Abriss in Bad Schönborn

Vor exakt zwei Jahren oder vor 22 Ausgaben der DBZ prangte auf dem Hefttitel mit der Nr. 10, Thema „Konstruktiver Holzbau“, ein Foto von einem Holzbau, der – mit anderen im Heft – so angekündigt wurde: „Unsere ausgewählten Projekte zeigen den Moment des Übergangs. Sie zeigen, was möglich wäre, was noch möglich sein könnte. Damit sind sie Vorreiter und zugleich Endpunkt einer Debatte, die gerade erst begonnen hat.“ Für die Ausstellungshalle ophelis im süddeutschen Bad Schönborn (Architektur: Ludloff Ludloff, Berlin) hat sich dieser Satz bewahrheitet, allerdings ganz anders als gedacht.

Die Architekten berichteten uns vor Wochen über den Abriss ihres Bauwerks, das längst zahlreiche Architekturpreise erhalten hat und eigentlich für die kommenden Jahrzehnte geplant war. Vor allem aber so konstruiert, dass es bauteilschonend abgebaut, transloziert oder seine Teile für vergleichbare Projekte hätten wiederverwertet werden können. Nun machten das in schlichter Weise im Sommer ein paar Abrissbagger effektiv und sehr grundsätzlich.

Grund für den Abriss vordergründig: die Übernahme des insolventen Büromöbelherstellers ophelis Ende 2024 und sein Verkauf an ein texanisches Unternehmen. Die wollen auf dem Gelände ein Logistik-Zentrum errichten, eines von denen, die überall herumstehen, die Aussicht behindern und uns daran erinnnern, dass wir selbst immer alles und zwar sofort haben wollen. Mit auf dem Gelände stehen die Altbauten Verwaltung und Produktion, beide stehen zur Disposition, die Produktionshalle ist ein Flächenbau, der sich im Norden des Standorts sehr breit gemacht hat und dessen Abriss einer Flächenentsiegelung gleichkommt, wenn nicht randgenau überbaut wird.

Dass die Gemeinde dem Abriss zugesehen hat, mag am in Aussicht gestellten Steueraufkommen seitens des Neuankömmlings gelegen haben. Widerspruchsrechte hatte sie nicht. Auch mag man gedacht haben, der Ort im Speckrand von Bad Schönborn halte das schon aus. Doch längst ist bekannt, dass gute Gestaltung auch eine nachhaltige ist und dass Nachhaltigkeit in diesem Land jedenfalls auch einen ökonomischen Wert darstellt. Das haben wir als konsensual abgespeichert. Doch alte Gewissheiten finden gerade neue Gegner. „Der Abriss von freistehenden Gebäuden der Gebäudeklassen 1-3“, so die Architekten in einem Kommentar zu dem ganzen Verfahren, „ist verfahrensfrei und damit nicht anzeigepflichtig. Der Abriss der ophelis-Ausstellungshalle macht deutlich, wie fern wir noch von einer Kultur des globalen Denkens und lokalen Handelns sind.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Be. K.

www.ludloffludloff.de

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