Wie kann ich BIM erfolgreich implementieren?

Die folgenden sechs Phasen helfen Ihnen dabei, BIM erfolgreich und ressourcenschonend  zu implementieren.

Building Information Modeling ist ein Buzzword geworden und wird von viel zu vielen immer noch belächelt oder gar nicht wahrgenommen. Mit der vorgeschriebenen Anwendung bei öffentlichen Ausschreibungen seit 2020 durch die Bundesministerien und den Stufenplan „Digitales Planen und Bauen“ ist nun aber eindeutig, dass sich jeder mit der Methode auseinandersetzen muss, denn auch die Privatwirtschaft schließt sich zunehmend der Forderung des Markts an.

Vorab sei verraten: Die Wahl der richtigen BIM-Software ist dabei sicherlich nicht entscheidend. Entscheidend ist die Mitnahme der Mitarbeiter über alle Stufen des Change-Managements.

Eine Zukunftswerkstatt ist oft ein guter Start, definieren Sie die BIM-Ziele und die Mehrwerte der BIM-Methode für Ihr Unternehmen. Eine Clusterung in Übergeordnet, Planen, Bauen und Betreiben kann dabei helfen. Laden Sie zum Zieleworkshop alle relevanten Entscheidungsträger und BIM-Verantwortlichen ein. Gründen Sie eine BIM-Taskforce, die aktiv die Implementierung im Unternehmen unterstützt und vorantreibt. Dabei kann es hilfreich sein, einen Berater in das Unternehmen zu holen, der professionell und mit dem Blick von außen unterstützt und mit Ihnen gemeinsam die bisherigen Prozesse und die vorhandene IT-Struktur anschaut und mit Ihnen die für Sie und Ihr Unternehmen geeignete Lösung und die zugehörige Roadmap entwickelt.

Die iwb Ingenieurgesellschaft hat 2017 mit der Implementierung begonnen, denn mittelfristig sieht das Unternehmen mit der Einführung der BIM-Methode Möglichkeiten zur Erweiterung des Leistungsportfolios. iwb hat dazu mit einem externen Berater zusammengearbeitet. Der geschäftsführende Gesellschafter Jan Laubach schildert die Erfolge und Herausforderungen.

Initialisierung: Der Einstieg sind die Zieldefinition und die Überlegungen, welche BIM-Anwendungen in Ihrem Unternehmen überhaupt Prozesse optimieren können. Auch ist es wichtig, ein gemeinsames Verständnis von der BIM-Methode zu erhalten. Ein Halbtagesworkshop hilft hier, eine gemeinsame Sprache zu finden.

Herr Laubach, was werden Sie zukünftig anwenden?

Laubach: Wir werden uns im ersten Schritt auf die Generalplanung bis LPh 7 für die Leistungsbereiche Gebäudeplanung, Technische Ausrüstung und Bauphysik sowie die Tragwerksplanung konzentrieren. Für mich ist aber auch der Bereich der Bestandsdaten und Dokumentation bis hin zur Betriebsübergabe und des Monitorings eine extrem interessante Möglichkeit zur Produkterweiterung der iwb.

Analyse: Um zu verstehen, von wo aus Sie starten, ist es wichtig, den Ist-Zustand im Unternehmen zu erfassen. Dazu eignen sich Umfragen, besonders aber gezielte Interviews mit entsprechender Auswertung. Um eine Struktur der Untersuchung vorzugeben, empfehlen sich die fünf BIM-Faktoren: Mensch, Prozesse, Daten, Technologie und Rahmenbedingungen. Um den eigenen Reifegrad (Maturity-Level) genau zu ermitteln, ist es wichtig, sich realistisch und ehrlich einzuschätzen. Gerade jetzt sollten Probleme und Optimierungspotentiale auf den Tisch gebracht werden.

Herr Laubach, wie haben Sie das in Ihrem Unternehmen gemacht?

Wir pflegen in der iwb ein offenes, aber auch konstruktiv kritisches Miteinander. In der Tat haben wir in Vorbereitung auf einen BIM-Workshop „Wo stehen wir?“ Interviews in unserem Unternehmen zu den von Ihnen genannten Punkten durchgeführt, um zu sammeln, wo wir stehen. Unter allen diesen Punkten wurde dann ein dicker sachlicher Strich gezogen und dies war die ideale und neutrale Basis, um die nächsten Schritte der Umsetzung einzuleiten.

Definition: Nun gilt es, sich den Maßnahmen zu widmen, die notwendig sind, um den Soll-Zustand zu erreichen. Dazu wird das Ziel-Bild (Soll-Zustand) mit dem Ist-Zustand abgeglichen und jedes auftauchende Delta mit einer Implementierungsmaßnahme belegt. Dieser Maßnahmenkatalog bildet die Grundlage für eine Roadmap, in der die Maßnahmen auf dem Zeitstrahl verteilt werden. Dabei sind die Ressourcen (Personaleinsatz und monetäre Ressourcen) und Auswirkungen auf andere Bereiche zu berücksichtigen. Zusammengefasst haben Sie danach eine Strategie, wie Sie Building Information Modeling im Unternehmen einführen möchten.

Herr Laubach, deckt sich das mit Ihren Erfahrungen und war es für Sie ein erfolgreiches Vorgehen?

Auf dem Papier ist dieses Vorgehen richtig. Aus der Erfahrung der Vergangenheit kann ich neben der grundsätzlichen Zustimmung zur Vorgehensweise zum Aufstellen einer solchen Roadmap nur folgende Hinweise geben: Überlegen Sie, wenn Sie ebenfalls wie wir über mehrere Unternehmensteile und Niederlassungen verfügen, wo und mit wem Sie starten. Nehmen Sie alle Führungskräfte aus Ihrem Unternehmen beim Aufstellen und Fortschreiben der Roadmap mit, damit sich die Unternehmensbereiche auf die Kapazitätenbeistellungen, aber auch im Einzelfall auf verlangsamte Projektprozesse einstellen können. Stellen Sie eine ehrliche Roadmap auf. Nichts frus­tet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr und nichts raubt Ihnen mehr die Akzeptanz von BIM als die Mitteilung von wiederholt nicht eingehaltenen Teilzielen.

Umsetzung: Die Phase der Maßnahmenbegleitung entlang der fünf BIM-Faktoren ist die aufwendigste und längste. Da alle Beteiligten ein fundamentales Wissen haben sollten, bietet sich zum Start eine Basisschulung nach den Grundlagen der VDI/bS Richtlinie 2552 Blatt 8.1 an. Denken Sie auch darüber nach, ob in VgV-Verfahren der Nachweis der BIM-Kompetenz für Sie relevant werden sollte, denn dann mündet die Schulung in die Zertifizierung.

Herr Laubach, welche großen Maßnahmen sind Sie bereits angegangen und wo lagen die Herausforderungen?

Die größte Herausforderung war, dass vor dem eigentlichen „Go“ erst einmal Prozesse und Strukturen in der allgemeinen IT und der Projektabwicklung definiert und vereinheitlicht werden mussten, die grundsätzlich gar nichts mit BIM zu tun hatten. Bedeutet: Es wird viel im Hintergrund vorbereitet und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter merken gar nichts vom eigentlichen BIM. Auch hier ist eine sehr aktive Kommunikation im Unternehmen wichtig. Und: Zu viel Demokratie schadet in diesem Prozess. Es ist einfach nicht möglich, jede Veränderung im Prozess – hier ist im Übrigen auch eine große Schnittstelle zu QM – basisdemokratisch zu entscheiden. Es muss zentral aus dem BIM-Wissen agiert und entschieden werden. Für uns war ein ganz wichtiger Schritt, das Erlernte intern als auch extern kommunizieren zu können. Sozusagen als erreichter Meilenstein. Auch aus diesem Grund haben wir mehrere Mitarbeiter nach der Richtlinie zertifizieren lassen. Das kommt auch in Akquisi­tionsgesprächen gut an.

Pilotierung: Bei der Pilotierung gilt es zu beachten, dass die Auswahl des Projekts realistisch sein sollte. Suchen Sie sich ein Projekt aus, das zeitlich und in der Honorierung auskömmlich ist. Die Pilotierung sollte bestenfalls intern erfolgen, ohne dass bereits die Anforderungen von Auftraggebern erfüllt werden müssen. Da macht es auch manchmal Sinn, retrospektiv auf ein bestehendes Projekt zu schauen und dazu eine Bewertung durchzuführen.

Herr Laubach, warum haben Sie das Projekt Hellwinkel herangezogen, obwohl es bereits realisiert wurde?

Das Projekt „Zwilling/Hellwinkel“ bot sich aus mehreren Gründen für die Pilotierung an: Zum einen war der eigentliche Generalplanungsprozess abgeschlossen und die zugehörigen Gebäudeplanungs- und Fachplanungsleistungen wurden komplett von iwb-eigenen Mitarbeitern im Vorfeld durchgeführt. Die Planung lag auch – wie es bei uns Standard ist – komplett in 3D vor. Zum anderen präsentiert diese Objektart (Wohnen mit Gewerbeunterlagerung und Tiefgarage) einen großen Leistungsbereich unseres Unternehmens, so dass wir hier natürlich eine große Streuwirkung auch in die anderen Niederlassungen generieren.

Rollout: Wenn Sie nun in der Anwendung sind und Ihre Erfahrungen umsetzen, Standards und eventuell neue Software nutzen, ist es wichtig zu überprüfen, ob Sie eventuell Kurskorrekturen vornehmen sollten. Dabei ist auch ein besonderes Augenmerk auf die Informationsverbreitung des Erfahrenen zu legen. Ein Firmenwiki oder entsprechende Projektabschlussblätter mit dem Fazit der BIM-Anwendung können helfen.

Herr Laubach, Sie rollen die Methodik auch standortübergreifend in den verschiedenen Unternehmensbereichen aus. Wie geht da z. B. eine mittlere Managementebene mit um?

Gleich zu Beginn unseres BIM-Projekts haben wir im Intranet einen eigenen Pfad eingerichtet, der allen Mitarbeitern zugänglich war. Dort wurden Präsentationen, die Fortschreibung der Roadmaps und Veröffentlichungen rund um das Thema BIM eingestellt. Die Erfahrung heute zeigt: Das Medium wird viel zu wenig genutzt.

Besser sind sogenannte Splitter oder News, die sofort beim Öffnen des Intranets erscheinen und unmittelbar in Text- und Bildform wahrgenommen
werden.

Sehr wichtig ist es auch, Mitarbeiter in den dezentralen Standorten nicht nur über die Informationskette des mittleren Managements mitzunehmen, sondern aktiv durch die BIM-Verantwortlichen, die in den noch nicht beteiligten Bürostandorten Präsentationen zeigen, damit „praktisch“ erkannt wird, was BIM bedeutet und wie der aktuelle Stand ist.

Ein Erfolgsfaktor ist besonders wichtig, der Mensch. Der Zusammenhalt in der BIM-Taskforce, deren über Jahre kontinuierliche Zusammensetzung und die Fähigkeit der Projektleitung mit Menschen umzugehen, sind mitentscheidend für das gute Gelingen der Implementierung.

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