Mit Bravoure ... Österreich, Belgien, Großbritannien

Lose Folge von Beiträgen zur 15. Architekturbiennale in Venedig 2016. Nr. 2

In loser Folge möchten wir Ihnen in den kommenden Wochen ein paar Eindrücke weitergeben, die wir auf den Previewtagen der 15. Architekturbiennale in Venedig für Sie (und uns!) gewinnen konnten. Wir möchten Ihnen Einblicke in die Beiträge von Spanien, der Schweiz, von Venezuela, Österreich, Polen, Japan ... geben und natürlich auch ein paar Blicke auf die Beiträge der Stars, die erstmals in der Architekturbiennalegeschichte eher am Rande eine Rolle spielen durften, manche waren gar nicht eingeladen. Und wir zeigen Ihnen die Beiträge der weniger bekannten aber nicht weniger guten Büros die uns wichtig erscheinen und in irgendeiner Weise Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnten. Was nicht so einfach ist in der Masse der Präsentationen nicht nur an den beiden großen Ausstellungsorten Giardini (Nationenpavillons) und Arsenale. Vielleicht macht das Hunger auf eine Reise in die schönste Stadt der Welt?!

Auf der 15. Architekturbiennale in Venedig geht es ums Grundsätzliche. Um die Rolle der Architektur in der alltäglichen Konfrontation mit Lebensumständen zum Beispiel. Mit möglichem Mangel an allem, mit Verlust durch Zerstörung, mit Geldknappheit, mit Energiemangel ... Aravena hat es geschafft, dass sich viele der Nationenbeiträge diesem Aspekt des sehr Pragmatischen in der Architektur sehr anschaulich gewidmet haben.

Der belgische Pavillon, der seinen Beitrag unter den Titel „Bravoure“ gestellt hat und der von Christoph Grafe mit architecten de vylder vinck taillieu, doorzon interieurarchitecten und Filip Dujardin kuratiert und bespielt wird, zeigt 13 Arbeiten von 13 Architekten im 1:1 Detail oder auf Fotografien, denen man nicht trauen sollte: Was echt ist und was falsch bleibt verborgen oder ist nur dem kundigen Augen offen.

Was Belgien damit beabsichtigt ist ein Verweis auf das Handwerkliche, auf die mögliche Bravour, mit welcher Architektur oder auch die Bilder von Architektur gefertigt werden oder gefertigt werden sollten. Um der Bedeutungslosigkeit des globalisierten Architekturgeschäfts im vor Ort Gefertigten zu entgehen. Möglicherweise.

Der britische Beitrag – in direkter Nachbarschaft zum deutschen Pavillon – steht unter dem Motto „Home Economics“. Kuratiert von Shumi Bose, Jack Self und Finn Williams zeigen die hier ebenfalls 1:1-Einbauten in den historischen Pavillon Möglichkeiten auf, wie unser Zuhause heute oder morgen aussehen könnte, welche Räume denkbar sind, wie sie offen bleiben müssen in ihrem Angebot von Fläche und Ausblick. Die Ausstellungsmacher bieten fünf Wohnmodelle an, die sie nach Stunden, Tagen, Monaten, Jahren und Jahrzehnten differenzieren und deren Aufbau und Nutzen allen möglich sein sollen. Dass dabei extrem reduzierte, teils unwohnliche Räume entstanden sind, ist vermutlich auch gewollt.

Die Österreicher schauen – vergleichbar dem deutschen Beitrag ebenfalls aus Anlass der Flüchtlingskrise – auf bereits gestartete Projekte in Wien. Konkret wurden drei Teams beauftragt, jeweils in Zusammenarbeit mit NGOs und unter dem Motto „Orte für Menschen“ die Adaptierung von leerstehenden Immobilien für die temporäre Unterbringung von Menschen in laufenden Asylverfahren zu planen und zu betreuen. Dabei arbeitete das Kuratorenteam unter der Leitung von Elke Delugan_Meissl mit Designern, Architekten aber auch den schon angesprochenen NGOs zusammen. Ziel ist es, die Zuständigkeit der Architektur für soziale Belange einem Reality-Check zu unterziehen und die Ergebnisse in Venedig einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Zusammengefasst liegen sie in einer Zeitung aus, die im Pavillon gelesen werden kann oder – gleichsam als Memento Architecturae – als Fotografie von vor Ort, die im Pavillon in Postergröße vorrätig sind und nach Hause – wenn denn vorhanden! – mitgenommen werden können.

Dass die Österreicher die Öffnung des Pavillons zum Garten aber auch die abgehängten schwarzen Decken etc. übernahmen, mit welchen Heimo Zobernig auf der letztjährigen Kunstbiennale sein Statement zum Thema „Alle Zukünfte der Welt“ abgab, tut nicht bloß der Ausstellung gut. Der so neutralisierte und geöffnete (!) Pavillon wird hier zur Nebensache, der Fokus liegt auf den hier gelagerten Informationen zu Projekten, die sich ganz weit weg befinden.

 


Die Pavillons sind – wie die Architekturbiennale insgesamt – noch bis zum 27. November 2016 geöffnet, täglich von 10 bis 19 Uhr.

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