Gemeinsam planen in der Cloud

Virtuelle Projekträume

Virtuelle Projekträume sind als Online-Datenbank, Kommunikations­- und Kooperationsplattform bei öffentlichen und internationalen Aufträgen Standard. Was können sie und worauf sollte man achten?

Virtuelle Projekträume, auch Projektkommunikations- und Management-System (PKMS) genannt, sind quasi „digitale Planschränke“ in der Cloud. Sie stellen für zugriffsberechtigte Projektbeteiligte Pläne und Dokumente zeit-, orts- und plattform­unabhängig online bereit und ermög­lichen einen strukturierten und dokumentierten Informations- und Datenaustausch. Darüber hinaus bieten sie Funktionen für die Aufgabenverwaltung, Kommunikation, das Projekt-, Dokumenten- oder Mängelmanagement und mehr.

Was können PKMS?

Zu den zentralen Funktionen zählt die Ablage, Verwaltung und Verteilung aller projektrelevanten Informationen und Dokumente, was den zeitaufwendigen Papier- und unübersichtlichen E-Mail-Versand erübrigt. Ein externer Server dient dabei als Datenpool für Dokumente und sonstige Projektinformationen. Bereitgestellt und gepflegt wird der Server von einem PKMS-Dienstleister, der auch für die ständige Verfügbarkeit, Datensicherheit, Datensicherung und ‑archivierung sorgt. Über einen gängigen Web-Browser können berechtigte Projektbeteiligte jederzeit, von überall und von jeder Hardware-Plattform aus entsprechend ihrer Zugriffsrechte auf die verschiedenen Bereiche zugreifen: vom Architekten und Bauherrn, über die Tragwerks-, TGA- oder andere Fachplaner, bis zu den ausführenden Firmen und sämtlichen Nachunternehmen. Dokumente können in den gemeinsamen Datenpool hineingestellt oder heruntergeladen werden. Über neue Inhalte werden die Teilnehmer per SMS, E-Mail oder Messenger-Dienste benachrichtigt, bei besonders wichti­gen Informationen (Bedenkenanmeldung, Mängelanzeige, Baustopp etc.) parallel auch über mehrere Kanäle. Sämtliche Aktivitäten werden im Hintergrund automatisch und nachvollziehbar protokolliert, was die Transparenz steigert. Die komplette Projektkommunikation wird über einen zentralen Verteiler abgewickelt, damit kein Projektbeteiligter vergessen wird. Der Zugang aller Projektteilnehmer erfolgt passwortgeschützt über einen gängigen Web-Browser – vom Büro-PC aus per DSL-Breitbandnetz, respektive von der Baustelle per Mobilfunk mit Note-/Netbook, Tablet oder Smartphone. Webbrowser­basierte PKMS setzen weder eine Software-­Installation voraus, noch stellen sie besondere Hardware- oder Betriebssystemanforderungen. Nur ein stabiler, ausreichend schneller Internetzugang wird vorausgesetzt (Datenrate ab 10/1 Mbit/s, download/upload).

Funktionsweise und Kosten

Nachdem sich der Projektteilnehmer in das PKMS mit Benutzername und Passwort eingeloggt hat, kann er ein bestimmtes Projekt, ein Gebäude, einen Bauabschnitt, ein Geschoss etc. auswählen, aktuelle Projektinformationen über Projektstände, Termine etc. einsehen, Dokumente einstellen oder abrufen. Alle Dokumente lassen sich mit einer „Suchfunk­tion“ über bestimmte Abfragekriterien (Bezeichnung, Nummer, Erstellungs-/Änderungsdatum, Autor, Inhalt(e), Format etc.) gezielt aus dem Datenpool herausgreifen. Vor dem He­runterladen lassen sich die Dokumentinhalte per Vorschaufunktion oder Viewer anzeigen, was unnötige Downloads vermeiden hilft. Per Redlining-Funktion können Dokumente oder Pläne mit Kommentaren, Korrekturen, Änderungswünschen oder Prüfvermerken versehen werden, ohne den Inhalt zu verändern. Neben der Dokumentablage und Kommunikation bieten PKMS teilweise auch Ausschreibungs-, Projekt- und Mängelmanagement-, Controlling-, Webconferencing- oder Desktopsharing-Funktionen. Mit Letzteren kann man Besprechungen standortunabhängig führen und gemeinsam an Dokumenten arbeiten. Zuständig für die Bereitstellung, Wartung, Verfügbarkeit, Datensicherheit, Datensicherung und ‑archivierung der Online-Dienste ist der PKMS-Betreiber. Dieser rechnet seine Leistungen monatlich ab und zwar nach dem belegten Speicherplatz und/oder der Teilnehmeranzahl, pauschal oder anteilig an der Höhe der Bausumme. Die meisten Betreiber bieten für einen begrenzten Zeitraum (z. B. 30 Tage), eine maximale Datenmenge (z. B. 25 MB) oder eine maximale Teilnehmerzahl (z. B. 2 Teilnehmer) eine kos­tenlose Testnutzung an. Wichtig ist, dass der Nutzungsvertrag monatlich kündbar und der Leistungsumfang (Speicherplatz, Teilnehmerzahl etc.) je nach aktuellem Bedarf ausgebaut oder reduziert werden kann.

Worauf sollte man achten?

Zwar wird ein bestimmtes PKMS meist vom Bauherren, Investor oder Generalplaner vorgegeben, dennoch sollte man den Markt kennen. Neben branchenneutralen Lösungen, die strukturell und funktional die Projektarbeit am Bau nur unzureichend abdecken, gibt es derzeit etwa 30 auf die Bau- und/oder Facility Management-Branche spezialisierte Projekträume (siehe Infokasten). Der Funktionsumfang ist ähnlich, unterscheidet sich aber in Details. Ganz wichtig sind Planmanagement-Funktionen: So sollten Pläne über mehrere, individuell definierbare Attribute beschrieben (Planinhalt, Status, Maßstab, Erstellungs-/Prüfdaten etc.), über eine zuvor definierte Plancodierung eindeutig bezeichnet und mit mehreren Dateien verknüpft werden können (CAD-, DWG-, DWF-, PDF-Datei, Massen-/Mengen-/Stücklisten, Visualisierungen etc.). Eine automatische Ver­sionsverwaltung sollte für die geordnete Ablage älterer Plan- oder Dokumentversionen sorgen und die Versionshistorie nachvollziehbar machen. Eine automatische Anzeige geänderter Planbereiche vereinfacht den Vergleich von Planständen. Über eine zentrale Benutzer- und Rechteverwaltung sollte man neue Benutzer und Benutzergruppen anlegen, Zugriffsrechte für Einzelne oder Gruppen vergeben und verwalten können. Wichtig sind auch Workflow-Funktionen, mit denen automatisierte Abläufe wichtiger Vorgänge definiert und verwaltet werden – etwa die Planprüfung und ‑freigabe oder die Mängelerfassung, Aufgabenverteilung und -verfolgung. Im Büro genutzte Standardprogramme wie Microsoft Office oder Outlook sollten sich integrieren lassen. Mit Administratorenrechten ausgestattete Nutzer sollten das PKMS an Projekte oder Abläufe individuell anpassen können. Für den Einsatz im Rahmen internationaler Projekte ist eine Mehrsprach­fähigkeit Voraussetzung. Die während des Projektverlaufs angesammelten Dokumente und Informationen sind in der Nutzungsphase wertvoll für Gebäudeverwalter, Eigentümer oder Makler. Deshalb sollte früh geklärt werden, was nach Projektabschluss mit den PKMS-Daten passiert.

Neue Funktionen und Trends

Ähnlich wie BIM-Server oder BIM-Clouds – das sind speziell auf die BIM-Planungsmethode zugeschnittene Projekträume – offerieren auch PKMS-Systeme zunehmend BIM-Funktionen. Standard sind inzwischen IFC-Viewer und Modellchecker. Damit können BIM-Modelle im Büro und über Apps auch mobil aus beliebigen Perspektiven betrachtet, Grundrisse, Ansichten, Schnitte oder Bauteileigenschaften angezeigt werden. Mit Modellcheckern lassen sich BIM-Fachmodelle zusammenführen, um sie zu analysieren, zu prüfen, zu kommentieren und eventuelle Kollisionen, Fehler und Probleme samt korrespondierendem Screen­shot an Projektbeteiligte als digitale BCF-Nachricht, inklusive Arbeitsanweisungen und Priori­täten weiterzuleiten. Auch Technologien  mit Künstlicher Intelligenz (KI) halten inzwischen Einzug. So werden beispielsweise hochgeladene Dateien automatisch inhaltlich erkannt und korrekt zugeordnet. Das System ist lernfähig und beispielsweise in der Lage, Regeln zu erkennen, nach denen Nutzer ihre Dateien ablegen. Auch an einer KI-gestützten Erkennung von Unstimmigkeiten und Fehlern in Bauplänen oder Dokumenten wird inzwischen gearbeitet.

PKMS? Aber sicher nach DSGVO!

Projekträume sollten gemäß ISO 27001 zertifiziert sein. Das ist eine internationale Norm für Informationssicherheit. Achten sollte man auf den Datenschutz, die Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit des Projektraums sowie die Sicherheit sensibler Personen- und Projektdaten. Da auch personenbezogene Daten über Projekträume verarbeitet werden, sollten Nutzer gemäß Datenschutzgrund­verordnung (DSGVO) mit dem Anbieter eine Vereinbarung über eine Auftragsdatenverarbeitung abschließen. Zwar transferieren Anbieter Daten nur verschlüsselt über sichere Datenverbindungen und nur zugriffsberechtigte Teilnehmer erhalten über sichere Authentifizierungsverfahren einen Zugang. Zudem werden die Daten von hiesigen Anbietern auf deutschen oder europäischen Servern mit strengeren Sicherheitsstandards abgelegt. Absolute Sicherheit kann aber kein System bieten. Außerdem können auch Störungen beim eigenen Internet-Provider auftreten. Notfallpläne sind deshalb sinnvoll: z. B. alternative Kommunikationswege, PKMS-Anbieter, Internet-Zugänge etc.

PKMS-Lösungen und Anbieter*

Aconex Connected BIM (www.conject.com), Allplan Bimplus (www.allplan.com), Asite (www.asite.com), Autodesk BIM 360 (www.autodesk.de), Awaro Projektraum (www.awaro.com), BIMserver.org (www.bimserver.org), BRZ.Projekt.Connect (www.brz.eu), Capmo (www.capmo.de), Cloudbrixx (www.cloudbrixx.de), CYCOT PR (www.cycot.de/cycot_pr), EPLASS (www.eplass.de), Plan-Box (https://plan-box.com), PMG Projektraum (www.pmgnet.de), Legano (www.legano.de), Newforma (https://de.newforma.com), PKM (www.conclude.com), PKS Netplan (www.pks-netplan.de), Planfred (www.planfred.com), PlanNet/PlanTeam-Server (www.wwbau.de), REHAU Projektportal (https://projektportal.rehau.de), conjectPM (www.conject.com), Poolarserver (www.poolarserver.com), Projectplace

(www.projectplace.de), ProjectWise (www.bentley.de), Projektraum winplan 2.0 (www.netzwerkplan.de), Sharxx Collaboration Manager (https://sharxx.novacapta.de), Think Project! (www.thinkproject.com), Trimble Connect (https://connect.trimble.com), X-Interchange (www.x-interchange.com)

* Ohne Anspruch auf Vollständigkeit

Link- und Literaturtipps*

Projektmanagement-Magazin

www.pmaktuell.org

www.projektmagazin.de  

Softwarelösungen in der Cloud

www.toolsmag.de   

Bayerische Ingenieurekammer Bau (Hrsg.): Projekt-Kommunikations-Management-Systeme, Eigenverlag, München, 2013, Download: www.bayika.de/bayika-wAssets/docs/beratung-und-service/download/bayika_projekt-kommunikations-management-systeme_0034.pdf

Mersch, H.: Projektkommunikation 2.0: Internet basierte Projekträume, aus: 9. BBU-Neubautagung 08/2015, Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V., Eigenverlag, Berlin 2015

* Ohne Anspruch auf Vollständigkeit
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