Neuer Putz für alte Brennerei – Sanierung von salzbelastetem Mauerwerk

Bei der Sanierung eines alten Gutshofs musste auch die mehr als 100 Jahre alte Brennerei einer vollumfänglichen Restaurierung unterzogen werden. Die Putzflächen in den Innenräumen waren durch die jahrelange Nutzung schwer geschädigt. Der Beitrag ­beschreibt die putztechnische Sanierung von feuchtem und salzgeschädigten Mauerwerk historischer Objekte.

Bereits der Urgroßvater von Johannes Schlemmer produzierte seit 1907 in seiner Monopolbrennerei in Salmdorf, einem Ortsteil von Haar, Ethanol für den Staat. Als 2013 diese Art der subventionierten Alkoholerzeugung auf Betreiben der Europäischen Kommission verboten wurde, hieß es in der Familie Schlemmer: „Umdenken“. Eine kos­tendeckende Produktion auf der bisherigen Basis war unter dem Druck der europäischen Konkurrenz nicht mehr möglich. Ganz anders zeigte sich die Situation bei Wodka – einen Hersteller dafür gab es damals in Deutschland nicht. Eine Idee war geboren, mit welcher der Erhalt der Familientradition gesichert werden konnte. Eng verbunden ist damit die weitere Nutzung der alten Brennerei. Auch wenn durch eine Mühle mit einem neuen Verfahren in der Produktion gearbeitet werden sollte, ging es bei der Sanierung des Gutshofs nicht darum, eine neue Fabrik zu bauen, sondern den alten Hof in seinem ursprünglichen Charme zu erhalten und gleichzeitig an die Erfordernisse von heute anzupassen.

Mit dem Architekturbüro Schwab aus Unterhaching und dem Baugeschäft Wagner aus Taufkirchen fand Bauherr Schlemmer die idealen Partner, um seine Pläne umzusetzen. Neben der Brennerei sollte die Möglichkeit eines Hofverkaufs geschaffen werden. Am wichtigsten war aber zunächst der Aufbau der Brennerei. Früher wurden hier nur Kartoffeln verarbeitet. Nachdem man sich zuerst nur mit Wodka beschäftigte, werden heute auch andere Arten von Spirituosen erzeugt, so dass jetzt auch Obst und Getreide aus der umliegenden Region verarbeitet werden. Um diese Produkte in einem ansprechenden Rahmen präsentieren zu können, war es notwendig, die durch Feuchte und Salz geschädigten Putzflächen in vielen Bereichen instandzusetzen. Auch galt es, die hygienischen Anforderungen des Lebensmittelüberwachungsamts zu erfüllen.

Neben der Frage, welche Produkte zukünftig verkauft werden, stand man bei der Putzauswahl ebenso vor einer wichtigen Entscheidung. Bei der putztechnischen Sanierung von feuchtem und salzgeschädigtem Mauerwerk wird heute die Materialauswahl auf der Basis unterschiedlichster Beweggründe entschieden.

Kalkputze zur Sanierung historischer Objekte

Speziell im denkmalpflegerischen Bereich steht die Verwendung von traditionellen Materialmischungen im Vordergrund; Kalk ist hier oft das Bindemittel der Wahl. Aber nicht nur die Tatsache, dass Kalk früher eingesetzt wurde, spricht für ihn. Da die Festigkeit dieser Putze relativ gering ist, wird bei der Sanierung das Mauerwerk weniger in Mitleidenschaften gezogen als bei der Verwendung sehr fester Putze – gerade, wenn man den Erhalt der Gebäude nicht nur über Jahre, sondern ggf. über Jahrhunderte im Blick hat. Kalkputze sind durch ihre hohe Kapillarität in der Lage, Feuchte sehr schnell vom Mauerwerk an die Oberfläche zu transportieren. Sie unterstützen damit die Austrocknung. Sind Salze in gelös­ter Form im Wasser enthalten, verläuft es ebenso. Wenn das Wasser abtrocknet, bleiben sie auf der Putzoberfläche zurück. Dabei üben die Salze einen erheblichen Druck auf Baustoffe aus, wenn sie aus- oder umkristallisieren. Die Kristalle zerstören dabei die Putzoberfläche und reduzieren den weiteren Feuchtetransport, da ein Teil der Kapillaren durch die Kristalle verstopft wird. Der Gebrauchstauglichkeit tut dies keinen Abbruch. Da sich die Putzoberfläche langsam Richtung Mauerwerk abträgt, bleibt die Schutzwirkung für die Substanz – das Mauerwerk – über viele Jahre erhalten. Lediglich die optischen Beeinträchtigungen, die sich durch die Ablösungen ergeben, müssen akzeptiert werden. Da eine intakte Putzoberfläche bei der Lebensmittelherstellung aber wichtig ist, konnte man sich bei der Brennerei nicht dafür entscheiden.

Feuchteregulierungsputze für den schnellen Feuchtetransport

Gerade in den letzten Jahren werden bei Sanierungen dieser Art auch gerne Feuchteregulierungsputze eingesetzt. Feuchteregulierungsputze lassen wie ein Kalkputz durch ihren hochkapillaren Aufbau Feuchte sehr schnell an die Oberfläche treten und sind damit in der Lage, die Abtrocknung des Mauerwerks möglichst wenig zu behindern. Die im Wasser gelösten Salze werden dabei mit transportiert. Durch den hohen Anteil an Luftporen kann der Fall eintreten, dass die Salze im Idealfall innerhalb der Porenstruktur des Putzes auskristallisieren. Bei entsprechend hohen Feuchte- und Salzmengen kann es dazu kommen, dass die Salze bis an die Oberfläche transportiert werden.

Im Gegensatz zu Kalkputzen wird bei Feuchte­regulierungsputzen die Oberfläche des Putzes dabei nicht zerstört – die Salze können hier einfach abgebürstet werden. Bauschädliche Salze sind allerdings mehr oder weniger stark hygroskopisch, d. h. sie ziehen Feuchtigkeit aus der Luft an. Je nach Salzart und –menge kann dies so viel Wasser sein, dass sie dadurch sichtbare Feuchteflecken verursachen. Da sie aber in der Brennerei den optischen Gesamteindruck stören würden, hat man sich für einen Sanierputz-WTA entschieden.

Sanierputz-WTA für optisch intakte Flächen

Bevor man mit den Putzarbeiten beginnen konnte, mussten erst die üblichen Vorarbeiten durchgeführt werden. Eine dauerhafte Sanierung wird erst erreicht, wenn ein weiterer Transport von Feuchtigkeit und Salzen in das Mauerwerk verhindert wird. Dies sollte immer das oberste Ziel sein.

Im vorliegenden Fall zeigte sich nur eine relativ geringe Feuchtigkeit im Mauerwerk, sodass man auf eine kostenintensive nachträgliche Horizontalisolierung verzichtete. Um den Feuchteeintrag zu reduzieren, wurde allerdings die Vertikalabdichtung auf Basis einer flexiblen mineralischen Dichtungsschlämme erneuert.

Nachdem bauschädliche Salze (man unterscheidet i. d. R. nur nach den Gruppen Chloride, Sulfate und Nitrate) für den Schadensmechanismus und die Sanierputzverarbeitung von Bedeutung sind, waren auch die Salzarten und -mengen zu bestimmen. Als einfachste und kostengünstigste Möglichkeit bieten zahlreiche Sanierputzhersteller eine Untersuchung auf Salzgehalt und Feuchtigkeit an. Diese Untersuchungen sind als Mindestanforderung für eine fachgerechte Sanierung zu sehen und müssen, wenn die Anforderungen WTA-gerecht sein sollen, unbedingt durchgeführt werden. Nach dem Vorliegen der Analysenergebnisse wurde entschieden, dass der Sanierputz in zwei Lagen mit mindestens 1,5 cm je Lage ausgeführt werden sollte.

Sanierputze können durchaus direkt als Oberputz verwendet werden. Da aber in der Brennerei in einigen Bereichen allein mit Kalkputzen gearbeitet werden konnte, sollten zur Strukturangleichung auch die Sanierputzflächen mit einem Kalkputz überarbeitet werden. Neben der gleichen Optik hat dies auch den Vorteil, dass die Putzoberfläche nun wieder Feuchtigkeit kapillar aufnehmen kann. Speziell in Kellerräumen kann schnell Kondensat entstehen, wenn z. B. im Sommer mit der warmen Luft Feuchtigkeit in den Keller gebracht wird. Da hier geringere Tempe raturen vorherrschen, kondensiert die Feuchtigkeit an den kalten Wänden. Da die Wasserabweisung der Sanierputze in beide Richtungen wirkt, wird das Kondenswasser nur zu einem geringen Teil aufgenommen und verbleibt an der Putzoberfläche, sodass durch den Feuchteschleier Verschmutzungen oder Schimmelpilzbildungen möglich sind. Dies könnte auch in der alten Brennerei passieren, wenn die Luftfeuchtigkeit durch die Verarbeitung der Rohstoffe oder aber durch viele Personen, z. B. bei der Verkostung bzw. der Präsentation der Spirituosen, erhöht wird. Durch den zusätzlich aufgetragenen Kalkoberputz kann dies verhindert werden. Kalkputze sind in der Lage, durch ihre besondere Porenstruktur nicht nur ­flüssiges Wasser, sondern auch Luftfeuchtigkeit besonders gut aufzunehmen. So wirken sie als Feuchtepuffer und unterbinden in den meisten Fällen Kondensatschäden.

Im Gegensatz zu den oben genannten Feuchteregulierungsputzen weist ein Sanierputz-WTA (gemäß WTA-Merkblatt 2-9-20, Sanierputzsysteme) nur eine geringe kapillare Leit­­fähigkeit auf. Die Abtrocknung im Mauerwerk wird damit zwar auf kapillarem Weg nahezu vollständig unterbunden, aber die Feuchtigkeit kann als Wasserdampf durch den Putz diffundieren. Dafür sorgt der sehr hohe Anteil an Luftporen, die ein durchgängiges Gefüge für den Wasserdampftransport bis an die Putz­oberfläche schaffen.

In diesen Luftporen werden auch die im Wasser mittransportierten Salze abgelagert, wenn das Wasser in Dampfform entweicht. Über einen langen Zeitraum bleibt so die Putzoberfläche schadensfrei. Dies ist möglich, weil durch die Salzeinlagerung und durch Kapillarkondensation die Wasserabweisung in den Poren allmählich überwunden wird, so dass sich der „Salz- und Feuchtespiegel“ innerhalb des Sanierputzes langsam bis an die Oberfläche vorarbeitet (Grafik unten auf der Seite ). Bereits vollständig gefüllte Poren werden so wieder durch Wasser „freigespült“ und die Salze an anderer Stelle, weiter vorn im Sanierputz, abgelagert. Der Putz wird deshalb nicht durch einen blockierten Salztransport abgesprengt, sondern langsam von hinten nach vorne mit Salzen aufgefüllt, bis diese die Oberfläche erreichen.

Die Verarbeitung von Sanierputz-WTA

Damit das Sanierputzsystem funktioniert, müssen aber bei der Verarbeitung bestimmte Dinge beachtet werden:

– Der Altputz ist bis mindestens 80 cm über der bestehenden Feuchtigkeitszone abzuschlagen. Gerade bei sehr harten und dichten Altputzen besteht dabei die Schwierigkeit diese zu erkennen. Nicht immer spiegelt der sichtbare Feuchtehorizont auch den tatsächlichen wider. Aus diesem Grund ist es ratsam, auch oberhalb der Feuchtegrenze Proben zu entnehmen und auf bauschädliche Salze hin zu untersuchen.

– Um einen ausreichend tragfähigen Untergrund zu erhalten, sind mürbe Fugen auszukratzen und die Flächen mit einem Besen, Staubsauger oder mit Druckluft zu reinigen. Auch eine Vorbehandlung mit einem silikatischen Festiger kann sinnvoll sein, um die Tragfähigkeit zu erhöhen.

– Der Vorspritz ist als Haftbrücke, gerade bei sehr feuchtem Untergrund, immer einzuplanen, da er die Sicherheit in der Verarbeitung erhöht. Bei einer vollflächigen Verarbeitung muss er auf das Sanierputzsystem abgestimmt sein (Vorspritz-WTA). Günstiger ist es aber, den Vorspritz nicht volldeckend aufzubringen, da so der Feuchtetransport in den Sanierputz-WTA am wenigsten behindert wird.

– Um den Feuchtetransport auch bei hohen Putzdicken nicht zu stark zu verzögern, werden spezielle Ausgleichsputze eingesetzt. Diese sind in ihren physikalischen Eigenschaften auf das jeweilige Saniersystem abgestimmt und besitzen ein höheres Porenvolumen und eine geringere Wasserabweisung als Sanierputz-WTA. Ihr Einsatz ist laut Merkblatt bei flächigen Gesamtputzdicken von mehr als 4 cm notwendig.

– Grundsätzlich gilt, dass die gesamte Sanierputzlage an allen Stellen mindestens 2 cm dick sein muss, um einen Salz- und Feuchtigkeitsdurchschlag zuverlässig zu verhindern. Je nach Versalzungsgrad kann aber auch eine höhere Schichtdicke von  1 – 2 cm je Lage notwendig werden. Wichtig dabei ist, dass man die jeweils untere Lage gut aufraut, um eine mechanische Verankerung zu gewährleisten und eine Standzeit von mindestens 1 Tag/mm Putzdicke einhält.

Meist wird der Auftrag wegen der unebenen Flächen zwei- oder mehrlagig erfolgen, wobei die letzte Lage als Oberputz ausgeführt wird.

– Kann die gewünschte Struktur nicht mit dem Sanierputz erstellt werden, wie z. B. die eines Kellenwurfs, wird ein geeigneter Putz aufgetragen. Hierbei ist es aber unbedingt erforderlich, dass die Beschichtung ausreichend wasserdampfdurchlässig und, im Außenbereich, auch wasserabweisend eingestellt ist.

Diese Verarbeitungsschritte sind alle eingehalten worden, sodass die alte Brennerei nun in neuem Glanz erstrahlt. Noch sind nicht alle geplanten Maßnahmen umgesetzt, aber man kann bereits jetzt erahnen, mit wie viel Feingefühl die Sanierung geplant und mit wie viel Sachverstand sie umgesetzt wurde.

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