Schloss ohne Legitimation

Wie ein Berliner Kulturstaatssekretär nach dem Original verlangt, zwecks Legitimation

Jetzt ist es heraus: Der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz, der ganz offensichtlich gerne mal im historischen Kostüm durch eine komplett rekonstruierte Berliner Mitte spazieren möchte, zeigt sich laut BZ "hocherfreut". Im Zusammenhang mit der aktuellen Aufnahme der historisch authentischen Fundamente des ansonsten verschwundenen Berliner Stadtschlosses durch das Bundesbauministerium, gab er der Hoffnung Ausdruck, die Bundesrepublik werde mit der Historie nicht so verfahren, "wie es die DDR gemacht hat". Die hatte nämlich das historische Material "wieder zuschütten" lassen.

Interessanterweise fügte Schnitz seinen Hoffnungen und Wünschen noch hinzu, dass die Erhaltung und Einbeziehung der Bodendenkmäler "dem Schloss-Wiederaufbau die nötige Legitimation" geben. Das darf man sich ruhig einmal auf der Zunge zergehen lassen: "notwendige Legitimation". Recht hat er, wenn er nach Legitimationsgründen für die Wiedergängerschaft fragt, die uns alle immerhin und mindestens 552 Mio. Euro kosten soll. Aber ist man nicht erst gerade eben dabei, die Fundamente auf Tragfähigkeit zu prüfen? Was wäre, sie trügen nicht? Gäbe es dann noch laut Staatssekretär einen Grund, den Bau überhaupt zu beginnen?! Keine Frage, es gibt die Gründe, und sie sind weltanschaulicher Art.

Inoffiziell gibt es Stimmen im Ministerium, die aus Kostengründen eine eher ablehnende Haltung gegenüber einer Einbeziehung der Schloss-Fundamente in den Neubau des Berliner Stadtschlosses formulieren. Andererseits ist es wohl laut Ministerium so, dass der ursprünglich mit dem Neubau beauftragte Architekt, Franco Stella, eine Einbeziehung der historischen Kellerreste bereits mit eingeplant habe. Auch das ganz sicher im Sinne höherer Authentizität des Darüber. Wäre das Schloss ein Lebewesen, könnte man jetzt von Pfropfung sprechen, doch das Authentische ist noch nie mit der Replik ganz innerlich zusammengewachsen. Seis drum. Be. K.

Thematisch passende Artikel:

Schluss mit Schloss

Warum das Berliner Schloss im Augenblick ziemlich nackt aussieht; und wo man sich noch eine originale Schlosstapete kaufen könnte

Das Schloss kommt, leider möchte man sagen, und es schwingt neben allem Ärger über den Trotz, mit welchem hier ein unsinniges, ja völlig blödes Gebäude in die Welt gedrückt wird, auch ein wenig...

mehr

Schlossvertrag

Vertrag zum Berliner Schloss steht, das Schloss noch lange nicht

Zwei Tage vor Weihnachten kam die froh machende Botschaft: Am 22. Dezember 2011 hatte das Bundesbauministerium mit dem Land Berlin den Vertrag zum Bau des Berliner Schlosses geschlossen. Danach...

mehr
02/2020

Berliner Schloss? Wird teurer!

Schon Ende 2019 meldeten die Kollegen, dass die Humboldt Forum genannte Schlossreplik in Berlin um knapp 50?Mio.?€ teurer wird als die bis dato gehandelten 595?Mio.?€. Als Grund werden die...

mehr

Was wir uns leisten wollen; ein Schloss?

"Das müssen wir uns leisten können, und das leisten wir uns" (Kulturstaatsminister Neumann)

Am vergangenen Sonntag hat Kulturstaatsminister Bernd Neumann die gestiegenen Kosten für das Berliner Stadtschloss verteidigt. "Das müssen wir uns leisten können, und das leisten wir uns", sagte...

mehr

Mann mit Erfahrung

Mit Manfred Rettig erhält die "Stiftung Berliner Schloss - Humboltforum" einen erfahrenen Macher

Der Architekt und Städteplaner Manfred Rettig (57) ist zum Geschäftsführer der «Stiftung Berliner Schloss - Humboldtforum» bestellt worden, die den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses als...

mehr