Lina Bo Bardi: Together

Ausstellung im DAZ vom 13. Juni bis 17. August 2014

Im Theater wird eine Bühne lebendig, sobald die Schauspieler mit ihrer Aufführung beginnen. Genauso ist es mit der Architektur von Lina Bo Bardi: Ihre Gebäude fangen an zu leben durch die Energie, Vielfältigkeit und Kreativität der Menschen, die sie nutzen. Die Ausstellung „Lina Bo Bardi: Together“ ehrt das Werk der italienisch-brasilianischen Architektin Lina Bo Bardi (1914-1992), die in Brasilien ein beeindruckendes Erbe hinterlassen hat. Berlin ist nach London, Wien, Basel, Paris, Stockholm und Amsterdam bereits die siebte Station der Ausstellung und zeigt nicht nur das öffentliche Wirken Lina Bo Bardis, sondern auch ihre private Welt: Das Leben, das Lina Bo Bardi gemeinsam mit ihrem Mann Pietro Maria Bardi im Glass House (1951) führte.

„Die Freiheit des Künstlers war schon immer ‚individuell’, aber wahre Freiheit kann nur kollektiv sein. Eine Freiheit, die sich der gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist und die die Grenzen der Ästhetik überwindet...“ Lina Bo Bardi

Lina Bo Bardi, 1914 in Rom geboren, zog 1946 nach São Paulo, aber der Höhepunkt ihrer Arbeit kam erst in den Jahren 1958-1964, als sie während ihres Aufenthalts in Salvador de Bahia die Wurzeln der populären Kultur Brasiliens entdeckte. Bo Bardi schaffte es, die Werte der Moderne erfolgreich in diese populäre Kultur zu integrieren. Sie brachte hoch entwickelte Bautechniken in ihrem Entwurf des Museu de Arte Popular do Unhão zum Einsatz, die sie von lokalen Handwerkern gelernt hatte, und entwarf auch ein Handwerkerzentrum und eine Hochschule für Industriedesign. Sie sagte dazu: „Es sollte ein Museum im Sinne von ‚Kunst als Kunst’ werden – in dem Dinge einfach gemacht werden, alltägliche Happenings stattfinden.“

Jahre später wurde Lina Bo Bardi in São Paulo beauftragt, das SESC Pompéia zu entwerfen – ein Freizeitzentrum, das in einer ehemaligen Fabrik gebaut wurde. Sie entwarf den Ort ohne Hierarchie: Schwimmen war genauso wichtig wie das Erlernen von Webtechniken, ein Jazzkonzert oder Schachspielen. So entstand eine fröhliche Kultur der Vielfalt, die heute immer noch existiert in Räumen, in denen Alte und Junge interagieren.

Ihr Werk als Architektin, Bühnenausstatterin, Autorin, Zeichnerin, Möbeldesignerin und Kuratorin wurde laut der Ausstellungskuratorin Noemí Blager in seiner Bedeutung bis heute nicht vollständig gewürdigt.

Die Ausstellung – ein Gemeinschaftswerk von Noemí Blager, Madelon Vriesendorp (Künstlerin) und Tapio Snellman (Filmemacher) – konzentriert sich darauf, wie Menschen Lina Bo Bardis Gebäude nutzen. Sie reflektiert Bo Bardis Vision von einer Architektur der sozialen Verantwortung. Durch eine Art Nachstellung wird es dem Besucher ermöglicht, ihre Gebäude direkt in deren urbanem Kontext zu erleben. Genauso wichtig wie Bo Bardis Entwürfe und Gebäude ist ihre Sprache. Als Autorin gab sie ihren Gedanken zur Architektur in zahlreichen Texten eine Stimme – in der Ausstellung kann der Besucher diese hören und sehen: Die niederländische Künstlerin Madelon Vriesendorp hat einen von Papierhänden getragenen „Zitat-Regen“ gestaltet, ein Motiv, das Lina Bo Bardi selbst häufig gezeichnet hat.

In der Hauptinstallation interpretiert die Niederländerin die künstlerische Strategie Lina Bo Bardis für ein kollektives Kunstwerk neu: In von Vriesendorp geleiteten Workshops im Museum Solar do Unhã entstanden Objekte, die sie mit eigenen, von brasilianischer Populärkultur inspirierten Arbeiten sowie Artefakten brasilianischer Kunsthandwerker (Spielzeug, Gebrauchsutensilien, Kunst und zeremonielle Objekte) kombiniert.

Tapio Snellmans Filme erkunden Strukturen, Farben, Klänge und das Leben im SESC Pompéia (São Paulo) und verweisen auf Parallelen zur Stadt Salvador de Bahia. Darüber hinaus wird ein bereits in den 1980er Jahren gedrehter Dokumentarfilm über Bo Bardi gezeigt. Eine Timeline visualisiert die Höhepunkte ihres Lebens.

Fotografien von Ioana Marinescu und ein weiterer Film von Tapio Snellman gewähren einen Blick in die intime Welt des Glass House – Lina Bo Bardis Privathaus in São Paulo (heute Sitz des Instituto Lina Bo e P. M. Bardi). Sie zeigen Objekte, die Bo Bardi in ihrer eigenen Umgebung ausgestellt hat (von Spielzeug und Muscheln bis hin zu Kunst und recycelten Objekten).

Begleitet wird dieser Teil der Ausstellung von drei Prototypen des heute vom italienischen Unternehmen Arper produzierten Bowl Chairs. Ihn hatte Lina Bo Bardi 1951 entworfen: Seine halbrunde Sessel-Schale ruht in einer metallischen Ringstruktur und steht für ihre Vorliebe für einfache und funktionale, dennoch organische Formen.

Ausstellungseröffnung am 12. Juni 2014, 19.00 Uhr

Zur Eröffnung der Ausstellung sprechen die Kuratorin des Projekts, Noemí Blager, Heiner Farwick, Präsident des Bundes Deutscher Architekten BDA und Marco Benvegnù, Brand Manager Arper. Die Eröffnung findet in englischer Sprache statt.

Laufzeit und Öffnungszeiten

Die Ausstellung ist im DAZ vom 13. Juni bis zum 17. August 2014 mittwochs bis sonntags von 14.00 bis 19.00 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Deutsches Architektur Zentrum DAZ, Köpenicker Straße 48/49; 2. Hinterhof, Scharoun Saal, 10179 Berlin

Weitere Informationen unter: www.linabobarditogether.com



Lina Bo Bardi (1914-1992)

Lina Bo Bardi wurde 1914 als Achillina Bo in Rom geboren. Nach ihrem Architekturstudium zog sie nach Mailand und arbeitete im Studio von Gio Ponti. Danach eröffnete sie ihr eigenes Studio, das allerdings 1943 bei einem Bombenangriff zerstört wurde.
Nach diesem Ereignis wurde sie zu einer Aktivistin der Widerstandsbewegung. Nach dem Krieg heiratete sie den berühmten Kunstkritiker Pietro Maria Bardi, mit dem sie 1946 nach Brasilien zog. Zwei Jahre später widmete sie sich dem industriellen Design sowie der Innenarchitektur: Das „Bardis Bowl“-Projekt entstand in diesen Jahren.
1951 erhielt sie die brasilianische Staatsbürgerschaft und entwarf die Casa de Vidro. 1957 begann sie, das São Paulo Museum of Art (MASP) zu entwerfen – ihr erstes öffentliches Projekt, das 1964 eingeweiht wurde. Lina Bo Bardi ist 1992 in São Paulo gestorben.

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