Klimaengineering von der World Expo 2020 Dubai
Wenn man in der Wüste baut und dort klimatisierte Räume erwartet, wird es schwierig. Der Energieaufwand für ein Raumklima, das Behaglichkeit verspricht, ist heute nicht mehr zu vertreten. Was tun? Im Rahmen der World Expo 2020 in Dubai kann man Ansätze finden, die hier gangbare Wege aufzeigen, die wie so oft auch aus traditionellen Ansätzen kommen. Möglicherweise bieten sie auch Lösungen an, über die wir die Klimatisierung von hiesigen Gebäuden in nächster Zukunft intelligenter machen.
Der ursprüngliche Entwurf für den Pavillon stammt aus der Feder der auf nachhaltiges Bauen spezialisierten VON M Architekten, Stuttgart. Das Konzept wurde gemeinsam von den Architekten, Transsolar und den Tragwerksplanern Knippers Helbig, ebenfalls aus Stuttgart, entwickelt. Die grundlegende Idee basiert auf einer Düne in der Wüste, in deren Wind- und Sonnenschatten sich kühle Luft sammelt. Klimatisch ähnliche Bedingungen finden sich – natürlich nicht zwischen Sanddünen – jedoch in Hochtälern des Schwarzwalds, wo kalte Luft gleichfalls in Senken strömt und sogenannte Kaltluftseen bildet. Diese Besonderheit eines Mikroklimas ist für Matthias Schuler von Transsolar ein geeignetes Naturphänomen, das die Verbindung zwischen den Vereinigten Emiraten und Baden-Württemberg symbolisiert.
„Wenn die gegenwärtige Außentemperatur tagsüber bei um die 38 °C im Schatten liegt, ist sie nachts bei ungefähr 30 °C, der Himmel hat dann allerdings eine Strahlungstemperatur von nur 10 °C. Auf Grund der CO2- und Methanbelastung der Erdatmosphäre findet die langwellige Erdwärmeabstrahlung immer eingeschränkter statt. Dennoch gelingt es uns in Dubai, je Quadratmeter PVT etwa 100 Watt an freier Kälte während der Nacht einzusammeln. Die Kälte speichert ein Fundamentwärmetauscher unter dem Pavillon für den nächsten Tag. Dort liegen etwa 3
Neben dem Baden-Württemberg House wurde Transsolar auch mit der klimatechnischen Planung der 1 550 m² großen Expo 2020-Repräsentation von Singapur (WOHA Architekten, Singapur) beauftragt. Die Gemeinsamkeiten wie die Unterschiede sind wie folgt: Beide Pavillons haben als Thema, ein erträgliches Außenklima am Gebäude in einer Wüstenregion zu schaffen. Wo das Bauwerk für Baden-Württemberg mit einem auf freier Nachtkälte beruhenden Kaltluftsee operiert, liegt der Schwerpunkt im Singapur Pavillon auf einer guten Verschattung und auf Verdunstungskühlung, wofür das dazu notwendige Wasser über eine solarbetriebene Entsalzungsanlage nach dem Prinzip der Umkehrosmose aus brackigem Grundwasser gewonnen wird. Das energetische Zusammenspiel der Photovoltaik (160 MWh im Ausstellungszeitraum) mit der Entsalzungsanlage verwandelt den Pavillon in ein völlig autarkes Netto-Null-Energiegebäude. Transsolar war verantwortlich für die Konzeption und Planung des integrierten Energie-, Klima- und Wasserkonzepts.Der innen wie auch außen intensiv begrünte Singapor-Pavillon wirkt als eine kühle Oase, u. a. mit Hilfe des von Transsolar entwickelten „Dry-Mist“ Systems, das Wasser vernebelt. In der durch einen Ventilator bewegten Luft werden Wassertröpfchen vollständig verdunstet, wodurch die Temperatur im Luftstrom um ca. 6 bis 10 °C sinkt, was von den Besuchern als sehr angenehm empfunden wird. Die sich dahinter verbergende Aussage ist profund, wie Matthias Schuler schlagwortartig artikuliert: „Für und mit uns ist Netto-Null-Design durch erneuerbare Energien möglich. Es stellt die Zukunft dar.“ Ob sich dahinter eine weitreichende Lösung für eine Stadt und Region wie Dubai ergibt, die für ihren Energiehunger berüchtigt ist, muss und wird sich zeigen.
Welches Potential in den sich hinter Namen wie „CoolPool“ und „Dry-Mist“ enthaltenen energietechnischen Innovationen verbirgt, offenbaren weitere aktuelle Projekte von Transsolar im Mittleren Osten. Zwei Abenteuer-Spielplätze des Nationalmuseums in Doha sind ein solcher Ort, wo – ähnlich wie bei den Projekten der Expo 2020 – allerdings schon seit dem vergangenen Jahr demonstriert wird, wie in einem Wüstenklima auch in Außenbereichen bei extremer Hitze erträglichere Temperaturen geschaffen werden können. Ohne ein ganzes Arsenal an Technik werden allein durch eine effiziente Verschattung, helle Materialien und den bereits vorgestellten „Dry-Mist“ Trockennebel atmosphärisch-zumutbare Bedingungen für die spielenden Kinder geschaffen. Wesentlich größer und anspruchsvoller ist die schon 2015 in Zusammenarbeit mit sbp schlaich bergermann und partner realisierte, 36 Hektar umfassende „Heart of Doha“ Innenstadterneuerung. Zentrales Element sind hier großflächige Verschattungskonstruktionen, die aus faltbaren Membranstreifen zwischen den Häusern und über den städtischen Barahat Al-Nouq Platz gespannt sind. Nachts wird das leichte und mobile Dach zum Einströmen kühler Luft geöffnet.
Den großen kommerziellen Durchbruch für die Vision einer nachhaltigen Zukunft auf der arabischen Halbinsel stellen diese Projekte noch nicht dar. Entsprechende Klimalösungen für konventionelle Bürogebäude, Einkaufsmalls oder Hotels und Freizeitanlagen zu entwickeln, steht jetzt an. Zumindest ein Anfang ist gemacht.