Wohnbau Hummelkaserne, Graz/AT
Auf dem Areal der ehemaligen Hummelkaserne in Graz entstand 2016 mit vier sechsgeschossigen Bauten der seinerzeit höchste Holzwohnungsbau Österreichs. Bedeutender ist allerdings, mit welch hoher Qualität – bezogen auf Gestaltung, Nachhaltigkeit und Sicherheit – der hier geforderte soziale Wohnungsbau umgesetzt worden ist.
Leistungsstarke Massivholzelemente
Aus Schallschutzgründen wurde auf die Brettsperrholzebene eine ungebundene Schüttung plus Trittschalldämmung aufgebracht. Zudem sind die Decken an den Außenwandauflagern durch Elastomerlager entkoppelt. In den Wohnungen wurden unter den Decken zum besseren Schallschutz Gipskartonplatten mit Federbügel befestigt.
Bei den Wandscheiben handelt es sich um MM Crosslam-Brettsperrholzelemente, die zusätzlich von innen zweifach mit Gipskarton beplankt wurden. „Man hätte hier aus statischen Gründen auch auf eine Beplankung verzichten und die Brettsperrholzelemente auf Abbrand dimensionieren können“, erklärt Thomas Bereuter von der Holzbaufirma Kaufmann Bausysteme. „Da der Bauherr aber ohnehin weiße Oberflächen gewünscht hat, haben wir die innen liegende Beplankung brandschutztechnisch wirksam ausgeführt.“ Gedämmt wurde mit einer 28 cm starken Mineralwolldämmung hinter einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade aus Lärchenholz.
Brandschutz im mehrgeschossigen Holzbau
Brandschutztechnische Grundlage für den Bau war die österreichische OIB-Richtlinie, die Gebäude der Klasse 5, also bis zu sechs Geschossen, in Holzbauweise zulässt. Am Standort Reininghaus gilt zudem die steierische Bauordnung. Die hierin geforderte Brandwiderstandsklasse beträgt nicht wie sonst üblich REI90, sondern lediglich REI60.
Ein wichtiges Brandschutz-Thema ist im Geschosswohnungsbau mit Holzverschalung zudem der Brandüberschlag. Aus diesem Grund entschieden sich die Architekten, an der Westseite der Gebäude durchlaufende Balkone aus Stahlbetonfertigteilen zu realisieren, die auf Stahltraversen sitzen. Diese werden wiederum von Stahl- beziehungsweise von Holzstützen (an der Fassade) getragen. An den drei anderen Gebäudeseiten sind verzinkte Stahlbleche so in die Fassade integriert, dass sie diese gliedern und zugleich brandschutztechnisch wirksam werden. Die Bleche sitzen dabei jeweils oben und unten vor der Dämmung und unterbrechen so die Kaminwirkung der Hinterlüftungsebene. Als dritte Maßnahme sind die Fenster von Geschoss zu Geschoss versetzt zueinander angeordnet.
Alternative Modulbau?
In einer früheren Planungsphase war übrigens auch über Holzmodulbau nachgedacht worden. „Wirklich wirtschaftlich ist der Modulbau allerdings nur dort, wo in den einzelnen Modulen auch relativ viel Installation verlegt werden muss“, erklärt hierzu Architekt Obracay. „Hotels, Studierendenwohnheime oder andere Unterkünfte, in denen ein Modul einem Zimmer mit integrierter Nasszelle entspricht, sind prädestiniert für den Modulbau. Bei diesem Projekt stellte sich diese Bauweise als nicht wirtschaftlich heraus.“ ⇥Nina Greve, Lübeck
Baudaten
Objekt: Holzwohnbau Hummelkaserne, Graz/AT
Standort: Maria-Pachleitner-Straße, Graz/AT
Architekt: sps÷architekten zt gmbh, Simon Speigner, Thalgau/AT,
www.sps-architekten.com
Mitarbeiter: Dirk Obracay (Projektleitung), Julia Tanzberger, Evelyn Schernthanner, Gaby Mayer, Sabrina Wallinger, Barbara Brandstätter
Bauleitung: Christoph Brunner GmbH, Graz/AT
Generalunternehmer: Kaufmann Bausysteme GmbH, Reuthe/AT,
www.kaufmannbausysteme.at
Bauzeit: Januar 2015 – Juli 2016
Fachplaner
Tragwerksplaner: merz kley partner ZT GmbH, Dornbirn/AT,
www.mkp-ing.com
TGA-Planer: Planungsteam E-Plus GmbH, Egg/AT, www.e-plus.at
Akustikplaner: Dr. Lothar Künz ZT GmbH, Hard/AT,
www.bauphysik-kuenz.at
Energieplaner: elektrodesign Fröhle René, Schlins/AT,
www.elektrodesign.at
Brandschutzplaner: IBS – Technisches Büro GmbH, Linz/AT,
www.ibs-tb.at
Projektdaten
Grundstücksgröße: 11 021 m²
Grundflächenzahl: 1 551,12 m²
Geschossflächenzahl: 9 307 m²
Nutzfläche gesamt 7 340 m²
Wohnnutzfläche: 5 695 m²
Brutto-Grundfläche: 9 307 m² ohne Tiefgarage
11 875 m² mit Tiefgarage
Brutto-Rauminhalt: 27 065 m³ ohne Tiefgarage
32 793 m² mit Tiefgarage
Baukosten (nach DIN 276)
KG 200 (netto): 10 000,00 €
KG 300 (netto): 7,25 Mio. €
KG 400 (netto): 2,25 Mio. €
KG 500 (netto): 105 000 €
KG 700 (netto): 1,15 Mio. €
Gesamt netto: 10,77 Mio. €
Energiebedarf
Primärenergiebedarf: k.A.
Endenergiebedarf: 62,36 kWh/m²a
Gebäudehülle
U-Wert Außenwand Holzbau = 0,125W/(m²K)
U-Wert Bodenplatte erdberührt = 0,101 W/(m²K)
U-Wert Dach Flachdach=
0,092 W/(m²K)
U-Wert Fenster = 1,08 W/(m²K)
U-Wert Verglasung = 0,60 W/(m²K)
Hersteller
Dach: Sika Österreich GmbH,
www.aut.sika.com
Fenster: Gaulhofer Industrie Holding GmbH, www.gaulhofer.com
Wand, Decke: Mayr Meinhof Holz Gaishorn GmbH, www.mm-holz.com
Dämmung Bodenplatte: Austrotherm AG, www.austrotherm.at
Dämmung Außenwand: Saint-Gobain Isover Austria GmbH,
www.isover.at
Türen/Tore: Domoferm International GmbH, www.domoferm.com; Hörmann Austria GmbH,
www.hoermann.at
Trockenbau: Saint-Gobain Rigips Austria GesmbH, www.rigips.com
„Das Wohnbauprojekt der Superlative in Massivholzbauweise/Elementbauweise ist Vorreiter in Österreich und ein Beispiel für erfolgreiche Umsetzung eines Holzbaus nach Inkrafttreten neuer Brandschutzvorschriften in der Steiermark. Infolge hoher Vorfertigung war die schnelle Bauzeit von vier Tagen pro Geschoss möglich. Ein hohes architektonisches Niveau ohne Erhöhung der Baukosten im Vergleich zu herkömmlichen Materialien ist hier erreicht worden.“
DBZ Heftpate Thomas Kruppa, FAT ARCHITECTS