Wärmebrücken vermeiden und sanieren

Die Standards für den Wärmeschutz haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Das hat dazu geführt, dass im Bestand zahlreiche unterschiedliche Maßnahmen ausgeführt wurden, die zum Teil nicht kompatibel sind. Vor allem bei Übergängen zwischen Bauteilen unterschiedlicher Stärke und Materialität sind so Wärmebrücken entstanden, die zu Bauschäden führen können. Doch auch der Neubau ist keinesfalls vor Wärmeverlusten und feuchten Wänden gefeit.

Bei der Errichtung und Sanierung von Gebäuden sind hinsichtlich der Anforderungen an den Wärmeschutz immer die Anforderungen des GEG (Gebäudeenergiegesetzes) bzw. der DIN 4108 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden“ zu beachten. Somit muss man sich bei der Planung auch mit dem Thema Wärmebrücken auseinandersetzen, da gemäß GEG (Gebäudeenergiegesetz) und DIN 4108 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden“ konstruktive Wärmebrücken so gering wie möglich zu halten sind. Doch was sind eigentlich Wärmebrücken?

Es gibt geometrisch bedingte Wärmebrücken, die durch das Aufeinandertreffen von unterschiedliche Bauteildicken bzw. durch unterschiedliche Außen- und Innenmessungen (z. B. Außenwand­ecke) entstehen. Ebenfalls gibt es materialbedingte Wärmebrücken, bei denen unterschiedliche wärmedurchlässige Gebäudeteile auf­einandertreffen. Jeder Baustoff bzw. jedes Bauteil weist unterschiedliche wärmedurchlässige Eigenschaften auf.

Wärmebrücken können konstruktivbedingt nicht überall vermieden werden, da insbesondere an Dach- und Deckenanschlüssen oder Fensteranschlüssen Materialwechsel vorliegen. Jedoch können die Auswirkungen der Wärmebrücken auf die geplante Nutzung durch zusätzliche Maßnahmen reduziert werden, damit keine Schäden am Gebäude entstehen. Dies ist bei der Planung von Neubauten und der Sanierung von Bestandsgebäuden zu berücksichtigen. Eine Detailplanung solcher Anschlüsse ist daher unvermeidbar und sollte durch einen Fachplaner erfolgen.

 

Erkennen von Wärmebrücken im Bestand

Die örtlichen Gegebenheiten müssen überprüft werden. Insbesondere muss festgestellt werden, welche Baumaterialen verbaut wurden und welche Dicken die Bauteile aufweisen. Kann dies nicht vor Ort ohne zerstörende Maßnahmen festgestellt werden, sind entweder zerstörende Untersuchungen oder eine Einsicht in die Bauunterlagen erforderlich. Mit der Ermittlung der Baumaterialien und Bauteildicken können dann entsprechende rechnerische Nachweise zum Wärmeschutz geführt werden. Auf die rechnerischen Nachweise wird in diesem Beitrag nicht weiter eingegangen.

Ebenfalls muss geprüft werden, ob die geplanten Maßnahmen sach- und fachgerecht entsprechend den Regeln der Technik ausgeführt wurden oder ob zum Beispiel die Wärmedämmung mit Fehlstellen verbaut wurde. Wärmebrücken können in genutzten Räumlichkeiten auch anhand von Oberflächentemperaturmessungen ermittelt werden. Dazu muss die Oberflächentemperatur an der möglichen Wärmebrücke gemessen werden.

Gemäß DIN 4108 muss an der ungünstigen Stelle (zum Beispiel Außenwandecke, Fensteranschluss usw.) eine Mindestoberflächentemperatur von 12,6 °C erreicht werden. Dabei ist jedoch zu überprüfen, ob in der Außenwandfläche bzw. an einer Innenwand ebenfalls eine ausreichende Oberflächentemperatur vorliegt. So lässt sich feststellen, ob durch die Nutzer eine ausreichende Beheizung der Räumlichkeiten erfolgt. Ferner ist die relative Luftfeuchtigkeit in den Räumlichkeiten zu messen, um festzustellen, ob eine ausreichende Belüftung durch die Nutzer vorgenommen wird. Auch Thermografien können zum Nachweis von Wärmebrücken durchgeführt werden.

Sollten die Thermografien und die Messung der Oberflächentemperaturen und relativen Luftfeuchtigkeit keine aussagekräftigen Messergebnisse in Bezug auf die örtlichen Gegebenheiten aufweisen, besteht die Möglichkeit, Langzeitmessungen durchzuführen. Bei einer Langzeitmessung (mindestens 14 Tage) wird der Wärmestrom, die Außentemperatur, die Innentemperatur, Oberflächentemperatur und die relative Luftfeuchte in den Räumlichkeiten gemessen. Bei den Messungen der Oberflächentemperatur sowie bei der Durchführung einer Thermografie oder einer Langzeitmessung ist zu beachten, dass Außentemperaturen um den Gefrierpunkt erforderlich sind (mindestens ∆ 15 K), um verwertbare Messergebnisse zu erhalten. Somit sind diese Verfahren lediglich in den Wintermonaten durchführbar.

 

Mögliche Schäden

Sind Wärmebrücken an einem Gebäude vorhanden, kann es in den Wintermonaten zu Kondenswasserbildungen im Bereich der Wärmebrücken kommen. Ebenfalls können Schimmelpilzbildungen in diesen Bereichen entstehen. Diese führen zu einer Unbehaglichkeit in der Nutzung des Gebäudes. Ferner führen Wärmebrücken zu erhöhten Transmissionswärmeverlusten, also zu einem erhöhten Wärmeverlust über das entsprechende Bauteil bzw. den Bauteilanschluss.

 

Was sind zum Beispiel typische Wärme-
brücken?

– Balkone an Neubauten

– Nachträglicher Anbau von Balkonanlagen an Bestandsgebäuden

– Energetische Fassadensanierung ohne Sockel- und Kellerdeckendämmung an Bestandsgebäuden

– Innendämmung mit fehlender Keildämmung an angrenzende Bauteile

An den o. g. Beispielen wird im Nachfolgenden auf die Ursache der Wärmebrücke und die Möglichkeit der Verhinderung der Wärmebrücken eingegangen.

 

Balkone an Neubauten

Bei der Errichtung von Gebäuden werden immer häufiger Balkone berücksichtigt, da diese die Wohnqualität der Nutzer erhöhen. Ferner steigern diese die Mieteinnahmen für Kapitalanleger. Im Neubau werden Balkone in der Regel mittels der Verlängerung der Betondeckenplatte hergestellt (Bild 1). Somit ist diesem Bereich zu beachten, dass eine Wärmebrücke vorhanden sein kann, sofern in diesem Bereich keine zusätzlichen Maßnahmen geplant und ausgeführt werden.

Dies wird damit begründet, dass an die Balkonplatte keine Anforderungen hinsichtlich des Wärmeschutzes bestehen, da es sich um ein Außenbauteil handelt, das von allen Seiten an Außenluft grenzt. Jedoch stellt der Balkonanschluss in das gedämmte Außenmauerwerk eine Wärmebrücke dar. Diese Wärmebrücke kann zu Schimmelpilzbildungen im Anschlussbereich Außenwand/Decke unterhalb der Balkonplatte führen. Daher müssen in diesem Bereich zusätzliche Maßnahmen geplant werden.

Um in diesem Bereich eine Wärmebrücke zu verhindern, ist entweder eine Wärmedämmung an der Ober- und Unterseite sowie an den Stirnseiten der Balkonplatte anzubringen oder die Deckenplatte ist durch ein thermisches Trennelement von der Wohnungsdecke zu trennen.

Nachträglicher Anbau von Balkonanlagen

Der nachträgliche Anbau von Balkonanlagen an Bestandsgebäuden erfolgt ebenfalls immer häufiger, da auch in Altbauten die Lebensqualität der Nutzer gesteigert werden soll. Ferner handelt es sich um eine Modernisierung, die sich auch auf die Mieteinnahmen für die Kapitalanleger auswirken.

Die Errichtung von nachträglichen Balkonanlagen kann in unterschiedlichen Bauweisen erfolgen. Zum Beispiel können Balkonanlagen vor die Außenwand aufgestellt werden; dies führt zu keiner Wärmebrücke, da die Balkonplatten nicht in der Außenwand verankert sind.

Jedoch werden oft auch nachträglich Balkone angebaut, die direkt in der Außenwand aufliegen;  diese Auflagerbereiche können eine Wärmebrücke darstellen, wenn keine zusätzlichen Maßnahmen geplant und ausgeführt werden.

Im Nachfolgenden wird auf ein Praxisbeispiel eingegangen, bei dem an einem Altbau (Baujahr ca. 1900) bei der Sanierung in den 1990er-Jahren nachträglich eine Balkonanlage angebaut wurde.

Das Gebäude weist ein Außenmauerwerk aus Vollziegel mit einer Dicke von ca. 45 cm inkl. Innen- und Außenputz auf. Eine Wärmedämmung an der Außen- oder Innenseite wurde nicht angebracht. Die damals während der Sanierung gültigen Anforderungen an den Wärmeschutz gemäß DIN 4108 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden“ sind eingehalten.

In der Außenwand liegt die Holzbalkendecke auf. Im direkten Auflagerbereich der Holzbalkendecke wurde die Balkonanlage in der Außenwand aufgelagert. Bei der Balkonanlage handelt es sich um eine Beton-Stahl-Konstruktion (Bild 2). Bei der Prüfung der Auflager der Balkonanlage wurde festgestellt, dass die Stahlträger längs in der Außenwand aufliegen und weitere Querstahlträger an diesen angeschlossen sind (Bild 3). Wärmedämmende Maßnahmen im Mauerwerk an den Stahlträgern wurden nicht vorgenommen.

In den Wintermonaten ist es dann jährlich zu einer massiven Kondenswasserbildung und zu Schimmelpilzbildung in den Außenwandbereichen gekommen. Zum Zeitpunkt der Bauteilöffnungen wurde ebenfalls Kondenswasserbildungen an den Stahlträgern festgestellt. Ferner wurde nach der Freilegung des Auflagerbereichs festgestellt, dass die Holzbalkendecke einen holzzerstörenden Pilzbefall aufweist. Nachträglich ist es nicht möglich, dass die Auflagerbereiche der Balkonanlage umlaufend gedämmt werden können.

Eine Sanierungsmöglichkeit wäre, dass die Balkonplatten sowohl an der Ober- und Unterseite sowie an den Stirnseiten gedämmt werden. Dabei sind die Anforderungen aus dem GEG (Gebäudeenergiegesetz) einzuhalten.

Sofern eine ener­getische Sanierung lediglich an den Balkonplatten erfolgt, wird im Anschlussbereich zwischen den gedämmten Balkonplatten und der ungedämmten Außenwand weiterhin eine Wärmebrücke bestehen bleiben, da nun die Balkonplatten die Anforderungen aus dem GEG einhalten und die ungedämmte Außenwand diese Anforderungen nicht erfüllen. Die Außenwand orientiert sich an dem Mindestwärmeschutz gemäß DIN 4108 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden“, der in den 1990er-Jahren und somit zum Zeitpunkt der Sanierung gültig war. Die Anforderungen an den Wärmeschutz haben sich jedoch seit den 1990er-Jahren bis heute deutlich erhöht.

Das heißt, dass in diesem Zusammenhang ebenfalls eine wärmeschutztechnische Fassadensanierung erforderlich ist. Es gibt weitere Sanierungsmöglichkeiten zu diesem Praxisbeispiel, die jedoch in diesem Betrag nicht vorgestellt werden.

 

Sockel- und Kellerdeckendämmung

Insbesondere bei der energetischen Fassadensanierung an Bestandsgebäuden werden oft nachträgliche Wärmebrücken an Gebäuden geschaffen, da die Fassadendämmung nicht ausreichend weit unterhalb des Erdgeschossfußbodens bzw. der Kellerdecke angebracht wird (Bild 4). Die Kellerdecke wird bei der energetischen Sanierung ebenfalls häufig außer Acht gelassen und nicht gedämmt. Eine Wärmebrücke ist dann vorhanden. In der Regel ist eine Schimmel­pilzbildung an den Außenwänden im unteren Wandbereich des Erdgeschosses erkennbar. Die Beseitigung der Wärmebrücke kann durch die Anbringung einer nachträglich Sockel­dämmung sowie einer Innendäm­­mung an der Kellerdecke erfolgen.

 

Fehlender Dämmkeil

Bei denkmalgeschützten Gebäuden erfolgt in der Regel die energetische Sanierung an den Hof­außenwänden sowie an freistehenden Giebelwänden. Die straßenseitigen Fassaden dürfen bei diesen Gebäuden oftmals nicht energetisch saniert werden, da sie unter Denkmalschutz stehen. Somit entsteht an der Außenwandecke zwischen gedämmter und ungedämmter Außenwand eine Wärmebrücke (Bild 5). Es kann im Bereich der Außenwandecke zu einer Schimmelpilzbildung kommen. Um diese Wärmebrücke zu beseitigen, muss an der Innenseite der straßenseitigen Außenwand eine vollflächig verklebte Innendämmung angebracht werden. Dabei ist zu beachten, dass an der Innenseite der angrenzenden gedämmten Außenwand sowie beidseitig an die angrenzenden Innenwände ein Dämmkeil eingebaut wird, um in den Wandecken die Wärmebrücke beseitigen zu können. Die angrenzenden Decken sind bei den Dämmmaßnahmen ebenfalls zu berücksichtigen. Fehlen die Dämmkeile an den angrenzenden Bauteilen, kann es erneut in den Anschlussbereichen zu einer Schimmelpilzbildung aufgrund einer Wärmebrücke kommen.

 

Fazit

Somit bleibt insgesamt festzustellen, dass bei der Errichtung von Neubauten bzw. bei der Planung einer energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden ein besonderes Augenmerk auf Bauteilanschlüsse mit unterschiedlichen Baustoffen bzw. Bauteildicken gelegt werden muss, um Schäden am Gebäude und die damit verbunden Unbehaglichkeiten für die Nutzer zu vermeiden. Ferner sind insbesondere bei Bestandsgebäuden die Anforderungen an den Wärmeschutz aus der Zeit der Errichtung bzw. der letzten Sanierung zu beachten. Deshalb sind Fachplaner zu beauftragen, die entsprechende Maßnahmen im Detail planen können. Dies vermeidet im Nachgang die aufwändige Ermittlung von Schadensursachen sowie Sanierungen, die sehr kostenintensiv sein können.

 

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