Liebe Leserinnen und Leser,

der Jahreswechsel war für uns alle mit vielen Hoffnungen verbunden. Hoffnungen auf Zeiten, die wieder mehr Freiheiten zulassen, die unser so sehr reguliertes Miteinander in vielen Dingen wieder spontaner und offener werden lassen. Doch trotz aller verhaltenen Zuversicht, die aus der Aufforderung der Politik resultiert, den Alltag noch nicht Alltag sein zu lassen, können wir alle wohl feststellen, dass eine ganze Menge in Bewegung geraten ist. Wir haben im besten Fall unseren Blick schärfen können. Unsere Wahrnehmung, dass unsere Gewohnheiten sich einem gemütlichen und irgendwie sicheren wie zugleich kaum noch reflektierten Lebenstil verdanken, hat viele unruhig gemacht: Es muss etwas geschehen!

Unser Januar-Heft mit seinen zahlreichen Ausblicken auf das Kommende stand deutlich unter dem Eindruck, dass auch die Bauwirtschaft – vielbesprochener, verlässlicher Motor unserer unter Druck stehenden Wirtschaft insgesamt – die besondere Zeit dieser Pandemie nutzen sollte und schon genutzt hat, den Blick aus dem Corona-Loch hinaus auf die wesentlichen Herausforderungen der kommenden Jahre zu richten. Ressourcenverbrauch und Abfallproduktion, CO2-Emmissionen, höhere Temperaturen, zunehmende Unwetterwahrscheinlichkeit sind nur einige Stichworte, die die allernächste Zukunft dieses so verzögert langsam sich bewegenden Industriesektors bestimmen werden.

Da freut es uns natürlich, wenn wir mit unserem Heftthema – dem Hybriden Tragwerk – auf Projekte gestoßen sind, die vieles von dem, was die Bauwirtschaft morgen beschäf­tigen muss, heute schon angehen: Materialeffizienz beispielsweise. Ein wichtiges Thema, das, gerade mit Blick auf die Vorhersagen, dass wir in den kommenden Jahren auf der Welt das 1,5-fache von dem bauen werden, was heute schon gebaut wurde, von größter Relevanz ist. Dass wir für dieses Thema neben Prof. Dr.-Ing. Jürgen Graf, den wir zuerst anfragten, ob er Heftpate werden wollte, zudem noch den Architekten Prof. Stephan Birk gewinnen konnten, zeigt, dass auch wir in der Auswahl der Heftpartner eigentlich immer das gesamte Planungsteam ansprechen sollten. Stephan Birk, Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart, kam auf Wunsch von Jürgen Graf hinzu, dafür Dank!

Hybrides Tragwerk ist eine zentrale Zukunftsperspektive, die darauf verweist, dass auch das Bauen zu wesentlichen Fortschritten in der Lage ist. Dass uns dabei vielleicht die Ahnung überkommt, in dieser kombinierten Bauweise (Konstruktionsart und Materialien) auf allererste Konstruktionsprinzipien zurückzugreifen, sollte uns nicht den Eindruck von Rückwärtsgewandtsein vermitteln. Ganz im Gegenteil gehen die meisten Zukunftsvorgriffe auf einfachste, der Natur abgeschaute Prinzipien zurück. Und wofür die Natur Jahrmillionen an Entwicklungszeit aufgewendet hat, das sollte uns sicher machen, dass da eine ganze Menge abzuschauen ist, immer noch!

Seien Sie herzlich gegrüßt, bleiben Sie beweglich und tauschen Sie sich aus mit uns,

Ihr

Benedikt Kraft

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