Bauen mit Methode
Projekt-, Zeit- und Kostenmanagement mit BIM

Ein Fahrzeug, das 50 % mehr kosten und deutlich später ausgeliefert würde, als besprochen, das wollte keiner haben. Kunden erwarten ein Produkt, das in punkto Preis und Lieferung verlässlich ist.

Bauherren verlangen Bauten, die zum vereinbarten Termin fertig gestellt werden und dabei innerhalb des Kostenrahmens bleiben – ein Ziel, das in der Praxis nicht immer erreicht wird: Bauen gilt deshalb nach wie vor häufig als Abenteuer mit ungewissem Ausgang.

Diesem Effekt wirkt nur entgegen, wer Kosten und Zeiten kontinuierlich steuert, so dass am Ende das Gebäude auch finanziell und innerhalb der gesetzten Frist den Anforderun-gen des Bauherren entspricht. Hierfür ist Building Information Modeling, kurz BIM, die geeignete Methode: BIM-Systeme erzeugen anhand von mit Informationen hinterlegten, virtuellen Bauteilen ein dreidimensionales Abbild des geplanten Gebäudes im Computer, das neben den grafischen Daten zur Gebäudegeometrie auch beschreibende Eigenschaften enthält. Damit erweitert BIM die 3D-Planung um die Dimensionen Kosten und Zeit. Alle Informationen sind in einer zentralen Datenbank gespeichert, werden dort auto-matisch aktualisiert, untereinander koordiniert und lassen sich beliebig filtern, sortieren und berechnen. So sind aus dem digitalen Gebäudemodell konsistente und aktuelle Daten quasi auf Knopfdruck abrufbar: Neben Grund­rissen, Ansichten und Schnitten auch Sachdaten wie Mengen, Zeiten und Kosten.

Bauzeitenplan

Ein zielgerechtes Zeitmanagement ist für das Gelingen eines Projektes sehr wichtig. Im Bau­bereich werden Termine dennoch regelmäßig überschritten, weil der Informationsfluss zwischen Planern, Fachplanern und ausführenden Firmen oft nicht hinreichend funktioniert. BIM-Systeme schaffen hier Abhilfe, denn die einzelnen Bauteile eines virtuellen Gebäudes enthalten auch Angaben zu Liefertermin und Einbauzeit. Stimmige Simulationen zum Bauablauf lassen sich mit wenig Aufwand erstellen.

Änderungen von Baustruktur oder Material wirken sich dabei sofort auf den zeitlichen Ablauf aus. Wird beispielsweise eine Wand gelöscht, ist damit automatisch auch der entsprechende Einbautermin getilgt, und kommt eine Wand hinzu, spiegelt sich auch dies in der Terminplanung wider. Auf diese Weise liefern BIM-Systeme Zeitpläne, die dem aktuellen Projektstand entsprechen. Ein Abgleich von geplanten und tatsächlichen Terminen macht dabei Abweichungen schnell deutlich und ermöglicht es dem Planer, Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und diesen entgegenzuwirken.

Mengen und Preise

Gleiches gilt für Mengen und Kosten: Das Mengengerüst für die Kostenplanung ist durch die mit den entsprechenden Informationen hinterlegten Bauteile in BIM-Systemen bereits vorhanden und wird automatisch aktualisiert. Aus diesen Mengen – bei Bedarf mit Zuschlag oder Abschlag – entsteht in Kombination mit den individuellen Preisen der Objekte eine transparente und nachvollziehbare Dokumen­tation aller finanziellen Projektaspekte.

Dabei ist es nicht notwendig, alle Gebäudeelemente für die Mengen- und Kostenplanung sofort zu definieren. Zum Zeitpunkt von Entwurf und Baueingabe stehen die meisten Materialien schließlich noch gar nicht fest. Außerdem wäre es viel zu aufwendig, beispielsweise den Aufbau eines Fußbodens oder sämtliche Wandschichten einer Küche vollständig in 3D zu erstellen. Mit Hilfe der Bauteil-beschreibenden Eigenschaften lassen sich diese Angaben jedoch trotzdem in das Gebäudedatenmodell integrieren – und zwar zu jeder Zeit und in jedem beliebigen Detaillierungsgrad.

Kosten

Modifikationen der Baustruktur wirken sich dabei sofort auf die Mengen und damit auch auf die Kosten aus. Wird eine Betonwand gelöscht, reduziert sich die Mengenberechnung in der Bauteilliste genau um diesen Wert. Während Massen bei herkömmlicher Planung im Projektverlauf immer wieder neu berechnet werden, stimmen Modell, Mengen und Kosten mit BIM also stets überein. Egal, zu welchem Zeitpunkt der Planer wissen will, wie teuer das Bauwerk wird: Mit BIM-Systemen erhält er stets eine aktuelle Antwort.

So lässt sich ein Projekt, der DIN 276 entsprechend, in allen Leistungsphasen wirtschaftlich überwachen und steuern. Den finanziellen Rahmen für die spätere Gebäudenutzung kann der Planer mit BIM jederzeit ermitteln, denn Mengen und Baunutzungskosten hängen ebenfalls eng zusammen.

BRI und BGF

Besonders wichtig für eine gezielte Kostenplanung ist es, von Anfang an auf exakte Werte zurückgreifen zu können. Denn die Wirtschaftlichkeit eines Bauprojektes entscheidet sich bereits im Entwurfsstadium. In dieser Phase werden Gestalt und Material grob fixiert, und damit die finanziellen Weichen für den Bau gestellt. Hier zeigt sich, ob der Entwurf des Planers zum Budget des Auftraggebers passt. Und genau jetzt kann der Bauherr den Endpreis noch durch grundlegende Entscheidungen maßgeblich bestimmen.

Die Sicherheit einer Kostenaussage nimmt mit der Anzahl der einzelnen Kostendaten zu: Werte, denen nur der Bruttorauminhalt des gesamten Gebäudes zugrunde liegt, sind weniger genau, als wenn gleich nach Ge-bäudekomponenten mit unterschiedlichen Ausstattungsgraden aufgeschlüsselt wird.BIM-Systeme ermöglichen solch detaillierte Informationen bereits in Grundlagenermittlung und Vorentwurf, die der Planer als Massenmodell in 3D erstellt: Gebäudekennwerte nach DIN 277 wie Bruttorauminhalt (BRI) und Bruttogeschossfläche (BGF) werden automatisch für jedes Gebäudeteil ermittelt. Zusammen mit unterschiedlichen Kostenkennwerten und abhängig vom Ausstattungs­grad entstehen so zu Beginn der Planung zuverlässige Prognosen.

Alternativen prüfen

Diese Aussagen aus dem BIM bilden die Basis für grundlegende Entscheidungen zu Gebäudegestalt und Ausbauqualität. Stellt sich beispielsweise die Frage, ob ein Eingangsbereich vergrößert und vollständig verglast werden kann, lassen sich beide Varianten im System modellieren und auf ihre finanziellen Aspekte hin untersuchen. So erkennt der Planer, wie sich die Mittel am sinnvollsten einsetzen lassen. Der Architekt bietet seinem Bau­herren zusätzlich zur Kostensicherheit so noch eine weitere, wichtige Planungsleistung.

Wird das Massenmodell durch konkrete Bauteile wie Wände und Decken ersetzt, sind auch zu diesen Elementen die zugehörigen Mengen gleich im BIM-System enthalten. Damit entsteht ein noch genaueres Mengengerüst für die Kostenschätzung und eine konsistente Basis für weitere Untersuchungen von Preis und Leistung; etwa mit einer externen Lösung zur Mengenermittlung, die Bauteileigenschaften eigenständig erkennt. Mengen kann der Kostenplaner beliebig filtern, ordnen und klassifizieren. Auswertungen sind beispielsweise nach Geschossen, Räumen oder Bauteilen möglich, aufgeschlüsselt nach Material, Eigenschaften und Kosten, visualisiert in Listen oder Diagrammen. So ergeben sich übersichtliche und fundierte Analysen, die beispielsweise aufzeigen, welche Bauteile die Projektkosten besonders steigern oder wo alternative Materialien hohe Einsparun­gen bewirken würden.

AVA

Mengendaten sowie Raum- und Bauteilinformationen lassen sich aus der BIM-Software auswerten und direkt an die AVA übergeben. Aus der Kombination von Kostenelement mit Einheitspreis und Menge entsteht dabei ein Leistungsverzeichnis (LV). Aufgeschlüsselt nach Gewerken und Positionen, ergänzt um die genaue Leistungsbeschreibung – entweder eigene oder aus externen Katalogen –, geht die Kostenschätzung direkt in Ausschreibung und Vergabe über.

Selbst bei großen Projekten behält der Planer dabei den Überblick, weil Mengen und Kosten direkt mit dem Gebäudemodell verbunden sind. So erkennt das BIM-System, ob eine Wand, eine Tür oder ein Fenster bereits in der Mengenermittlung berücksichtigt wurde und warnt den Kostenplaner, falls er die­ses Element erneut erfassen will. Das Problem von doppelten Mengen und Kosten wird damit eliminiert. Gleichzeitig kann der Planer direkt am Modell visuell erkennen, welcher Wert in der Mengenermittlung sich auf welches Bauteil bezieht. Damit lässt sich auch überprüfen, ob alles erfasst wurde.

Resümee

Vom Projektbeginn bis zur Fertigstellung fungiert das BIM als Vermittlungswerkzeug zwischen Konstruktion, Ausschreibung und Kalkulation und sorgt dafür, dass räumliche Struktur und beschreibende Eigenschaften übereinstimmen. Berechnungsansatz, Herkunft der Mengen und Änderungseigenschaf-ten bleiben dabei zu jeder Zeit ersichtlich und nachvollziehbar. Nach der Fertigstellung kann das digitale Gebäudemodell für ein effektives Kostenmanagement genutzt werden, denn auch in der Gebäudeverwaltung hängen Preise zum großen Teil von Mengen ab.

Klassifizierung:

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