DATENSTADT

Wie Google die Zukunft der
Stadtplanung beeinflussen wird

In Kanada entsteht ein Prototyp eines Stadtviertels. Mit Sidewalk Labs entwickelt zum ersten Mal eine Google-Schwester ein Stadtquartier. Quayside wird das Viertel heißen, in dem zukünftig innovative Technologien das Leben in den Großstädten verbessern sollen.

Es war der 11. Juni 2015, als Google-Chef Larry Page auf Google+ erklärte, es werde ein neues Unternehmen geben, dass das Leben von Menschen in Städten nachhaltig verbessern werde, durch innovative Technologien – Sidewalk Labs, ein Unternehmen von Alphabet, zu dem auch Google gehört.

Drei Jahre später arbeitet Sidewalk Labs an einem der größten Stadtentwicklungsprojekte Kanadas mit – der Revitalisierung des (ehemaligen) Hafens in Toronto. In einem öffentlichen Verfahren suchte im März 2017 die staatliche Entwicklungsbehörde Toronto Waterfront einen Partner zur Entwicklung des Gebiets. Sidewalk Labs entschied das Bewerbungsverfahren für sich. So entstand Sidewalk Toronto. Unter diesem Namen entwickeln die Stadt Toronto gemeinsam mit Sidewalk Labs das Quartier Quayside.

Quayside ist ein ca. 5 ha großes Gebiet am Ontario See. Dort soll ein nachhaltiges, bezahlbares Viertel entstehen. Ein Viertel, das die Durchmischung sozialer Schichten fördert, bezahlbaren Wohnraum bietet und Mobilität neu denkt und das alles unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Nachhaltig, ökonomisch, sozial

Um das zu erreichen, wird die Stadtplanung mit digitalen Technologien verknüpft werden. Quayside soll ein Hotspot werden, in dem sich Familien ebenso wohlfühlen wie Tech-Hipster. Ein Viertel innovativer Start-ups mit genügend Freiraum für nachbarschaftliche Treffen. Als Katalysator wird das Headquarter von Google Kanada als ­erstes Unternehmen in das Viertel ziehen. Eine Konzernstadt?

Neu sind die Lösungen, die Sidewalk Toronto vorschlägt, nicht. Wohnraum soll bezahlbarer werden, indem die Gebäude in modularer Bauweise gebaut werden. Womit die Bauzeit verkürzt und durch die sich wiederholenden Bauteile Kosten minimiert werden können. Zudem sollen die Gebäude im Passivhausstandard gebaut werden, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren.

Nichts Neues ist ebenfalls, dass ein ­solches Großprojekt mit vielen Unbekannten für die Bürger von Toronto
einen demokratischen Bottom-up Prozess vorgeschaltet bekommt, in den die Bürger eingebunden werden, ihr zukünftiges Stadtviertel mit zu gestalten. So veranstaltet Sidewalk Toronto öffentliche Diskussionsrunden, zu denen die Torontoer eingeladen sind und ihre Bedenken vortragen und Fragen stellen können.

Open Urban Data

Jedoch ist die enge Verflechtung von Stadt, Bürgern und Datenerhebung zunehmend im Gespräch. Die Stadt soll intelligenter werden – adaptive trafficlights, movable pavement sind nur einige der Innovationen, die das Unternehmen Sidewalk Labs vorschlägt und in Quayside umsetzen möchte. Alle diese Neuerungen werden Daten sammeln.

Viele Bürger fragen sich, was mit ihren erhobenen Daten passiert. Verständlich, da Sidewalk Lab eine Google-Schwes-ter ist und man einer Google-Schwes-ter keinen verlässlichen Umgang mit Daten zutraut. Diesem Misstrauen begegnet Sidewalk Toronto mit viel Überzeugungsarbeit, indem es sich den Fragen stellt und sich selbst wie auch andere Unternehmen dazu verpflichtet, die Daten allein zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Quartiers zu benutzen. Mit dem „Civic Data Trust“ soll durch unabhängige Mitglieder das Gemeinwohl, der Datenschutz und die Veröffentlichung von „urbanen Daten“ als Open Data im Auge behalten werden. S.C.

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