Liebe Leserinnen und Leser,

in diesem Heft widmen wir uns einer Aufgabe, die für die DBZ eher ungewöhnlich ist: dem Städtebau. Bislang haben wir auf dieses Thema immer eher vom Rand her geschaut, aber bereits seit einiger Zeit erkennen wir, dass Büros zunehmend in übergreifenden Zusammenhängen planen und denken. Auch, was den Städtebau betrifft. Gute Architektur, so wird es an den Universitäten gelehrt, versteht sich immer auch als Teil des Stadtgewebes. In der Realität ist die Auseinandersetzung mit der unmittelbaren Nachbarschaft jedoch nur ein Teilaspekt der städtebaulichen Verantwortung. Gebäude, ihre Funktionen und Materialien, ihre Ästhetik und Resillienz sind Teil dessen, was den Charakter eines Stadtquartiers prägt. Die Grundzüge dafür wurden oft schon Jahrzehnte zuvor in Master- und B-Plänen entworfen, jenem Möglichkeitsraum, den Architektinnen und Ingenieure später mit Leben befüllt haben und befüllen werden. Gegenseitiges Verständnis ist somit elementar.

Mit unseren Heftpartnern vom Architekturkollektiv Octagon aus Leipzig haben wir drei Projekte ausgewählt, die aufgrund ihres unterschiedlichen Fortschritts die Zeitspannen, Hürden und Meilensteine einer städtebaulichen Planung aufzeigen.

Der Masterplan für die Plattenbaugroßwohnsiedlung „Am Schlaatz“ in Potsdam (S. 28 ff.) von Octagon und Landschaftsarchitekten GM013 aus Berlin zeigt, wie die Potenziale des städtebaulichen Bestands gehoben und behutsam aufgewertet werden können. Ohne großen Abriss oder Freiflächenverbrauch. Das Projekt befindet sich in der Aufstellung eines Bebauungsplanes, der zeitnah beschlussreif sein soll.

Im hamburgischen Stadtteil Oberbillwerder (S. 36 ff.) ist man bereits einen Schritt weiter: Der Masterplan des dänischen Büros ADEPT in Kooperation mit den niederländischen Landschaftsarchitekten Karres en Brands ist bereits in einen Bebauungsplan gemündet. Im Gegensatz zum Schlaatz handelt es sich allerdings um eine Neuplanung auf dem bislang landwirtschaftlich genutzten Hinterland der Hansestadt. Das IBA-Projekt mit Pioniercharakter legt dabei einen Fokus auf einen nachhaltigen Umgang mit Grund und Boden und greift die in Hamburg selbstverständliche Verbundenheit zum Wasser auf.

Fast fertig umgesetzt ist schließlich die Planung der niederländischen Büros Urhahn Urban Design und Studioninedots: Die einst abgehängte Amsterdamer Halbinsel Oostenburg (S. 44 ff.) ist bereits zu neuem Leben erblüht und zeigt, wie Architektinnen und Architekten trotz strikter Vorgaben ihrer Kreativität freien Lauf gelassen haben. Hier wird sichtbar, wie gute Architektur und guter Städtebau Hand in Hand arbeiten.

Vom Masterplan über den B-Plan, von der Bauphase bis hin zur Vermarktung braucht es eine Menge Durchhaltevermögen. Für uns war es ein spannendes Experiment, das unseren Blickwinkel geweitet hat. Auch dafür, wie Stadtplanung gute Architektur ermöglicht – oder eben nicht. Geht es Ihnen ähnlich?

Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre,

Jan Ahrenberg

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