Achtung, Denkmal!

Bei der Sanierung von baukulturellen Denkmälern gibt es auf Seiten der Planer:innen einige Besonderheiten zu beachten. Das gilt insbesondere dann, wenn der Schutzstatus nicht rechtzeitig bekannt war und die Bauherr:in sich über entgangene finanzielle Vorteile beklagt.

Text: Jochen Mittenzwey

Für die Bewahrung und Erhaltung des Erbes einer Gesellschaft spielt der Denkmalschutz eine entscheidende Rolle. An was sollen wir uns erinnern? Was gilt als Erbe einer Gesellschaft? Was gilt demnach als erhaltenswert, auch wenn dies mit erheblichen Kosten der jeweiligen Eigen­tümer:innen verbunden ist. Das Denkmalrecht versucht sich dieser schwierigen Aufgabe anzunehmen. In Denkmallisten werden Objekte unter Schutz gestellt. Sobald ein Eigentümer an oder um unter Schutz gestellten Objekten Baumaßnahmen durchführen möchte, muss er hierfür zuvor eine Genehmigung bei der zuständigen Denkmalschutzbehörde beantragen. Grundsätzlich ist der Denkmalschutz Ländersache. Das Genehmigungserfordernis sowie auch die Pflicht des Eigentümers die denkmalgeschützten Immobilien im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und instand zu setzen, ist in jedem Bundesland geregelt.

Ist es denn jetzt Fluch oder Segen, dass seine eigene Immobilie ein Denkmal ist oder zu einem Denkmal wird? Beziehungsweise kann es für die Architekt:innen bei Umbaumaßnahmen zum Fluch werden? Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte in der obengenannten Entscheidung einen Fall zu verhandeln (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 25.04.2022, Az.: 29 U 185/20), in dem ein Architekt unter anderem mit der Entwurfsplanung, Leistungsphase 3, beauftragt war. Konkret ging es um die Sanierung einer Dachgeschosswohnung. Der Architekt beriet den Auftraggeber dahingehend, dass für den Innenausbau – die Sanierung der Wohnung – keine denkmalschutzrechtliche Genehmigung erforderlich sei. Daraufhin wurde auch keine Genehmigung bei der Denkmalschutzbehörde beantragt.

Am Rande: Grundsätzlich ist das ein teurer Irrtum. Den Denkmalschutz können selbst alte Mauerreste als Bodendenkmal durch ihre gegebenenfalls vorhandene Ausstrahlungswirkung auch auf ein nicht in der Denkmalliste stehendes Gebäude übertragen. Es können natürlich auch vollständige Innenräume, beziehungsweise auch nur Teile von Innenräumen unter Denkmalschutz stehen – und dass nicht nur in alten Barockschlössern. Die Abgrenzung kann dabei recht komplex sein, wenn etwa Lichtverhältnisse oder Raumhöhen geändert werden, welche dem Denkmalschutz entgegenstehen können. Hier sollte die Denkmalschutzbehörde im Zweifel vorher einbezogen werden.

Im obengenannten Fall wurde während der Sanierungsarbeiten Hausschwamm festgestellt und der Bau unterbrochen. Nachdem das denkmalrechtliche Genehmigungserfordernis dem Architekten dann doch noch bekannt wurde, konnte eine entsprechende Genehmigung nachgeholt werden. Der Auftraggeber hingegen war stocksauer, nachdem er hiervon erfahren hatte. Er war der Meinung, dass er Fördermittel für die Sanierung hätte beantragen bzw. andere steuerliche Vorteile aus der Sanierung hätte ziehen können, wenn er vor Bauausführung von der Relevanz der Sanierungsarbeiten für den Denkmalschutz erfahren hätte. Wie ist es aber tatsächlich? Haften Architekt:innen bereits in der Entwurfsplanung, wenn sie vergessen, eine erforderliche Genehmigung nach dem Denkmalschutz zu stellen? Und wie steht es um ihre Haftung, wenn der Auftraggeber aus dem Denkmalschutz keine steuerlichen Vorteile ziehen kann?

Schadensersatz bei unterlassener Aufklärung über Genehmigungspflicht

Das unterlassene Einholen einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung stellt nach der ständigen Rechtsprechung bereits in der Leistungsphase 3 – der Entwurfsplanung – eine erhebliche Pflichtverletzung dar. Aus der vom Architekten übernommenen Pflicht eine Entwurfsplanung zu fertigen, folgt grundsätzlich auch die Pflicht , gegen­über Auftraggeber:innen über die Genehmigungspflicht der Baumaßnahme vollständig und richtig zu informieren. Architekt:innen haben sogar schon vorher in der Grundlagenermittlung eine Beratung zum gesamten Leistungsbedarf zu erbringen. Dies setzt notwendigerweise voraus, dass Architekt:innen sich darüber informieren, welche öffentlich-rechtlichen Regelungen einzuhalten sind und insbesondere welche Genehmigungen eingeholt werden müssen. Nur dann können sie Auftraggeber:innen über die Machbarkeit sowie den wirtschaftlichen und zeitlichen Rahmen ­aufklären. Ob eine Baumaßnahme genehmigungsfähig ist, ist daher eine zwingende Vor­bereitungshandlung bei der Beratung von Auftraggeber:innen. Verletzen Architekt:innen diese Pflicht schuldhaft, müssen sie den Auf­traggeber:innen den hieraus entstandenen tatsächlichen Schaden ersetzen. In dem Fall vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main ging dies noch einmal gut für den Architekten aus, eine Genehmigung konnte während des Baustopps ohne weitere Konsequenzen nachgeholt werden. In anderen Fällen können die Schäden empfindlich hoch sein, zum Beispiel dann, wenn nachträglich keine Genehmigung erreicht werden kann oder die Denkmalschutzbehörde hohe Bußgelder für die fehlende Genehmigung erlässt. Aber auch ein von der Denkmalschutzbehörde verhängter Baustopp kann Auftraggeber:innen teuer zu stehen kommen, wenn dadurch der gesamte Bauablauf gestört wird. Diesen Schaden werden sie üblicherweise an die Architektin oder den Architekten weitergeben.

Grundsätzlich keine Haftung für steuerliche Vorteile

Die spannende Frage, ob Architekt:innen auch für etwaige entgangene Fördermittel oder Steuervergünstigungen im Rahmen der Leistungen der „normalen“ Entwurfsplanung haften, hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main dagegen verneint. Es fehlt zum einen an der kausalen Folge eines sogenannten „Steuerschadens“ zur Pflichtverletzung – der unterlassenen Aufklärung über die Genehmigungspflicht und des Weiteren am Zurechnungszusammenhang. Dieser fehlte in der dort gegebenen Sachverhaltskonstellation. Die Aufklärungspflicht darüber, eine denkmalrechtliche Genehmigung beantragen zu müssen, soll nämlich nicht verhindern, steuerliche Vorteile zu ziehen oder ggf. mögliche Fördergelder zu beantragen. Sie soll nur verhindern, dass der Auftraggeber seine Baumaßnahme entgegen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften durchführen lässt. Es besteht zwar eine Verpflichtung der Architekt:innen, über die zu erwartenden Kosten des Bauvorhabens aufzuklären. Hieraus folgt aber keine allgemeine Pflicht für die Vermögensfürsorge des Auftraggebers, etwa die Aufklärung über steuerliche Vergünstigungen, die sich aus dem Bauvorhaben ergeben. Im Rahmen der Entwurfsplanung geht es in erster Linie um die Rea­lisierbarkeit des Bauvorhabens. Das Ziehen steuerlicher Vorteile kann lediglich eine Folge von der Realisierbarkeit sein. Aber Achtung! Wenn der Auftraggeber nachweisen kann, dass ihm steuerliche Vorteile aus der Baumaßnahme besonders wichtig sind, kann eine unterlassene Aufklärung wiederum zum Schadensersatz führen. Deswegen sollten die Zielvorstellungen des Auftraggebers immer konkret erfasst und dokumentiert werden.

Mehrhonorar

Um dem Denkmalschutz auch etwas Gutes für Architekt:innen abzuverlangen, sei auch eine schon etwas ältere Entscheidung des Kammergerichts angeführt (Kammergericht, Urteil vom 14.02.2012 – 7 U 53/08).

Dort wurde einem Architekten zusätzliches Honorar zugesprochen, nachdem bei den Sanierungsarbeiten historische Malereien zum Vorschein gekommen sind. Der Auftraggeber entschied sich für eine denkmalgerechte Sanierung. Daraufhin musste umfangreich umgeplant und mit der Denkmalschutzbehörde verhandelt werden. Ursprünglich geplant und bereits ver­geben – es ging um ein Treppenhaus – waren lediglich Malerarbeiten. Nach dem die historischen Malereien entdeckt wurden, mussten Planungsleistungen wiederholt sowie zusätzliche Planungsleistungen vor allem in Bezug auf den Denkmalschutz erbracht werden. Schade nur, dass der Architekt in einem solchen Fall, in dem der Auftraggeber sich für einen erkennbar größeren Leistungsumfang entscheidet, sein Honorar vor Gericht erstreiten muss.

Um die Frage vom Anfang zu beantworten: Die Sanierung eines oder gar der Anbau an ein Denkmal kann für Architekt:in und Auftraggeber:in zum Fluch werden. Wenn allerdings die Basics beachtet werden, kann es für beide auch zum Segen reichen.

 

 

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