Forschen und Lehren im Dialog

Mærsk Tower, Kopenhagen/DK

„Das neue Wahrzeichen in der Silhouette von Kopenhagen besticht einerseits durch seine Qualität in der Gestalt des Gebäudes, der Materialität der Fassaden und Innenräume, andererseits durch die Gestaltung der Außenräume und die Verknüpfung mit der Umgebung und dem bestehenden Gebäude. Im Inneren werden die verschiedenen Funktionen von Lehre und Forschung auf gelungene Weise miteinander verbunden. Es entstehen Räume, die die Kommunikation fördern und zum Aufenthalt einladen. Ein Gewinn für Nutzer und Stadt.“

⇥DBZ Heftpate Andreas Schulte

Transparenz, Flexibilität und Raum für Austausch waren elementare Parameter, die die Fakultät für Gesundheit und Medizinwissenschaften der Universität von Kopenhagen sich für ihre Erweiterung gewünscht hat. Bereits 2010 gewann das Kopenhagener Architekturbüro C. F. Møller den ersten Platz des international ausgeschriebenen Wettbewerbs. 2017 wurde der Mærsk Tower eröffnet und bietet Studierenden, Lehrenden und Forschenden 35 200 m² zusätzliche Nutzfläche. Mit hochmodernen und zudem besonders nachhaltigen Laboren, kurzen Wegen zwischen Labor- und Büroräumen sowie einer sogenannten Science Plaza auf jeder Etage sind hier attraktive Lern- und Arbeitsplätze entstanden, die auch international führende Forschergruppen an den Standort bringen.

Bestand einbinden

Obwohl für die Erweiterung architektonisch und raumplanerisch eine ganz neue Richtung gewünscht wurde, war es den Architekten sehr wichtig, sich sehr bewusst auf den bestehenden Brutalismusbau zu beziehen. „Wir wollten den Bestand, den so genannten Panum-Komplex aus den 1970er-Jahren, respektieren und uns auf ihn beziehen. Es handelt sich um ein Gebäude mit sehr hohen Qualitäten, dessen Architektur der Zeit seiner Entstehung geschuldet ist“, so Mads Mandrup Hansen, Geschäftspartner des Architekturbüros C. F. Møller. „Aber es ist ein sehr introvertierter Gebäudekomplex, dessen Konzept dem klassischen Bild des wissenschaftlichen Arbeitens in einem abgetrennten Universum folgt. Jetzt ging es hingegen um Vernetzung und Kommunikation, Extrovertiertheit und Transparenz.“

Um dennoch keinen zu starken Bruch zwischen Alt und Neu entstehen zu lassen, nahmen die Architekten sehr bewusst Materialien des Bestandsbaus auf. So bezieht sich die Farbigkeit der kupfernen Fassadenlamellen beispielsweise nicht nur auf die für Kopenhagen typischen Kirchtürme der Stadtsilhouette, sondern auch auf die Fassadenverkleidung der niedrigeren Bauten des Panum-Komplexes.

Neu ist dagegen die innere Struktur. Wesentliches Element des neuen Gebäudes ist der Sockel des Turms, in dem sich das Foyer mit Information, der Mensa- und Cafeteriabereich, die Konferenz- und Vortragsräume, Klassenräume so wie eine Vielzahl informeller, offener Arbeitsbereiche für die Studierenden befinden.

Austausch und Kommunikation

Durch den Höhenunterschied auf dem Grundstück befindet sich der Haupteingang am Blegdamsvej ein ganzes Geschoss unterhalb des Übergangs zum Bestand. Betritt man das Gebäude an dieser Stelle, steht man einer großen zentralen Haupttreppe gegenüber, die sich in Bereiche mit hohen Sitzstufen und Stufen mit normalem Steigungsmaß gliedert. Eines der vielen Angebote an die Nutzer zum zwanglosen Miteinander.

Während der Turm selbst im Grundriss ein Dreieck mit abgerundeten Ecken darstellt, bildet der Sockelbereich eine Art Windrad mit mehreren Flügeln in seinen äußeren Begrenzungslinien. Alle Bereiche sind geprägt von der Idee der Durchlässigkeit und der Kommunikation. So ist auch das mittig liegende größte Auditorium überwiegend von Glaswänden eingefasst. Der 504 Sitze fassende Raum soll auch neuen Vorlesungsformen gerecht werden und wurde daher mit modernster Tontechnik ausgestattet, so dass auch die Zuhörer ohne Probleme mit dem Vortragenden ins Gespräch kommen können.

In dem über dem Sockel aufragenden Turm war es den Architekten wichtig, das Konzept kurzer Wege und offener Gespräche fortzuführen. Labore und Büros sind so angeordnet, dass ein Wechsel beider Arbeitsplätze ohne großen Aufwand möglich ist. Spannend ist die Idee der Science Plaza: In jedem Geschoss gibt es einen offenen Bereich mit angeschlossener Küchenzeile, in dem sich die Mitarbeiter auch auf informeller Ebene unter-einander fachlich austauschen können. Zudem wurden jeweils 4 bis 5 Geschosse so zusammengefasst, dass diese Bereiche über eine in einem Atrium verlaufende Wendeltreppe miteinander verbunden sind. Das bricht die Architektur des Turms – auch auf der sozialen Ebene – auf einen kleineren Maßstab herunter. Steht man außen vor dem Gebäude, sind diese Bereiche leicht ablesbar, da hier die ansonsten an der Fassade sitzenden Kupferlamellen fehlen und so einen Einblick in das Gebäude gewähren.

Städtebauliche Offenheit

Denn Offenheit und Extrovertiertheit war den Architekten auch in Bezug auf die städtebauliche Situation und die Einbindung des Stadtquartiers sehr wichtig. „Das Stadtviertel Nørrebro ist ein multikulturelles Szeneviertel, das gerade unter Kreativen sehr beliebt ist“, erklärt Architekt Mandrup Hansen. „Es hatte sich zwischenzeitlich allerdings auch schon zu einem Brennpunktquartier entwickelt. Dennoch haben wir uns bewusst dafür entschieden, die Außenanlagen und den Zick-Zack-förmigen Floating Walkway für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Unsere Rechnung ist aufgegangen! Gerade im Sommer sind die Außenanlagen sehr beliebt und mir ist nicht bekannt, dass es je Probleme gab – nicht einmal mit Graffiti.“

Die Wichtigkeit der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit zeigt sich auch in dem für Besucher zugänglichen Bereich im 15. Obergeschoss unter dem Dach, den jeder nutzen kann, der den Ausblick über die Stadt genießen möchte. Zudem ist es Externen möglich, Räumlichkeiten für Veranstaltungen im Mærsk Tower anzumieten.

Nachhaltigkeit

Nicht zuletzt standen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz im Fokus der Planung. Die Universität von Kopenhagen verfolgt dabei das Ziel, bis 2020 den Energieverbrauch der Universität um die Hälfte zu reduzieren. Das Gebäude erreicht mit 40 kWh/m2 Primärenergieverbrauch sehr gute Werte.

Auch die markante und vielfach in der Fachpresse beschriebene Kupferlamellen-Fassade des Hochhauses trägt zu den guten Energiekennwerten bei. Ein Teil der Lamellen ist beweglich und passt sich dem natürlichen Sonnenstand an. So kann einerseits das Tageslicht optimal ausgenutzt, andererseits das Gebäude vor sommerlicher Überhitzung geschützt und so sehr viel Energie eingespart werden.

Finanzielle Unterstützung erhielt das Projekt durch die A.P. Møller Stiftung, gegründet von Arnold Mærsk Mc-Kinney Møller, dessen Containerschiff-Reederei für den Namen des Turms Pate stand. „Der Stiftung lag nicht zuletzt die qualitätvolle architektonische Umsetzung des Projekts am Herzen“, so Mads Mandurp Hansen. „Die Unterstützung war für uns als Architekten daher ein wahrer Segen!“ Nina Greve, Lübeck

Baudaten

Objekt: Mærsk Tower

Standort: Mærsk Bygningen Blegdamsvej 3, Kopenhagen/DK

Typologie: Bildungsbau

Bauherr: The Danish Property Agency (BYGST) and the University of Copenhagen mit Spenden von A. P. Møller og Hustru Chastine Mc-Kinney Møllers Fond til Almene formål

Nutzer: University of Copenhagen

Architekt: C. F. Møller Architects, Kopenhagen/DK, www.cfmoller.com

Partner: aggebo&henriksen; Cenergia Energy Consultants, Gordon Farquharson, Innovation Lab

Bauzeit: August 2012 – Juni 2016

Fachplaner

Tragwerksplaner: Rambøll Danmark, Kopenhagen/DK

Landschaftsarchitekt: SLA A/S, Kopenhagen/DK, www.sla.dk

Projektdaten

Nutzfläche gesamt: 42 700 m²

Baukosten: Gesamt brutto: 206,6 Mio. € (1,54 Mrd. dänische Kronen)

Hersteller

Alu-/Glasfassade: Waagner-Biro Stahlbau AG, www.waagner-biro.com

Sonnenschutz: Alux A/S, www.alux.dk; Arkitex A/S, www.arkitex.dk, Juul & Nielsen A/S, www.sjuul-nielsen.dk

Beton: Züblin A/S, www.zueblin.dk

Aufzug: Otis A/S, www.otis.com/da/dk

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