Landesbauordnungen novelliert

Man mag das föderale System in Deutschland für eine temporeiche und eben bundeseinheitliche Erneuerung als hinderlich ansehen, aber über alles „Das ist historisch erklärbar“ hinaus kann man dennoch immer wieder erkennen, dass es in wichtigen Fragen bundesweit voran geht mit dem Erneuern. Beispielsweise die Landesbauordnungen, von denen in diesem Jahr in einigen Bundesländern – auch auf Druck aus Berlin – sogenannte Novellierungen angefasst und vom Gesetzgeber beschlossen wurden.

Die tiefgreifendsten Änderungen beziehen sich auf neue Abstandsregeln, den digitalen Bauantrag oder auch auf die damit erhoffte Beschleunigung von Genehmigungs- und Planungsverfahren. Auch soll der Personenkreis der Antragstellerberechtigten auf beispielsweise Handswerksmeister erweitert werden. Es lohnt sich, bei der Kammer anzufragen, welche Veränderungen sich ergeben, viele greifen schon ab dem 1.1.2024.

Wir nehmen den Beschluss der LBO NW Ende Oktober dieses Jahres zum Anlass, auf die Erneuerung (Novellierung) der LBOs bundesweit hinzuweisen, auch, weil die Architektenkammer NW unter dem Titel „Gute Impulse, risikobereite Umsetzung“ ihre Einschätzung der künftigen Bauordnung als eine positive verbreitet. Die Novelle sei ein „Ausdruck einer ausgeprägten Innovationsbereitschaft für wichtige Aufgabenfelder des Bauens: weitere Digitalisierung, mehr Ökologie, schnellere Verfahren und damit Dämpfung der Baukosten.“ Allerdings schreibt die Kammer, hier der Präsident Ernst Uhing, auch: „Wir hätten uns für mehr Klimaschutz beim Bauen noch etwas mehr gewünscht. So haben wir vorgeschlagen, für jedes Bauvorhaben eine Ökobilanz verpflichtend zu machen“, womit Bauherrinnen endlich die Chance erhielten, echte Nachhaltigkeit zu beauftragen. Nach wie vor interessiere man sich beispielsweise zu wenig dafür, mit welchem Aufwand Wärmeverbundsysteme produziert und in einigen Jahrzehnten entsorgt werden müssen.

Als Beitrag zu schnelleren Genehmigungsverfahren sieht die Kammer die Reduzierung des Prüfaufwands. So prüft die Bauordnungsbehörde zukünftig im sogenannten vereinfachten Genehmigungsverfahren viele Kernbestandteile des Bauordnungsrechts nicht mehr. Es entfällt die Prüfung für vieles, was zum baukulturellen Anspruch von Städten und Gemeinden gehört: beispielsweise die Gestaltung von Freiräumen, Werbeanlagen und Parkplätzen. Das Instrument der Genehmigungsfreistellung wird für Wohngebäude auf die Gebäudeklasse 4 erweitert. Das bedeutet, dass in Gebieten mit Bebauungsplänen bis knapp unter die Hochhausgrenze ohne Baugenehmigung gebaut werden darf.

Die neue LBO übertrage, so die Kammer weiter, mehr Verantwortung auf die Bauvorlageberechtigten. Die Baugenehmigung sei damit eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nach dem Vieraugenprinzip, an der sowohl Behörden als auch die Bauherrschaft interessiert seien.

Die Architekten in Nordrhein-Westfalen müssen sich auf umfassende Änderungen einstellen. Die Kammern sind aufgefordert, passende und umfassende Fortbildungen anzubieten. Und man werde weiter daran arbeiten, über veränderte (vereinfachte) Baustandards zu diskutieren: „Dem entsprechenden Aufruf von Bauministerin Ina Scharrenbach folgen wir gerne“, so der Präsident, „Vorschläge dazu haben wir!“ Be. K.

www.aknw.de
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