Architektur ohne ZusätzeWohnanlage, Osdorp, Amsterdam/NL
Die Abbildungen eines modernen Wohngebäudes am Kanal lassen die Gedanken leicht in die Amsterdamer Stadtidylle reisen. In Osdorp, eine halbe Stunde mit der Straßenbahn gen Osten, ist ein anderes Bild der Metropole Wirklichkeit. Die neue Wohnbebauung des Delfter Architekturstudios DP6 inmitten der Bebauung aus den 60er Jahren versucht, neue Impulse zu geben.
Die Straße Osdorper Ban durchschneidet das Quartier. Sie ist laut und unruhig. Die Läden, die sich unter dem Vordach der linearen
Bebauung aus den 1950er und 60er Jahren aneinanderreihen, sind wenig einladend. In blauen, gestapelten Plastikkisten stellt ein türkischer Supermarkt Obst und Gemüse aus ,bringt damit etwas Farbe ins Spiel. Osdorp ist von einer sozial schwächeren Bevölkerung bewohnt. Die Wohnbebauung stammt überwiegend aus der Nachkriegszeit, die städtebauliche Struktur ist nach Plänen des Architekten und Stadtplaners van Eesteren entstanden. „Damals war der gesamte Plan mit seiner Offenheit und Luftigkeit sehr wichtig“, erklärt Robert Alewijnse vom Büro DP6. „ Die Gebäude seien jedoch alle schnell und mit günstigen Mitteln entstanden, so dass heute viele der Anlagen ersetzt werden.
Die Anlage besteht aus drei großen Wohnblöcken, drei Wohnriegeln, die höherwertigen Wohnraum bereitstellen, und zwei Reihen zueinander angeordneten Reihenhäuser. „In Holland mögen die Stadtplaner Türme, sie wollen sie als besondere Momente“, erklärt Robert Alewijnse. „Wir haben sie breiter angelegt und nicht so hoch, so dass sie eher einen Blockcharakter erhalten.“ Sie markieren die Durchgangswege über das Gelände, die das Stadtviertel über zwei Brücken (von DP6) mit dem Park verbinden. In der Wohnungsstruktur schaffen die Architekten eine Durchmischung. Neben dem Anteil an sozialen Wohnungsbau bietet die Anlage Mietwohnungen und Wohneigentum mit höherwertiger Ausstattung für diejenigen, die in der sozialen Schicht aufgestiegen sind. Eine Abwanderung in andere Stadtteile aufgrund eines fehlenden Wohnungsangebotes ist so nicht nötig, und schließlich ist seit den 60er Jahren auch hier ein städtisches Gefüge gewachsen. Es gibt Einkaufsmöglichkeiten, eine Schule, eine kleine Moschee. Der Bedarf an besseren Wohnungen ist da, das zeigen zumindest der zügige Verkauf und die Vermietung der Wohnungen.
Die neue Wohnanlage ist an einer Stelle entstanden, die zuvor als Schulgarten wenig genutzt wurde. Er war wie ein geschlossener Block an dem benachbarten Park angegliedert. Die Architekten untersuchten diese Umgebung eingehend. „Es war sehr schwierig, an diese Gegend zu glauben“, erklärt Robert Alewijnse. „Einerseits sieht man ihr an, dass sie sozial schwach ist, anderseits gibt es hier Geschichte – weit mehr als in diesen Siedlungen vor den Städten mit all den Häusern mit Gärten und Zäunen.“ Die breite Straße auf der nördlichen Seite empfanden die Planer nicht sehr störend, da sie von drei großen Baumreihen eingefasst ist. Sie nahmen einen entscheidenden Eingriff vor, indem sie den Kanal in ihrer Planung verbreiterten und von der Straße an die Rückseite (Süden) der neuen Gebäude, zum öffentlichen Park verlegten. Einen eigenen Garten haben die Wohnungen nicht. Der Name „City Gardens“ steht mehr für das Programm: Die Architekten verleihen den Wohnungen dennoch eine gute Qualität über einen Zugang zum Außenraum.
In der Wohnungsstruktur gibt es viel Abwechslung, um den Bedürfnissen vieler Menschen, zum Teil aus unterschiedlichen Kulturkreisen, gerecht zu werden. „Wir haben 38 verschiedene Wohnungstypen entwickelt, was wir aber nicht nach außen zeigen. Wir wollten viele Qualitäten anbieten – wie etwa offene Küchen oder Wohnküchen. Einige Kulturgruppen lieben geschlossene Küchen mit einem Esstisch, andere bevorzugen ein großes Wohnzimmer“, erklärt der Architekt. Die Wohnungen haben eine Gesamtfläche von 80 bis 115 m² ,erfüllen damit die Richtlinien, die mindestens zwei Schlafzimmer pro Wohnung vorsehen, die Größeren haben bis zu vier Schlafzimmer. „Ich mag es, wenn Architektur auf einem natürlichen Weg entsteht“, erklärt Robert Alewijnse. „Ich mag es nicht, wenn man dem Gebäude ansieht, was der Architekt damit bewirken wollte.“ Die Planer gehen konsequent einfach vor.
das man nicht unbedingt schätzt“, erläutert der Architekt die Erschließung. „Aber ich glaube, es hat mehr mit der Art zu tun, wie er gemacht wurde – er war damals rein technisch angelegt. Mit dem Laubengang an sich ist nichts falsch.“ Den großen Vorteil sieht er darin, dass in den Riegeln alle Wohnungen in Richtung Süden, zum Park hin, orientiert sind. Ganz nebenbei ist es eine sehr kostengünstige Erschließung, die das Treppenhaus und den Aufzug mit den Wohnungen verbindet.
Die Gebäude selbst sind in einer Betonkonstruktion erstellt und die Materialwahl ist begrenzt. „Wir setzten immer wenige Materialien ein, so dass das Projekt eine Einfachheit in sich trägt.“ Hier arbeiten die Architekten mit einer horizontalen Struktur, in denen die Balkone zum wesentlichen Gestaltungsmerkmal werden. In den unteren Geschossen treten sie etwas vor, in den oberen bleiben sie weiter zurück. In den günstigeren Wohnungen gibt es kleinere Balkone, was Spiel in die Fassade bringt.
Mit Farbe gehen die Architekten vorsichtig um, die Innenschale des Dachrahmens ist in einem warmen Rot gehalten, welches innen im Treppenbereich sichtbar ist und am Abend nach außen leuchtet. Der Architekt lacht bei dem Vergleich: „Es ist wie bei einem Schmuckkästchen – dort ist der Reichtum auch im Inneren.“ Er ist sich sicher, dass einfache Architektur sehr reich sein kann und dass sie sich nicht immer auf dem ersten Blick erschließt. „Einige fragen nach Formen, nach Farben – aber das ist es nicht, was ein Gebäude interessant macht. Ein Baum, das Wasser, die Details machen die Qualität aus – Architektur braucht keine Zusätze.“
Beim Wohnen in der Stadt ist es für den Architekten wichtig, dass Aktivitäten stattfinden. „Die Verbindung zur Stadt herzustellen, ist eine der schwierigsten Aufgaben, weil sie einfach wachsen muss“, erklärt Robert Alewijnse. Die Qualität in der Stadt zeichne sich durch eine Durchmischung der Funktionen aus. Hier wurden Bauherr und Stadt überzeugt, in den Erdgeschossen neben den Durchgängen zum Park, Raum für Büros oder kleinere Geschäfte vorzusehen. Die sind noch nicht angenommen, aber der Architekt ist optimistisch: „Es braucht etwas Zeit. Wenn man von Anfang an keinen Raum zur Verfügung stellt, kann sich nie Neues entwickeln“. Christiane Niemann, Hamburg
Baudaten Objekt: City Gardens Standort: Amsterdam Bauherr: Bouwfonds MAB ontwikkeling, Haarlem, Ymere ontwikkeling, Amsterdam
Nutzer: UBA, Uithoorn Architekt: Robert Alewijnse, Chris de Weijer Projekt-Team Kerstin Tresselt, Mark van der Hoff, Harrie Hupperts, Andreas Leupold, Claudia van Leest, Frederique van Andel, Peter van der Schans, Richelle de Jong, Diana de Kroo Bauzeit 32 Monate
Fachplaner Tragwerksplaner: Ingenieursbureau Smit Westerman, Waddinxveen Technische Gebäudeausrüstung: Technisch Adviesbureau Duinwijck, Leusden Lichtplanung: Technisch Adviesbureau Duinwijck, Leusden Beratender Ingenieur Duinwijck Technisch Adviesbureau, Leusden Bauphysik DGMF Raadgevend Ingenieurs, Arnhem Konstruktion Ingenieursbureau Smit Westerman, Waddinxveen
Brandschutz Cauberg Huigen Raadgevende Ingenieurs
Konstruktionsart Beton und Stahl
Material: Beton, Naturstein, Glaspaneele, geriffelte Aluminiumbleche, Verbundwerkstoffe
Projektdaten:
Grundstücksgröße m² 14.000 Nutzfläche gesamt m² 62.000 Floorplate area/site (building) 14.000 Hauptnutzfläche m² 62.000 Additional usable space m² 6.000 Funktionsfläche m² 44.000
Verkehrsfläche m² 7.000 Brutto-Geschossfläche m² 77.000 Brutto-Rauminhalt m³ 197.000 Baukosten wurden nicht angegeben