Liebe Leserin, lieber Leser,

in der letzten Ausgabe für dieses Jahr widmen wir uns dem Kerngeschäft der Architektur: dem Wohnen. Und obwohl das Thema so altbekannt wie allgegenwärtig ist, braucht es hierzulande schon einen Turbo und im Zweifel ganz neue Gesetze, um diesem Kerngeschäft gerecht zu werden, weil es offensichtlich vor allem an bezahlbarem Wohnraum fehlt. Eine sich wandelnde Gesellschaft mit diversen Lebensentwürfen und Bedürfnissen verschärft diesen Mangel. Das gilt in der Stadt wie auf dem Land und das nicht nur hier, sondern auch in anderen Ländern.

Was also tun? Was kann die Architektur leisten und wie muss sie beschaffen sein, um den Herausforderungen gerecht zu werden? Diese Fragen haben wir mit EMI Architekt*innen aus Zürich besprochen und kamen nach intensiver Debatte zu einem konkreten architektonischen Ansatz: dem Skelettbau. Dieser erlaubt die nötige Wandelbarkeit, um den diversen Bedürfnissen immer wieder neu gerecht werden zu können. Das zahlt auf die gewünschte Nachhaltigkeit der Substanz ein, auch weil diese konstruktiv minimal ausfällt, während sie die nutzbaren Flächen maximiert.

Beispielhaft dafür stellen wir Ihnen vier Projekte vor. Beginnend mit dem WohnWerk in Mannheim von DGJ Architektur (S. 22 ff.), das wegen des Einsatzes von Holz als Baumaterial hervorsticht. DGJ selber verweisen bei ihrem Projekt auf das Platzangebot, das der Skelettbau macht, wobei die Quadratmeter reduziert und die Flexibilität der Grundrisse zu Gunsten der Hausgemeinschaft maximiert werden konnte. Das von unseren Heftpartnern EMI entworfene Hochhaus am Triemli Platz in Zürich (S. 28 ff.), genannt „Die Sphinx“, nutzt die Skelettkonstruktion auch als raumprägendes Element. Die schräg gestellten Wände der verschiedenen Wohnungen stellen die tragenden Stützen immer wieder frei, wodurch diese die Räume subtil zonieren. Basierend auf der bereits beim „Wohnregal“ erprobten, standardisierten Bauweise kommen FAR frohn&rojas sogar ohne Stützen im Grundriss aus. Das Wohnprojekt an der Lion-Feuchtwanger-Straße in Berlin Marzahn-Hellersdorf (S. 34 ff.) überspielt dabei mit seiner prägnanten Form die Komplexität, die der Konstruktion zu Grunde liegt und bietet eine Vielzahl an Grundriss­varianten, was die Flexibilität der Bauweise unter Beweis stellt. Beim Haus im Garten von Loeliger Strub nahe Zürich (S. 40 ff.) wurde das Interieur als langgezogenes Möbel entlang der Nordseite des Gebäudes eingebaut und der Rest der Flächen lediglich durch Funktionskerne und leichte Schiebewände unterteilt. Der Raum wird so eher durch Schwellen als durch Wände definiert. Über den Architekturteil hinaus stellen EMI zudem in der Rubrik Bautechnik ihre beiden Projekte auf der Weststrasse und im Winkelbau vor (S. 46 ff.). Auch diese beiden basieren auf einer Skelettkonstruktion, wobei sie im Bestand bereits vorhanden war. Der Nutzungswandel beweist, wie nachhaltig diese Bauweise ist. Es schlummern also durchaus Potenziale im Skelettbau.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine inspirierende Lektüre,

Ihr

Hartmut Raendchen

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