Nachhaltiger Geschosswohnungsbau
Bauen mit Kalksandstein

Die Zahl der Baugenehmigungen steigt. Die Geneh­migungszahlen von Wohnungen in Mehr­familienhäusern ragen mit einem Zu- wachs von 9,8 % deutlich aus dem Zahlen- werk des Statistischen Bundesamtes he­raus. Besonders in Metropolregionen und Bal­lungs­gebieten wird kräftig investiert. Die Nachfrage übersteigt das Ange­bot. Kein Wunder: Nicht nur Singles, auch Senioren und Familien mit Kindern entdecken die Attraktivität des Stadtlebens.

Allerdings erfordern die meist knappen Baulandressourcen in Großstädten verdichtete Bauformen. Hier bieten Bauweisen mit schlanken Wänden eine ideale Lösung. Mit Außenwandkonstruktionen und Innenwänden aus Kalksandstein kann im Vergleich zu anderen Bauweisen ein Nutzflächengewinn von bis zu 7 % erreicht werden. Darüber hinaus sorgen rationelle Bautechniken und -systeme für eine wirtschaftliche Rohbauerstellung. Dies sind nur zwei Aspekte, die bei dem Entwurf, der Konstruktion und Ausführung eines mehrgeschossigen Gebäudes mit Kalksandstein erfüllt werden. Hinzu kommen bauphysikalische Anforderungen an die Immobilie wie Schall-, Wärme- und Brandschutz sowie Standsicherheit oder Ökologie.

Aus technischer Sicht sind nicht nur einzelne Anforderungen an die Wandkonstruk­tion in der Planung zu berücksichtigen, diese sollten in ihrer Gesamtheit betrachtet und als Einheit konstruiert werden.

Ökologie

Im Zuge einer Vermietung oder des Kaufs einer Wohnung wächst das Interesse an der Nachhaltigkeit des Gebäudes zusehends. Dies betrifft:

– die Werterhaltung des Gebäudes sowie geringe laufende Betriebskosten (Ökonomie)
– den Schutz des Ökosystems und der Ressourcen (Ökologie)
– die Ästhetik, Gesundheit, Behaglichkeit (sozio-kulturell)

Bereits 1994 ist von unabhängigen In­stituten eine Ökobilanz zur umfassenden Be­urteilung von Kalksandstein und zu den em­p-fohlenen Wandkonstruktionen erstellt worden. Sie ergab, dass industriell produzierte Kalksandsteine, als „der Natur nachempfundene Mauersteine“ bezeichnet werden können. Das ist historisch nachvollziehbar. Denn seit mehr als 125 Jahren wird Kalksandstein ausschließlich aus Kalk, Sand und Wasser hergestellt. Chemische Zusätze werden nicht eingesetzt. Kalksandsteine sind frei von toxischen Stoffen.

In der Ökobilanz sind u. a. die nachhalti­gen, bauphysikalischen Eigenschaften, die Rohstoff- und Energiegewinnung, Rohstofftransporte und die Herstellungsphase der Kalksandsteine unter ganzheitlichen Ge­sichts­punkten wissenschaftlich geprüft und dokumentiert worden. Einige Fakten: Der Herstellungsprozess ist energiesparend und umweltfreundlich. Es besteht keine Ressourcenknappheit bezüglich der verwendeten Rohstoffe. Im Brandfall entstehen keine toxi­schen Gase oder Dämpfe. Darüber hinaus erfüllt Kalksandstein nach DIN 4102 die Anforderungen der Baustoffklasse A1. Sie sind also nicht brennbar. Kalksandstein ist ein wartungsfreier und langlebiger Wandbaustoff. Beschädigte Steinrohlinge werden als Rohstoff der Produktion wieder zugeführt. Rückgebautes Material kommt als Unterbau im Straßen- und Wegebau zum Einsatz.

Wände aus Kalksandstein

Die Kalksandsteinindustrie hält eine große Produktpalette für tragende und nicht tragen­de Wände bereit. Steine für Außenwände sind in den üblichen Dicken von 11,5 – 24 cm erhältlich, wobei die Dicke der Wand meist von den statischen Bemessungen und von den Anforderungen an den Schallschutz abhängt. Im Innenbereich werden bspw. Wohnungstrennwände in der Regel mit 24 cm oder 30 cm dicken Steinen hoher Rohdichteklasse (RDK 2,0 oder RDK 2,2) errichtet. Das bringt einen erheblichen Vorteil beim Schallschutz. Grundsätzlich sind Mehrfamilienhäuser bis zu einer Höhe von 10 Geschossen realisierbar.

Die Wanddicke der tragenden Wände innerhalb einer Wohnung beträgt üblicherweise 11,5 cm, 15 cm oder 17,5 cm. Für nicht tragende Innenwände bieten sich KS-Bauplatten (Dicke 7 cm oder 10 cm) bzw. 11,5 cm Steine in verschiedenen Formaten an. Je nach Region und Produktionswerk können unterschiedliche Steinformate lieferbar sein.

Ein besonderer Pluspunkt ergibt sich beim Blick auf die Wirtschaftlichkeit. Die hohe Steindruckfestigkeit von Kalksandstein ist Voraussetzung für schlanke Wände ohne Abstriche bei der Tragfähigkeit. Dadurch erhalten Bauherren – bei gleichbleibenden Außenabmessungen des Hauses – bis zu 7 % mehr nutzbare Wohnfläche. Andersherum betrachtet tragen schlanke Außenwandkonstruktionen bei gleichbleibenden Nutz- und Wohnflächen zur wirtschaftlichen Nutzung des Grundstückes bei, was sich besonders für Investoren rechnet.

Trennung der Funktionen

Bereits 1973/74 wurde in Hanau mit Kalksandstein und funktionsgetrennten Außenwänden der erste zehngeschossige Wohnblock in Passivhausbauweise erstellt. Es kamen 20 cm KS-Plansteine – Rohdichteklasse 2,0 - Festigkeitsklasse 12 – zum Einsatz. Die Fassaden erhielten in diesem Fall eine hinterlüftete Vorsatzschale mit 5 cm dicken Wärmedämmplatten, deren Tragkonstruktion problemlos auf die massiven, maßgenauen Kalksandsteinwände gedübelt wurde. Auf Grundlage dieser damals ungewöhnlichen Konstruktion und Bauweise ist die Funktionswand entwickelt worden– sie wurde übrigens ein Jahrzehnt später mit Teil 2 der DIN 1053 eine allgemein anerkannte Regel der Technik.

Durch die konsequente Trennung der Funktionen und eine lückenlose Führung der Wärmedämmung über alle Bauteile können Wärmebrücken weitgehend vermieden werden. Hier haben sich besonders zweischaliges Kalksandstein-Mauerwerk mit Kerndämmung oder bereits seit den späten 1960er-Jahren Wärmedämmverbundsysteme bewährt.

Im KS-Wärmebrückenkatalog und der Detailsammlung sind hierzu Ausführungsdetails dargestellt, die unter www.kalksandstein.de heruntergeladen werden können.

Wärmeschutz

Kalksandstein-Mauerwerk deckt alle Belange in Bezug auf Statik, Wärmespeicherfähigkeit, sommerlichen Wärmeschutz, Brand- und Schallschutz ab. Der Wärmeschutz wird durch die Dicke der Dämmschicht und/oder die Wärmeleitfähigkeit des Materials an das gewünschte Wärmedämmniveau flexibel angepasst.

Die Dämmung wird beim zweischaligen Mauerwerk entweder als Kerndämmung bzw. beim einschaligen Mauerwerk als Wärmedämmverbundsystem auf die massive Kalksandstein-Außenwand geklebt oder gedübelt.

Beim WDVS wird auf die Dämmung eine Putzschicht mit eingelegter Armierung aufgebracht und abschließend mit einem Oberputz individuell farbig gestaltet. Wärmedämmverbundsysteme werden über allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) geregelt.

Bei einer zweischaligen Außenwandkonstruktion mit Verblender – z. B. Kalksandstein-Sichtmauerwerk – bringt der Verarbeiter die Wärmedämmung innerhalb des Schalenzwischenraums an, sodass auch hier das angestrebte Wärmeschutzniveau durch das Vari-

ieren der Dicke und der Wärmeleitfähigkeit des Dämmstoffs erreicht werden kann. Luftschichtanker, die in einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung geregelt sind, ermöglichen abweichend von den Regelungen in der Mauerwerksnorm DIN EN 1996-2/NA Schalenabstände bis zu 210 mm.

Ebenso kann bei einer vorgehängten Fassade der geplante Dämmstandard aufgrund der getrennten Funktionen des Wandaufbaus und der Dicke der Dämmschicht flexibel erreicht werden. Zusätzlich ermöglicht diese Bauweise durch die Kombination mit den unterschiedlichsten Fassadenbekleidungen einen großen Gestaltungsspielraum.

Sommerlicher Wärmeschutz

Der sommerliche Wärme- bzw. Hitzeschutz ist im besonderen Maße von der Baukonstruk­tion abhängig. Durch seine hohen Rohdichten und der damit verbundenen thermischen Speicherfähigkeit trägt Kalksandstein dazu bei, Temperaturschwankungen zu reduzieren und Wärme zu speichern. Beides wirkt sich günstig auf die sommerliche thermische Behaglichkeit in den Räumen aus.

So funktioniert es: Kalksandstein-Innenwände wie auch das raumseitige Mauerwerk mit außen liegender Wärmedämmung puffern Temperaturspitzen ab. Sie nehmen überschüssige Wärme auf und geben sie später, wenn die Lufttemperatur sinkt, wieder an den Raum ab. Auf diese Weise regulieren sie die Innenraumtemperaturen und es kommt zu weniger hohen Temperaturen als in Leichtbauten.

In der Regel kann im Wohnungsbau bei einer vernünftigen Auslegung der Größe der Fensterflächen und der Anordnung von Sonnenschutzvorrichtungen vollständig auf den Einsatz technischer Anlagentechnik zur Raumkühlung verzichtet werden.

Zum Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes steht ein einfaches Nachweisprogramm nach DIN 4108-2 zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Schallschutz

Schutz vor Lärm ist für das Wohlbefinden und die Gesundheit von erheblicher Bedeutung. Denn Lärm zählt zu den großen Stressfaktoren unseres Lebens und macht krank. Hauptquellen sind Verkehrs-, Industrie- und Gewerbelärm und Krach aus der Nachbarschaft.

Insbesondere bei Wohnungstrennwänden im Geschosswohnungsbau treten immer wieder Gewährleistungsfälle auf, in denen der erhöhte Schallschutz erwartet wird, bspw. wenn für Wohnobjekte mit gehobenem Komfort („Kom­fortwohnungen“, „gehobene Ansprüche“, „qualitativ hochwertige Ausstattung“) geworben wird und nur die bauauf­sichtlichen Mindestanforderungen nach DIN 4109 eingehalten worden sind.

Als Anhaltspunkte für einen im Wohnungsbau üblicherweise privatrechtlich geschulde­ten Schallschutz im Falle eines „normalen“ bzw. „üblichen“ Schallschutzes nennt das BGH bspw. das Beiblatt 2 zu DIN 4109 bzw. die Schallschutzstufe (SSt) II der Richtlinie VDI 4100 aus dem Jahr 2007. Grundsätzlich weisen Kalksandstein-Außenwände einen sehr guten Schallschutz auf, begründet durch die hohe Masse und die Rohdichten, die der Stein von „Natur aus“ mit sich bringt.

Die Empfehlungen der Kalksandsteinindustrie für die erhöhte Luftschalldämmung werden i.d.R durch folgende Wandkonstruktio­nen erfüllt:

– Wohnungstrennwand: Wandstärke 24 cm, Rohdichteklasse 2,0 / 2,2
– Außenwand: Wandstärke 17,5 cm, Rohdichteklasse 2,0
– Innenwand: Wandstärke 11,5 cm, Rohdichteklasse 2,0
– Decken: Stahlbeton, Stärke 20 cm

Zusätzlich sind für den Premium-Schallschutz einige konstruktive Details besonders zu berücksichtigen. Denn die beste Direktdämmung einer Wohnungstrennwand nützt nichts, wenn andere Bauteile die Gesamtdämmung negativ beeinflussen. Der Schall kann sich einerseits über die trennenden Bauteile und anderseits über die flankierenden Bauteile wie Innen- und Außenwände oder Decken seinen Weg bahnen.

Fazit

Ein optimaler Gesamtschallschutz wird erreicht, wenn alle Außen- und Innenwände massiv und schwer mit Kalksandsteinen ausgeführt werden. Wenn die Außenwände nicht nur die Schutzfunktion gegen Außenlärm übernehmen, sondern auch die flankierende Schallübertragung in horizontaler wie auch vertikaler Richtung minimieren, ist ein optimaler Wert erzielbar. Lösungen zum optimier­ten Schallschutz bietet der Kalksandstein-Schallschutzrechner. Mit ihm kann der Schallschutz schon während der Planung auf wissenschaftlicher Basis nach den künftigen Berechnungsmodellen prognostiziert werden. Die Werte sind deutlich genauer als die des alten Verfahrens nach DIN 4109, Beiblatt 1.

Grundlage ist das neue europäische Rechenmodell, das bereits in den Entwürfen der neuen deutschen Schallschutznorm DIN 4109 enthalten ist und für den zukünftigen Schallschutznachweis vorgesehen ist. Mit dem Schallschutzrechner können die Rechenergebnisse direkt beurteilt werden, ob die Mindestanforderungen aus DIN 4109 erfüllt werden oder sogar ein erhöhter Schallschutz vorliegt. Es kann auch ein Nachweis des Schallschutzes gegen Außenlärm berechnet werden. Der Schallschutzrechner ist ebenfalls kostenlos zum Download verfügbar.

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