ArchitektInnen schauen sorgenvoll in die Zukunft

Die Corona-Krise trifft die Baubranche ab Herbst 2020

In einer Umfrage der Bundesarchitektenkammer wird deutlich: ArchitektInnen sehen aufgrund von Corona sorgenvoll in die Zukunft. Besonders hart wird die zweite Jahreshälfte für viele werden. Auftragseinbrüche, Lieferengpässe, geringe Zahlungsmoral. Ein Fünftel der Befragten ArchitektInnen hat bereits Liquiditätsprobleme.

Corona-leere-Orte In Corona-Zeiten leer: große Einkaufszentren
Foto: Sarah Centgraf / DBZ

In Corona-Zeiten leer: große Einkaufszentren
Foto: Sarah Centgraf / DBZ

Kurz zusammengefasst: ArchitektInnen blicken sorgenvoll in die Zukunft. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Bundesarchitektenkammer, wie sich die Corona-Pandemie kurz- und langfristig auf Planungsbüros auswirken wird. Die Bundesarchitektenkammer hat 9.226 ArchitektInnen, InnenarchitektInnen, LandschaftsarchitektInnen und StadtplanerInnen befragt.  

Zurzeit sind die Auswirkungen noch überschaubar. Wir nehmen das auch wahr in den Gesprächen mit ArchtektInnen, IngenieurInnen undKreativen. Dennoch bemerken bereits 51 % der befragten Büros leichte, 31 % bereits deutliche negative Auswirkungen. „Überdurchschnittlich stark betroffen sind insbesondere Büros für Innenarchitektur, aber auch größere Büros und Büros mit vorwiegend privaten oder gewerblichen Auftraggebern“, heißt es in der Umfrage. Woran liegt das? Die Architektur- und Innenarchitekturbüros, die besonders von der Corona-Krise betroffen sind, haben mit abgesagten und zurückgestellten Aufträgen zu kämpfen. Private und gewerbliche Bauherrn stornieren häufiger Aufträge oder stellen sie zurück.     

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf ArchitektInnen?

Besonders schwierig ist die Situation in der Bauverwaltung. Denn die Bearbeitung von Bauanträgen benötigt Personal, das durch die Covid-19-Maßnahmen im Home-Office ist. Problematisch dabei ist, dass es der Bauverwaltung noch nicht möglich ist, Anträge digital zu bearbeiten. Der digitale Bauantrag lässt noch auf sich warten. Auch wenn es hier schon Modellprozesse gibt. Um die Situation zu entschärfen, möchte die Bundesarchitektenkammer die Baugenehmigungsverfahren vereinfachen. Außerdem nennt die Umfrage Lieferverzögerungen, die den Baustellenbetrieb stören. Personalengpässe der ausführenden Unternehmen oder die Umsetzung von Hygienevorschriften auf der Baustelle.

Fördermaßnahmen für ArchitektInnen

Um wirtschaftlich zu bleiben, haben bereits 47 % der Befragten BüroinhaberInnen konkrete Maßnahmen eingeleitet: Fördergelder beantragt, ausstehende Rechnungsbeträge eingefordert, Kurzarbeit beantragt. Wobei die Entlastung für Steuervorauszahlungen als konkrete finanzielle Hilfe am häufigsten genannt wurde. Dabei gibt es eine klare Tendenz: „Während kleine Büros sich häufiger um Zuschüsse bemühen, kümmern größere Büros sich häufiger um eine schnelle Rechnungsbegleichung, melden häufiger Kurzarbeit an oder beantragen Kredite“, verrät die Umfrage. Ob die Fördermaßnahmen vom Bund sinnvoll sind und genau die Bedürfnisse erfüllen, kann noch nicht abschließen bewertet werden. Dennoch sind knapp ein Viertel mit der finanziellen Hilfe und der Passgenauigkeit zufrieden. Wobei kleine Büros damit zufriedener sind als große Büros mit mehr als 10 MitarbeiterInnen. Doch sich allein auf Fördermaßnahmen zu verlassen, ist falsch. Gibt es ein Erbe, auf das Sie zurückgreifen können oder andere finanzielle Mittel außerhalb der bundesweiten Fördermaßnahmen? Denken über eine Unternehmensstrategie in Krisenzeiten nach. 

Aussichten der ArchitektInnen in der Corona-Krise

Schon jetzt haben 18 % der Befragten BüroinhaberInnen Liquiditätsprobleme. 35 % rechnen damit im zweiten Halbjahr 2020. Was kommt danach? Welche Büros werden nach der Krise bestehen? Die Umfrage lässt Rückschlüsse darauf zu. Architekturbüros mit bis zu 10 MitarbeiterInnen wird die Corona-Krise besonders hart treffen. Sie haben häufig wenig monetäre Absicherung im Vergleich zu den Kosten für Personal, Büroräume, Infrastruktur.  

Die Krise ist anders als die Wirtschaftskrise 2008. Wo mache Branchen, wie Touristik, Hotellerie, die Auswirkungen direkt zu Beginn der Corona-Krise spüren und mit den Folgen noch lange zu kämpfen haben werden, werden die Ausmaße der Corona-Krise auf die Baubranche erst 2021 in vollem Umfang sichtbar werden.

Die Bundesarchitektenkammer fordert deswegen:

Unterstützung der kommunalen Bauverwaltungen, um deren Funktionsfähigkeit zu sichern, damit vor allem Genehmigungsverfahren weiterbearbeitet werden können.

Anpassungen der Hilfspakete für die planenden Berufe sowie eine Verlängerung von Förderungen, Zuschussprogrammen und Entlastungen bei den Steuervorauszahlungen über die folgenden Monate hinaus.

Großzügige Bewilligung von Steuerstundungen und Absenkungen der Vorauszahlungen durch die Finanzbehörden über das 2. Quartal 2020 hinaus. Der Gesetzgeber sollte großzügigere Verlustverrechnungsmöglichkeiten beschließen, so dass Verluste in diesem Krisenjahr mit Gewinnen aus Vorjahren verrechnet werden können.

Abfederung coronabedingter Finanzierungsprobleme privater Bauherren, damit sich Bauprojekte nicht verzögern oder verhindert werden.

Weiterhin eine Ausrichtung der Sicherheits- und Hygienebestimmungen auf die Betriebsfähigkeit von Baustellen.

Vergabeverfahren müssen hinsichtlich einer europaweiten Umsetzung überprüft werden und ggfls. vorübergehend vereinfacht werden.

Umsetzung geeigneter digitale Abstimmungsformate für Wettbewerbs- und Partizipationsverfahren.

Hier gibt es die Umfrage zum Download.

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