Rechtsprechung

Konkludente Abnahme der Leistungsphase 5 schon vor Fertigstellung des Gesamtbauvorhabens?

(Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 1.7.2020 – 7 U 163/19)

Vor Gericht stritten sich viele Jahre nach Baufertigstellung der Bauherr und der Architekt u.a. über Mängel an den Leistungen der Leistungsphase 5 und deren Verjährung. Der Architekt wurde seinerzeit mit unterschiedlichen Architektenverträgen sukzessive zunächst mit den Leistungen der Leistungsphasen 2 bis 4, sodann mit der Leistungsphase 5 und schließlich mit den Leistungsphasen 6 bis 8 beauftragt. Eine förmliche Abnahme wurde nicht vereinbart und auch nicht durchgeführt. Der Bauherr glich die Schlussrechnung zum Auftrag über die Leistungsphase 5 vollständig und ohne Vorbehalte aus. In dem Gerichtsverfahren war nunmehr für die Verjährung maßgeblich, ob die Leistungen der Leistungsphase 5 konkludent vom Bauherrn abgenommen wurden und im Zeitpunkt der Klageerhebung die Mangelgewährleistungsfrist bereits abgelaufen war. Die Gerichte bejahten dies in erster und zweiter Instanz.

Zunächst hob das Gericht auf die einzelnen Architektenverträge und die fehlenden Regelungen zu einer förmlichen oder einheitlichen Abnahme ab. Somit sei es möglich, die beauftragten Leistungen getrennt nach den Aufträgen zu betrachten. Die Leistungen der Leistungsphase 5 seien damit einer Abnahme und einer Schlussrechnung zugänglich. In der vorbehaltlosen Zahlung der Schlussrechnung erkannten die Gerichte eine Billigung der von dem Architekten erbrachten Leistungen als im Wesentlichen mangelfrei. Sprich: die Leistungen galten damit als abgenommen.

Hiergegen spreche auch nicht, dass noch Leistungen aus der Leistungsphase 5 in Bezug auf die Fortschreibung der Ausführungsplanung im Zuge des Baufortschritts zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen waren. Eine insgesamt vollständige Leistungserbringung sei demnach nicht Voraussetzung für eine grundsätzliche Abnahmereife. Kleinere Restarbeiten von untergeordneter Bedeutung für die Gebrauchsfähigkeit hindern die Abnahmereife daher nicht. Da die Beauftragung mit weiteren Leistungsphasen sukzessive erfolgte, die Leistungsphasen 6 bis 8 also erst nach Beendigung der Leistungsphase 5 beauftragt wurde, sei zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Leistungsphase 5 auch nicht klar gewesen, dass überhaupt noch eine Fortschreibung in Betracht kommen würde.

Demnach konnte einer Abnahmereife auch nicht entgegen gehalten werden, dass eine Abnahme grundsätzlich erst nach der Leistungsphase 8 möglich sei, da sich die Planungsleistungen des Architekten dann erst im Bauwerk verkörpern würden und der Bauherr auch dann erst in der Lage sei, die Mängel zu erkennen. Hierauf könne sich der Bauherr eben gerade nicht berufen, wenn er den Weg einer isolierten Vergabe von Architektenleistungen beschreitet und die Leistungen nicht insgesamt bis zur Leistungsphase 8 vergibt. Die Verjährung der Gewährleistungsrechte habe daher mit der vorbehaltlosen Zahlung der Schlussrechnung für die Leistungen der Leistungsphase 5 begonnen. Damit waren die Ansprüche des Bauherrn bei Klageerhebung insoweit verjährt.

Im Ergebnis entpuppte sich die fehlende Abnahmeregelung und die außergewöhnliche Vertragsgestaltung somit hier zum Vorteil für den Architekten. Das kann aber je nach Einzelfall auch ganz anders sein.


x

Thematisch passende Artikel:

Abnahme durch Einzug?

OLG Koblenz, Urteil vom 12.04.2018 - 2 U 660/17; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 18.09.2019 - VII ZR 93/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
DBZ-Recht-Wunschel-Mittenzwey

Über die Abnahme von Leistungen streiten Parteien im Rahmen von Architektenleistungen meist trefflich. Besonders wenn keine formale Abnahme durchgeführt wurde, bestehen häufig unterschiedliche...

mehr
Rechtsprechung

Wann wurde die Bauleistung des Architekten durch schlüssiges Bauherrnverhalten abgenommen?

(OLG Schleswig IBRRS 2019, 1082)

In dem Rechtsstreit ging es um folgenden Sachverhalt: Die Bauherren beauftragten einen Architekten mit der Planung und Bauüberwachung eines Einfamilienhauses. Nach der Errichtung wurden durch einen...

mehr
Rechtsprechung

Verjährung bei Stufenverträgen

OLG Köln, Urteil vom 28.03.2018 - 17 U 110/15; BGH, Beschluss vom 27.01.2021 - VII ZR 97/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Die Verjährung bei Architektenverträgen beginnt grundsätzlich mit der Abnahme der vollständig erbrachten Leistungen. Bei einem gewöhnlichen Architektenvertrag, mit dem die Leistungsphasen 1 bis 9...

mehr

Keine Verjährungshemmung und keine Arglist - keine Haftung für den Architekten!

Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 01.04.2022 - 8 U 96/20

Bevor wir zu einem interessanten Fall aus der Streitwelt zwischen Auftraggeber und Architekt kommen, wünsche ich allen LeserInnen ein gesundes, glückliches und spannendes neues Jahr! Planen Sie doch...

mehr
Aus der Rechtssprechung

Kein Architektenhonorar trotz umfangreicher Planungsleistungen!

OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.07.2021 – 5 U 147/20; BGH, Beschluss vom 29.03.2023 – VII ZR 882/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Rechtsanwalt Axel Wunschel

Der Sachverhalt: Ein Architekt schloss 2008 mit einer Stadt einen Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Hotel H“. Dieser sah vor, auf dem Gelände des alten Postgebäudes unter...

mehr