Architektin Zaha Hadid ist tot

Zaha Hadid (1950–2016)

Die irakische Architektin Zaha Hadid widmete sich lange Zeit (unfreiwillig) ihren spektakulären, dekonstruktivistischen Zeichnungen, bis sie das erste Gebäude bauen konnte. Sie erhielt 2004 bislang als einzige Frau den Pritzker-Preis, die wichtigste Auszeichnung der Architektur.

Zaha Hadid wurde in Bagdad geboren und wuchs dort auf. Die Familie emigrierte nach der Machtübernahme von Saddam Hussein nach Beirut. Dort studierte Zaha Hadid zunächst Mathematik, Anfang der 1970er-Jahre dann Architektur an der Architectural Association School in London. Dort wurde sie unter anderem von Rem Koolhaas unterrichtet, für dessen Büro OMA sie auch später arbeitet.

Der Entwurf „Malewitschs Tektonik“, ihre Abschlussarbeit an der AA School of London 1983, markiert den Anfang ihrer Begeisterung für den Kubismus. Ihre Inspirationsquelle ist die russische Avantgarde – der Suprematismus. Die Kunstform, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts parallel zum Futurismus und Konstruktivismus in Europa entwickelt.  1983 erregt sie mit dem Entwurf für den Freizeit- und Erholungspark The Peak Leisure Club an einem Berghang in Hongkong erstmals internationales Aufsehen und erhält dafür eine Auszeichnung. Eine Ausstellung im MOMA in New York fasst 1988 zum ersten Mal den Zeitgeist dieser Bewegung in der Architektur. Unter dem Titel „Deconstructivist Architecture“ zeigt das Museum Zeichnungen, Entwürfe von Zaha Hadid, Rem Koolhaas und anderen. Deren Verständnis von Architektur: Die Grenzen zwischen innen und außen, oben und unten zu verwischen. Doch selbst zählt sich Zaha Hadid nicht zu den Dekonstruktivisten.

Kühn waren ihre Entwürfe, zu kühn für die meisten Bauherrn, so dass sie lange nur auf dem Papier zu bewundern waren. Ihr erstes Architekturbüro gründete Zaha Hadid bereits 1980 in London, doch erst 1993 – 13 Jahre später – konnte sie ihr erstes Gebäude fertigstellen: das Feuerwehrhaus für das Vitra-Werk im südbadischen Weil am Rhein. Es ist, wie ihre Entwürfe, geprägt von expressiven Formen. Trotz ihrer visionären Bauten legt Zaha Hadid großen Wert auf Funktionalität. Ihre Projekte zeichnen sich aus durch fließende Raumgliederungen. Zu ihren realisierten Entwürfen zählen unter anderem das Phaeno Science Center in Wolfsburg, die Bergiselschanze bei Innsbruck sowie das Contemporary Arts Center in Cincinnati, das BMW-Werk in Leipzig, das Kunstmuseum MAXXI in Rom. Vor einigen Monaten hat sie das Messner Mountain Museums Corones in Südtirol fertiggestellt.

Keine Frau hat die Architekturszene so bewegt wie die irakische Architektin Zaha Hadid. Mit ihren in Architektur gebannten avantgardistischen Formen ist sie eine Vorreiterin des parametrischen Entwerfens. Dessen Umsetzung sie sich mit ihrem Mitarbeiter und späteren Büropartner Patrik Schumacher verschrieb. Sie hatte eine andere Raumvorstellung, kaum ein rechter Winkel ist in ihren Gebäuden zu finden. Kinetisch und fluide wurden ihre jüngsten Entwürfe beschrieben. Die Königin der Kurven. Sie wurde 65 Jahre alt.


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