Aus der Rechtsprechung

Abnahme durch Zahlung der Schlussrechnung?

OLG Schleswig, Urteil vom 25.06.2025 12 U 67/24

Die Gewährleistungsfrist für Mängel an Architektenleistungen fängt mit der Abnahme der Architektenleistungen durch den Besteller zu laufen an. Ist die fünfjährige Gewährleistungsfrist abgelaufen, kann der Besteller sich nicht mehr auf seine Gewährleistungsrechte berufen. In dem vom Oberlandesgericht Schleswig entschiedenen Fall kam es durch Baumängel zu einem Sanierungsaufwand von über 680.000 Euro. Der Besteller nahm den bauüberwachenden Architekten auf Schadensersatz in Anspruch. Dieser verteidigte sich mit dem Ablauf der fünfjährigen Gewährleistungsfrist. Die Klage des Bestellers sei zu spät.

Der Auftraggeber hatte den Architekten 2008 damit beauftragt, die Sanierung von Teilen der Fassade zu planen und zu überwachen. Ein Gutachter stellte später verschiedene technische Fehler fest (z. B. bei Fugen, Putz, Fensteranschlüssen und Dachanschluss). Die Beseitigung würde über 680.000 € kosten. Theoretisch hätte die Klägerin Anspruch auf einen Vorschuss für die Mängelbeseitigungskosten, wenn der Architekt Fehler gemacht hätte. Der Architekt gewann den Rechtsstreit trotzdem. Selbst wenn der Architekt Fehler bei der Planung oder Bauüberwachung gemacht hätte, könnte die Klägerin (Wohnungseigentümergemeinschaft) heute kein Geld mehr verlangen. Grund: Die Gewährleistungsansprüche waren vor Klageerhebung abgelaufen.

Ob die Mängel tatsächlich auf Planungs- oder Überwachungsfehler des Architekten zurückgehen, blieb offen. Entscheidend war die Verjährung der Ansprüche. Für Ansprüche gegen Architekten gilt eine 5-jährige Verjährungsfrist ab Abnahme der Leistung (§ 634a BGB). Gemäß § 634a BGB beträgt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche bei Bauwerken fünf Jahre. § 634a BGB ist nicht nur bei der Neuherstellung eines Bauwerks anwendbar. Vielmehr greift die Frist aus § 634a BGB auch, wenn ‒ wie hier ‒ Planungs- und Überwachungsleistungen bei einer grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes erbracht werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2019, VII ZR 184/17). Die Abnahme der Architektenleistung erfolgte spätestens mit der Zahlung der Schlussrechnung am 12.08.2009 (konkludent, also stillschweigend). Eine konkludente Abnahme setzt ein vom Willen des Auftraggebers getragenes Verhalten voraus (Abnahmewillen). Daher ist eine stillschweigend erklärte und damit schlüssige Abnahme immer dann gegeben, wenn der Auftragnehmer durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er die Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht ansieht (Werner/Pastor, 17. Auflage 2020, Rn. 1776). Ein solches Verhalten ist in der Zahlung der Klägerin vom 12.08.2009 auf die Schlussrechnung vom 29.06.2009 zu sehen (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1777). Damit endete die Frist am 12.08.2014. Die Klageerhebung erfolgte demnach zu spät.

Glück für den Architekten. Pech für den Auftraggeber. Da der Architekt nur zur Mitwirkung bei der Abnahme der Bauleistung, nicht aber zur Überwachung der Mängel beauftragt war, war das Werk des Architekten bereits nach der Abnahme der Bauleistungen abnahmereif und mit Zahlung der Schlussrechnung des Architekten konkludent abgenommen. Der Bauherr hätte hier durch eine konkretere Vertragsgestaltung bezüglich der Überwachung der Mangelbeseitigung sowie hinsichtlich einer förmlichen Abnahme sowie einer konkreten Fristenkontrolle (juristische Projektbegleitung) einen erheblichen Schaden vermeiden können.


Foto: Privat

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