BDA-Hochschultag 2024

Am Freitag, dem 22. März 2024 fand der BDA-Hochschultag im Deutschen Architekturzentrum (DAZ) statt. Zum Thema „Wie geht Architektur morgen? Zwischen Umbaupraxis und Digitalisierung“ kamen Lehrende, Architektinnen und Studierende zusammen. Dabei waren die Studierenden leider deutlich in der Unterzahl, was den noch andauernden Semesterferien geschuldet sein könnte. Katja Knaus, Präsidentin des BDA, eröffnete den Hochschultag. Es folgte ein Grußwort der parlamentarischen Staatssekretärin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Elisabeth Kaiser. Den ersten Vortrag hielt die Professorin für Gebäudetechnik an der TU Braunschweig Elisabeth Endres. „Wir brauchen dringend Lehrende, die aus der Praxis kommen“, dieser Satz blieb vielen im Gedächtnis. Auch sie selbst gebe daher ihre praktische Tätigkeit nicht auf. Weiterhin plädierte sie dafür, Gebäude von den Potenzialen her zu denken und Anforderungen zu hinterfragen. Denkmäler seien ein gutes Beispiel für Komforteinschränkung, mit der wir gelernt haben, zurechtkommen.

Raus aus dem Campus

Adria Daraban, Professorin in Kaiserslautern, begann theoretischer und erörterte, inwiefern das räumliche Denken auch ein politisches ist. Dann leitete sie über in die Praxis, zu einem Projekt im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit an der RWTH Aachen: Im Zuge des „Zukunft Bau Pop-up Campus“ verwandelten Studierende und Lehrende ein leerstehendes Bürogebäude in Aachen in ein Experimentierfeld für klimaneutrales Bauen. „Wir müssen den Gang nach draußen wagen“, war ihr Plädoyer. Der Pop-up Campus sei kein klassisches Seminar gewesen. Es sei gerade diese institutionelle Unschärfe, die es zuzulassen gelte und die das Lernen in der Praxis ermögliche, so Daraban. Die Studentin Anna Hugot aus Kaiserslautern stellte ihre Diplomarbeit mit dem Titel „Tagebuch einer Reparatur“ vor. Sie hatte sich in Venedig mit der lokalen Hausbesetzer:innenszene vernetzt und in Eigenarbeit eine besetzte Wohnung repariert. Ihre Erfahrungen hielt sie in einem Tagebuch fest, in dem sie sich auch mit den sozialen Fragen sowie der Bedeutung des Kontexts für den Umbau beschäftigte.

Nach der Mittagspause teilte sich die Veranstaltung in zwei Panels. Im Panel I zum Thema „Umbauen Lehren. Curriculum zwischen analogem und digitalem Arbeiten“ kamen Studierende der Alanus Hochschule und Professor:innen zusammen. Lydia Haack, Professorin für Entwerfen und Konstruieren an der HTWG Konstanz, moderierte. Es sprachen die Student:innen Jakob Mehrens, Paul Epple, Silva Schulz, Muck Petzet, Professor für Sustainable Design an der Università della Svizzera italiana in Mendrisio und Julian Krüger, Professor für Gestalten, Darstellen, Entwerfen an der Hochschule München.

Kollektivität statt Wettbewerb

Auch das parallel stattfindende Panel II, moderiert von Heinrich Lessing, Professor für Entwerfen und Baukonstruktion an der Frankfurt University of Applied Sciences, startete mit einer studentischen Arbeit. Lena Mosel, Johannes Silbernagel und Daniel Wichmann berichteten von drei Projekten des Natural Building Lab der TU Berlin: dem Projekt „Mall anders – Wilma Shoppen“, bei dem die Studentinnen eine leerstehende Kaufhausstruktur umnutzten, einer Lehmkuppel im Martin-Gropius-Bau und dem Projekt „Spreewatch“, dem kreislaufgerechten Umbau einer  Wasserrettungsstation. Zum Abschluss formulierten sie erfrischend klare Thesen für die Lehre: Sie forderten mehr Kollektivität statt Wettbewerb im Studium, mehr Hands-on-Projekte, interdisziplinäre Arbeitsweisen und mehr Realitätsbezug im Studium. Auf die Frage aus dem Publikum, ob es ohne Wettbewerbe noch Ehrgeiz gebe, antworteten die Studierenden, es sei doch viel gewinnbringender, Wissen zu bündeln und ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Kommunikation sei dabei der Schlüssel.

Umbauen heißt Bedeutung verleihen

Philipp Esch formulierte in seinem Vortrag anhand des von EschSintzel realisierten Umbaus eines Weinlagers in Basel (DBZ 12/2023), Architektur sei für ihn die Produktion von Bedeutung. Umbauen könne demnach auch Bauwerken, die bisher keine Bedeutung haben, eine Bedeutung verleihen. Darüber hinaus sagte er, Umbau sei nichts Neues, sondern es sei immer schon um- und weitergebaut worden. Er plädierte dafür Potenziale, statt Probleme anzuschauen und zu collagieren, statt zu fusionieren. Dazu zeigte Philipp Esch einige Beispiele aus seiner Gastprofessur in Mendrisio. In Basel, Zürich und Triest konnten die Studierenden Gebäude analysieren und die Umnutzung vor Ort üben. Nach Philipp Esch folgten noch Vorträge von der Professorin für Baukonstruktion und Entwerfen an der Hochschule Koblenz Adrea Uhrig und von Jens Ludloff, Professor für Nachhaltigkeit, Baukonstruktion und Entwerfen an der Universität Stuttgart.

Abschluss

Im Abschlusspanel versammelten sich alle Vortragenden um eine lange Tafel inmitten der Zuschauenden. Die Moderatorinnen fassten die Ergebnisse zusammen, um in die offene Diskussion überzuleiten. Da wenig Streitbares auf dem Tisch lag, folgte ein Austausch über den Status quo der Architekturlehre. Versäumt wurde, die Anwesenheit zumindest einiger Studierender und jungen Absolventen zu nutzen, um sie nach ihrer Meinung zur Architekturlehre und zu ihren Wünschen zu fragen. Ihr Redeanteil blieb zu gering, so kam insgesamt der kritische Blick auf die Architekturlehre zu kurz. Zu guter Letzt entspann sich eine Diskussion darüber, ob nicht eine Vorausbildung vor dem Architekturstudium gefordert werden sollte, um die Zugangsvorraussetzungen zu erhöhen. Viel eher hätten die Anwesenden über den Abbau von Hürden sprechen sollen und darüber, dass das Architekturstudium einer der zeitintensivsten und teuersten Studiengänge ist, den vor allem Studierende mit gewissen Privilegien meis­tern können. Die Digitalisierung, die immerhin im Titel der Veranstaltung stand, wurde umschifft. Sie werde bei nächster Gelegenheit aufgegriffen, sagte Katja Knaus am Ende. Wir halten fest: Die Studierenden wünschen sich mehr Interdisziplinarität und Miteinander; Projekte außerhalb des Campus sind unglaublich wichtig. Wir sind gespannt, welche Thesen für die Lehre der BDA aus diesem Tag ableiten wird und werden berichten.

Natalie Scholder/ DBZ

www.bda-bund.de

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