Keine Verjährungshemmung und keine Arglist
- keine Haftung für den Architekten!

Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 01.04.2022 - 8 U 96/20

Bevor wir zu einem interessanten Fall aus der Streitwelt zwischen Auftraggeber und Architekt kommen, wünsche ich allen LeserInnen ein gesundes, glückliches und spannendes neues Jahr! Planen Sie doch mal wieder etwas Besonderes, gehen Sie neue Wege mit Mut und Zuversicht und vor allem: Streiten Sie sich nicht. Ein erfolgreicher Bau funktioniert nur miteinander.

Ein klassisches Negativbeispiel ist unser nächster Fall:

Der Bauherr behauptet Mängel in den Architektenleistungen, um entweder das Honorar zu kürzen oder gar darüber hinaus Schadensersatz gegen den Architekten geltend zu machen. In diesem Fall wurden dem Architekten Überwachungsfehler (Leistungsphase 8) sowie arglistiges Verschweigen in Bezug auf eine (behauptete) nicht durchgeführte Überwachung vorgeworfen. Zentrales Problem bei diesem Fall waren nicht etwaige behauptete Mängel, sondern - was leider auch oft vorkommt - die Verjährung der Ansprüche des Bauherrn gegen den Architekten.

Der Architekt hatte in dem Streit mit dem Bauherrn den Spieß umgedreht und ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet, gerichtet auf die Feststellung, dass keine Mängel in seinen Architektenleistungen vorliegen. Der Bauherr sah sich durch das Beweisverfahren nicht genötigt, selbst verjährungshemmende Schritte einzuleiten, da er davon ausging, dass die Verjährung aufgrund der im Beweisverfahren gegenständlichen Mängel bereits gehemmt sei. Ein Fehler, wenn man der Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig folgt.

Das Oberlandesgericht Braunschweig sieht die Verjährung eines Anspruchs nur dann gehemmt, wenn die Klärung der Mangelfreiheit zum Zwecke der gerichtlichen Durchsetzung des eigenen Vergütungsanspruchs (dessen Verjährung gehemmt werden soll) dient. Die Verjährung sei in dem vorliegenden Fall deswegen nicht gehemmt, weil die Beweissicherung allein darauf gerichtet ist, dass der Architekt die Mangelfreiheit feststellen lassen wollte, um lediglich die behaupteten Ansprüche des Bauherrn abzuwehren. Kurz gesagt: Der Bauherr hätte im Beweissicherungsverfahren mit eigenen Beweisanträgen selbst aktiv werden müssen, um die Verjährung von Mängelansprüchen zu hemmen. Dies hat er im falschen Glauben an die allgemeine Hemmung der Ansprüche durch das Beweissicherungsverfahren nicht getan.

Auch die Arglistigkeit des Architekten - der den Rechtsstreit noch zugunsten des Bauherrn hätte drehen können - konnte nicht bewiesen werden. Dem Gericht nach verschweigt ein Architekt einen Mangel seiner Leistung nur dann arglistig, wenn er bei der Abnahme seiner Leistung nicht offenbart, dass er keine oder nur eine völlig unzureichende Bauüberwachung vorgenommen hat. Dies gilt auch dann, wenn er z.B. die Überwachung nur für ein Gewerk nicht vornimmt und dies verschweigt. Das sah das Gericht aber nicht als erwiesen an, da zum einen eine stichprobenartige Überwachung des betreffenden Gewerks stattgefunden habe und zum anderen der Bauherr ein entsprechend arglistiges Bewusstsein des Architekten nicht nachweisen konnte.

Soweit die für den Architekten günstige aber folgerichtige Auffassung des Oberlandesgerichts Braunschweig in dem oben zitierten Hinweisbeschluss. Eine endgültige Entscheidung zu dem Streit ist noch nicht bekannt.

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