Mit KI Bauprojekte identifizieren?

Manche Kolleginnen gehen auf den Golfplatz und mühen sich, andere besuchen Fachveranstaltungen, Stammtische oder größere Kulturevents, um „in den Markt hineinzuhorchen“, vulgo: vorzufühlen, anzubieten, Aufträge zu akquirieren. Das gelingt den Gutvernetzten besser als den Einzelkämpfern, stimmt das Handicap, gibt es vielleicht gar einmal einen Großauftrag.

All diesen Akquise-Strategien ist eines gemeinsam: Die Akquisiteure wollen die ersten sein und sich damit auch an möglichen, aber erst noch kommenden und also für den ersten Zugriff zu späten Auswahlverfahren vorbeischieben. Legal? Legitim? In jedem Fall vielfach gepflegt.

Aber nun soll dieses auch zeitaufwendige und manchmal wie im Nebel Herumtastende effizienter zu gestalten sein: mit der KI. „Künstliche Intelligenz“, so ein erst ein paar Jahre altes Start-up mit Sitz in Wien, „identifiziert Bauprojekte der Zukunft“. Das Unternehmen, das technologisch zusammen mit der TU Wien kooperiert, setzt auf das B2B-Geschäft in Sachen Akquise. Immer mehr Unternehmen, so die Gründer, setzten auf KI, um frühzeitig potenzielle Bauvorhaben zu erkennen und damit ihre künftige Auftragslage strategisch zu steuern. Was helfen soll, die heute noch gängigen Vorausgespräche um ein weiteres zu überbieten. Theoretisch ist es denkbar, dass die KI Projekte ausmacht, die Bauherrschaften so deutlich noch nicht vor Augen hatten, die aber möglich sind.

Die Technologie, so thinkers.ai, greife dabei auf eine große Masse öffentlich zugänglicher und teilweise spezialisierter Datenquellen zu – auf Widmungsspläne, Unternehmensexpansions- oder Haushaltspläne kommunaler Behörden. Durch die Analyse dieser Daten soll die KI Muster erkennen, die frühzeitig auf künftige Bauvorhaben hindeuten – lange bevor diese offiziell ausgeschrieben oder bekannt gemacht werden.

Viele Fragen sind hier offen, insbesondere die des Datenschutzes, aber auch der Verlässlichkeit der eingekauften Daten: Gerücht, Hazardspiel der Politik, Datenfehler? Trotz allem aber ist der Trend eindeutig: Die Rolle von KI in der Projekt-akquise der Baubranche wächst, was auch getrieben wird von Unternehmen, die hier Geschäftsfelder sehen. Inwieweit Angebote dieser Art das klassische Wettbewerbs- und Ausschreibungsgeschäft ersetzten oder zumindest irritieren, das werden wir erleben, auf dem Golfplatz, in den Vorzimmern der politischen Entscheider oder auch einmal vor Gericht. Be. K.

www.thinkers.ai/de

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