Aus der Rechtsprechung

Verstoß gegen das Kopplungsverbot – Unwirksamkeit des Architektenvertrags

OLG Nürnberg, Beschluss vom 8. Mai 2025 – 6 U 1787/24 Bau –, juris

Die Bestimmung in Art. 10 § 3 MRVG (jetzt § 2 ArchLG) erklärt Vereinbarungen für unwirksam, durch die sich der Erwerber eines Grundstücks in Zusammenhang mit dem Erwerb ausdrücklich oder konkludent dazu verpflichtet, bei Entwurf, Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen. Das Verbot richtet sich gegen jede mit dem Erwerb eines Grundstücks zusammenhängende Bindung, die den Wettbewerb von Ingenieuren und Architekten beeinträchtigt.

Die Vorschrift soll der Gefahr entgegenwirken, dass ein Architekt oder Ingenieur bei knapp gewordenem Baugrund sich dadurch Wettbewerbsvorteile verschafft, dass er ein Grundstück an der Hand hat. Geschützt wird die Entschließungsfreiheit des Bauherren, durch den Kauf eines Grundstücks, auf dem gebaut werden soll, nicht an einen bestimmten Architekten oder Ingenieur gebunden zu sein (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 144/09 – Rn. 15, juris).

Das Kopplungsverbot besagt im Wesentlichen, dass der Architekt nicht – ohne entsprechende Zulassung als Bauträger – ein Baugrundstück vermitteln darf und die Vermittlung von der Beauftragung von Planungsleistungen für dieses Baugrundstück abhängig macht. Ein Verstoß gegen diese Kopplungsverbot führt zur Unwirksamkeit des Architektenvertrages. Die Unwirksamkeit des Architektenvertrages führt zum Wegfall des Anspruchs auf Bauhandwerkersicherheit und den damit einhergehenden Kündigungsrecht und Anspruch auf die Kündigungsvergütung für die noch nicht erbrachten Leistungen. Nun kann sich ein Auftraggeber aber bei der Vermittlung eines Baugrundstücks durch den Architekten und einer anschließenden Beauftragung nicht einfach auf das Kopplungsverbot berufen, sondern muss einen solchen Verstoß darlegen und beweisen können.

Das OLG Nürnberg hat sich in einer besonderen Konstellation damit auseinandergesetzt, in der der Architekt sich darauf berufen hatte, dass die Initiative der Beauftragung mit Architektenleistungen vom Bauherrn ausgegangen sei und daher eine Ausnahme vom Kopplungsverbot vorliege. Dieser wiederum beruft sich darauf, dass der Architekt über ein „vermeintlich fertig entwickeltes Projekt“ verfügt und das dazugehörige Grundstück „an der Hand“ hatte und bezüglich der Vermittlung dieses Grundstücks Interesse an der Beauftragung der weiteren Planungsleistungen hatte. Dies hatte sich nach der Beweisaufnahme auch als wahr herausgestellt, sodass nicht von einer Initiative des späteren Bauherrn ausgegangen werden konnte.

Auch die Befragung des Architekten hatte ergeben, dass dieser daran interessiert war, weiter an der Umsetzung des Projektes beteiligt zu sein, da die Ausarbeitung des Projektes einen erheblichen zeitlichen und personellen Aufwand bedeutet hatte.

Ferner wurde vor dem Abschluss des (vermittelten) Grundstückkaufvertrages vom Architekten der Abschluss des Architektenvertrags gefordert, sodass im Ergebnis sowohl die erste als auch die zweite Instanz einen Verstoß gegen das Kopplungsverbot angenommen haben.


Foto: Privat

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