarchitektur liegen: Atmosphären zu choreographieren, die in der gebauten Realität kaum möglich wären. Räume, in denen sich Schwerkraft auflöst, Mauern durchlässig werden, Tag und Nacht gleichzeitig erfahrbar sind. Virtuelles Design eröffnet Landschaften der Imagination, die nicht aus Stein bestehen müssen, um körperlich spürbar zu sein.
Doch was geschieht mit dieser Freiheit? Wenn alles möglich scheint – welche Geschichten wollen wir erzählen? Soll der virtuelle Raum ein Spiegel sein, ein Labor, ein poetisches Gegenüber?
Digitale Architekturen sind nie abgeschlossen. Sie tragen keine Patina der Witterung, sondern der Veränderung. Jeder Klick, jede Erweiterung, jede neue Erzählung schreibt sich in sie ein. So entstehen Organismen, die wachsen, mutieren, sich verwandeln – nicht starr, sondern in Bewegung.
Markenarchitektur der Zukunft könnte so zum offenen Medium werden: kein statisches Monument, sondern ein Resonanzfeld, das Haltung übersetzt, Narrative weiterträgt und Identität immer wieder neu verhandelt.
Online, offline – und in jenem Dazwischen, wo sich Materie und Code berühren
Und vielleicht liegt genau darin die Einladung: Räume zu schaffen, die nicht Grenzen ziehen, sondern Horizonte öffnen. Räume, die nicht nur informieren, sondern auch inspirieren. Räume, die Haltung zeigen – und Sehnsucht wecken nach mehr. Wie das Storytelling im Fall Bette an der Schnittstelle zwischen realen Mikrohäusern und digitalen Zwillingen angelegt ist, sollen die folgenden fünf Beispiele veranschaulichen, bei denen die realen Interieurs mit digitalen Umgebungen verschmelzen...
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Miami
Das Badezimmer als kosmopolitisches Statement: irgendwo zwischen Miami Beach und Fisher Island. Lichtdurchflutet und aus strukturiertem Putz mit Produkten als Architekturhighlight. Hier startet die tägliche Beautyroutine – hier klingt der Tag entspannt aus. Lieblingsprodukte werden zelebriert und ausdrucksstarke Badelemente mit ihrer organischen Formensprache geschmeidig inszeniert. Für kultivierte Wohlfühlmomente.
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Mount Fuji
Quaderförmige Architektur inmitten schneebedeckter Berglandschaft rund um die Naturregion Tokyos. Traditionelle japanische Bauten, neu interpretiert: minimalistisch eingerichtet – zugleich gemütlich. Ein zeitloses Refugium ganz aus Fichtenholz. Schwarzgebrannt durch die Yakisugi-Technik, die das Bauwerk für Jahrzehnte konserviert. Eine respektvolle Hommage an Jahrhunderte altes Wissen, die mit den Symmetrien der Badobjekte zu einer untrennbaren Einheit verschmilzt.
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Marrakesch
Stampflehm – die architektonische Seele marokkanischer Urbanität. Eine Inspirationsquelle natürlichen Ursprungs, die mit Glas und Titan-Stahl sowie ihren ebenfalls aus reinen, in der Natur vorkommenden Verbindungen eine ideale Materialkomposition bildet. Hier schließt sich der Kreis zwischen formgebender Architektur und Produkten. Eine raumbildende Symbiose zwischen Innen und Außen.↓
Orbit
Geometrische Formen, futuristisch eingebettet in steiniges Terrain. Experimentell und künstlerisch verbinden sich hier Produktdesign und Architektur zu einem Anziehungspunkt feinster Materie. Kleinste Teilchen, losgelöst von Raum und Zeit gleich einer Reise ins Universum. Für ein Gefühl der Schwerelosigkeit in einer Umgebung, die den Spirit unkonventioneller Badgestaltung spürbar werden lässt.
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Osaka
Das bewusste Erleben des gegenwärtigen Augenblicks – getragen von japanischer Designphilosophie. Respektvoller Minimalismus ausgedrückt mit ästhetischen Materialien wie Natur-
steinfliesen und Eichenholz. Vollendet mit der klaren Formensprache der Badobjekte wirkt diese Verbindung beruhigend meditativ.