Heimsuchung. Das KGM am Kulturforum
Das Kulturforum in Berlin ist eine Dauerbaustelle. Seit Jahren wird an diesem städteplanerisch zentralen Ort saniert, rekonstruiert und neu gebaut. Neben Scharoun- und Mies-Bauten sowie dem im Entstehen begriffenen Kunsttempel von Herzog & de Meuron steht seit nunmehr 40 Jahren ein eher ungeliebtes Haus am nördlichen Rand: das von Rolf Gutbrod entworfene Kunstgewerbemuseum (KGM). Im Kontext seiner letzten großen Sanierung, seiner Neufassung, schrieb ich 2014, dass man Gebäuden ihre funktionalen Defizite leicht verzeiht, wenn Architektenname, internationales Renommee und politscher Wille im positiven Resonanzraum stimmen. So bei der vis-a-vis liegenden Neuen Nationalgalerie, die von Beginn an Tempel war und nicht „Betonbunker“, wie das Kunstgewerbemuseum schon während seiner Entstehungszeit 1967-1985 bezeichnet wurde und mit dem Siegel des bis heute so gerne missverstandenen Begriffs „Brutalismus“ totale Ablehnung erfuhr. Das ging so weit, dass Gutbrod als Chefplaner am Kulturforum abgesetzt wurde.
2004 gab es einen Wettbewerb zur „Behebung von funktionalen Defiziten“, den das Büro Kühn Malvezzi, Berlin, gewonnen hatte, das Ende 2014 seine Arbeit präsentieren konnte. Mittlerweile ist das Haus immer noch nicht glücklich erschlossen durch die – von Stephan Braunfels theoretisch gesprengte – „Piazetta“, die 1985 eröffnet wurde.
Doch statt Sektkorken und Sonntagsreden knallen zu lassen, lädt uns das KGM zur aktiven Beschäftigung nicht nur mit der Historie des Hauses ein, sondern vor allem zur Diskussion über seine Zukunft: mit einer Sonderausstellung („Heimsuchung: 40 Jahre KGM am Kulturforum“) als eine Art Séance, ein gemeinsames Hinhören auf die Echos der Vergangenheit, die Potenziale der Gegenwart und die noch ungeschriebenen Zukünfte des Hauses (bis zum 14. Juni 2026).
Die Ausstellung spürt der Gründungsidee des Hauses nach, das einmal für die Geschmacksbildung von Handwerkern gedacht war, eine „Unterrichtsanstalt“ mit Vorbildsammlung.
Wie aber funktionieren diese tief im 19. Jahrhundert verwurzelten pädagogischen Vorstellungen im 20. Jahrhundert? Welche Konflikte ergaben sich? Was ist vom Gründungsgedanken übriggeblieben bzw. wie wurde er durch das 20. Jahrhundert in unsere Zeit transferiert? Die Ausstellung blickt nach vorn und begreift Zukunft als offenen Prozess mit großem Gestaltungsspielraum. Angesichts notwendig anstehender Veränderungen, wie Renovierung, Sanierung und inhaltlicher Neuausrichtung, stellt die Ausstellung die Zukunft des KGM zur Diskussion. Als eine offene Frage, die in der Sprache der Institution gestellt wird: als Einladung an uns alle, am nächsten Kapitel mitzuwirken. Es geht also wieder mal voran am Kulturforum und wieder fragt sich der Autor: Wohin voran? Be. K.
