Wärmebrücken in der Energiebilanz
Nachweis der Gleichwertigkeit von Detaillösungen

Wärmebrücken spielen bei der energetischen Sanierung der Gebäudehülle eine wichtige Rolle, nicht nur wegen des teils erheblichen Einflusses auf den Wärmeverlust, sondern auch im Hinblick auf mögliche Schäden durch Schimmelbildung.

In der Berechnung gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV) sind Wärmeverluste durch lineare Wärmebrücken zu bilanzieren. Dabei sollten Gebäudekanten, Fenster- und Türlaibungen sowie einbindende Balkon-

platten, Wand- und Deckenanschlüsse in der Berechnung des Jahres-Heizwärmebedarfs anhand einer der folgenden Varianten berücksichtigt werden:

– Erhöhung der Wärmedurchgangskoeffizienten um ΔUWB = 0,10 W/(m2·K) für die gesamte wärmeübertragende Umfassungsfläche (pauschaler Wärmebrückenzuschlag)

– Erhöhung der Wärmedurchgangskoeffizienten um ΔUWB = 0,15 W/(m2·K) für die gesamte wärmeübertragende Umfassungsfläche, wenn mehr als 50 % der Außenwand mit einer innenliegenden Dämmschicht und einbindenden Massivdecken versehen sind

– Erhöhung der Wärmedurchgangskoeffizienten um ΔUWB = 0,05 W/(m2·K) für die gesamte wärmeübertragende Umfassungsflache bei vollständiger energetischer Modernisierung aller zugänglichen Wärmebrücken gemäß den Konstruktionsdetails der DIN 4108 Beiblatt 2 : 2006-3

– durch genauen Einzelnachweis der Wärmebrücken nach DIN V 4108-6 : 2003-06 in Verbindung mit weiteren anerkannten Regeln der Technik.

Nachweis der Gleichwertigkeit

Der pauschale Wärmebrückenzuschlag von ΔUWB = 0,10 W/(m2·K) führt bei hochwertigen energetischen Sanierungen i.d.R. jedoch zu unwirtschaftlichen Dämmstärken. Ein auf 0,05 W/(m2·K) reduzierter Wärmebrückenzuschlag kann über eine sorgfältige Detailplanung gemäß DIN 4108 erreicht werden. Wenn ein rechnerischer Einzelnachweis der Wärmebrücken vermieden werden soll, kann die Gleichwertigkeit der geplanten Detaillösungen mit dem Beiblatt 2 über die folgenden Möglichkeiten nachgewiesen werden:

– Gleichwertigkeit über das konstruktive Grundprinzip

– Gleichwertigkeit über den Wärmedurchlasswiderstand R der jeweiligen Schichten

– Gleichwertigkeit mittels Referenzwert einer Wärmebrückenberechnung

– Gleichwertigkeit mittels Referenzwert aus Veröffentlichungen

Für die ersten beiden Fälle sind in den Planungsbeispielen des Beiblatts 2 der DIN 4108 Ober- und Untergrenzen der jeweiligen Schichtdicken und Bandbreiten für die Wärmeleitfähigkeit der Baumaterialien angegeben. Für die Fälle 3 und 4 sind für die entsprechenden Details Referenzwerte für

Ψ (Psi) festgelegt, zusätzlich müssen auch die vorgegebenen Randbedingungen des Beiblatts 2 bei der Ermittlung der Referenzwerte eingehalten werden. Für den Gleichwertigkeitsnachweis ist es jedoch nicht erforderlich, alle Wärmebrücken an einem Gebäude zu betrachten. Bei der energetischen Bewertung für den Ansatz des pauschalen Wärmebrückenzuschlags ΔUWB = 0,05 W/( m2·K) können folgende Details vernachlässigt werden:

– Anschluss Außenwand/Außenwand (Außen- und Innenecke)

– Anschluss Innenwand oder Geschossdecke zwischen beheizten Geschossen an Außenwand oder obere bzw. untere Außenbauteile, die nicht durchstoßen werden bzw. eine durchlaufende Dämmschicht mit einer Dicke ≥ 100 mm (WLS 040) aufweisen

– einzeln auftretende Türanschlüsse von Wohngebäuden in der wärmetauschenden Hüllfläche (Haustür, Kellerabgangstür, Kelleraußentür, etc.)

– kleinflächige Querschnittsänderungen in der wärmetauschenden Hüllfläche, z. B. durch Steckdosen oder Leitungsschlitze

– Anschlüsse außenluftberührter kleinflä­chiger Bauteile, z. B. Unterzüge und untere Abschlüsse von Erkern mit außenliegenden Wärmedämmschichten mit R ≥ 2,5 m²·K/W

Gleichwertigkeit über das konstruktive Grundprinzip

Gleichwertigkeit ist grundsätzlich gegeben, wenn die eindeutige Zuordnung des konstruktiven Grundprinzips möglich ist und eine Übereinstimmung der beschriebenen Bauteilabmessungen und Baustoffeigenschaften vorliegt. Ein Beispiel dafür ist der Fußpunkt bzw. Sockel eines Gebäudes mit Bodenplatte auf Erdreich. Bei der Sanierung wurde auf der Außenwand ein 12 cm starkes Wärmedämmverbundsystem der WLS 040 aufgebracht, der Fußboden mit 10 cm Wärmedämmung der gleichen Wärmeleitfähigkeit ertüchtigt. Um die Gleichwertigkeit nachzuweisen, sind die Schichtdicken und Materialeigenschaften des Beiblatts 2 der DIN 4108 einzuhalten.

Gleichwertigkeit über den Wärmedurchlasswiderstand R der jeweiligen Schichten

Weichen die Wärmeleitfähigkeiten oder auch die Abmessungen der einzelnen Schichten einer Konstruktionslösung von der Vorgabe des Beiblatts 2 ab, kann die Gleichwertigkeit auch über den Wärmedurchlasswiderstand R  der jeweiligen Schicht nachgewiesen werden. Bei dem geplanten Ortgangdetail kommt auf der Außenwand ein 8 cm starkes WDVS (WLS 032) zum Einsatz. Die Dachdämmung besteht aus einer 12 cm Zwischensparrendämmung mit λ = 0,040 W/(m·K) und einer 8 cm starken Aufsparrendämmung aus Holzweichfaserplatten WLS 045. Im vorliegenden Fall wird das konstruktive Grundprinzip der Schichtdicken bei der Wanddämmung (8 cm) und der Dachdämmung (22 cm) nicht eingehalten. Die Kopfdämmung der Mauerkrone entspricht nicht der Vorgabe des Beiblatts 2 hinsichtlich der geforderten Wärmeleitfähigkeit von λ ≤ 0,040 W/(m·K). Somit müssen für das gewählte Ortgangdetail die jeweiligen R-Werte überprüft werden: Die geforderten Wärmedurchlasswiderstände werden von der geplanten Detailausbildung erfüllt, der Nachweis der Gleichwertigkeit des Details gilt damit als erbracht.

Gleichwertigkeit mittels Referenzwert einer Wärmebrückenberechnung

Ist ein Nachweis der Gleichwertigkeit über die oben beschriebenen Wege nicht einzuhalten, kann die Gleichwertigkeit auf Basis der so­genannten „Referenzwertmethode“ nachgewiesen werden. Hierfür ist für alle Planungsbeispiele im Beiblatt 2 ein längenbezogener Wärmedurchgangskoeffizient als Referenzwert angegeben. Ist der Ψ-Wert des geplanten Details niedriger als der im Beiblatt 2, kann die Ausführung als gleichwertig angesehen werden. Für die Berechnung des Ψ-Werts ist eine thermische Simulation auf Grundlage der DIN EN ISO 10211-1 mit einer Berechnungssoftware notwendig. Die zu wählenden Randbedingungen für diese Berechnung werden vom Beiblatt 2 vorgegeben. Für dieses Beispiel wird als Wärmebrückendetail eine in die Kellerdeckendämmung einbindende Innenwand gewählt. Die ursprüngliche Planung sieht eine nachträgliche PUR-Dämmung (WLS 025) mit 8 cm Stärke vor, die auf der Kaltseite der Kellerdecke angebracht wird. Aufgrund der dickeren Kellerinnenwand und nicht eingehaltener Abmessungen des Dämmstoffs sowie des wesentlich höheren R-Wertes der PUR-Dämmung gegenüber den Vorgaben des Beiblatts 2 muss für den Anschluss der konkrete Ψ-Wert errechnet werden. In diesem Fall ist die Gleichwertigkeit nicht gegeben, der pauschale reduzierte Wärmebrückenzuschlag von 0,05 W/(m2·K) ist nicht mehr zulässig. Erst das Aufbringen einer Dämmschürze auf die Innenwand reduziert die Wärmebrückenwirkung der Innenwand deutlich. Durch diese Maßnahme verringert sich der Ψ-Wert auf 0,370 W/(m·K) und unterschreitet somit den geforderten Referenzwert, so dass die Gleichwertigkeit damit nachgewiesen ist.

An diesem Detail wird der Einfluss von Lage und Qualität des Dämmstoffs auf die Wärmebrücke dargestellt. Die Dämmmaßnahme ging hinsichtlich des U-Werts weit über den Referenzwert des Beiblatts 2 hinaus. Ohne die Zusatzmaßnahme der Dämmschürze muss das Detail allerdings als wesentlich schlechter eingestuft werden.

Gleichwertigkeit mittels Referenzwert aus Veröffentlichungen

Für den Nachweis der Gleichwertigkeit über den Referenzwert muss nicht zwingend eine thermische Simulation des geplanten Details erfolgen. Der längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizient Ψ kann auch einem Wärmebrückenkatalog entnommen werden. Es ist allerdings darauf zu achten, dass die überwiegende Zahl der veröffentlichten Wärmebrückenkataloge für den Neubau konzipiert wurde und somit nur bedingt für den Gleichwertigkeitsnachweis bei Sanierungsvorhaben angewendet werden kann.

Detaillierter Wärmebrückennachweis

Bei der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden tritt häufig der Fall ein, dass durch konstruktive Zwänge oder gestalterische Wünsche die wärmeschutztechnischen Vorgaben des Beiblatts 2 der DIN 4108 nicht eingehalten werden können. Wird nur bei einem relevanten Wärmebrückendetail das konstruktive Grundprinzip nicht umgesetzt oder der entsprechende Referenzwert des Planungsbeispiels nicht erreicht, ist der Gleichwertigkeitsnachweis, der zum Ansatz des reduzierten Wärmebrückenzuschlags für das Gesamtgebäude berechtigt, nicht erbracht. Typische Beispiele hierfür sind thermisch nicht entkoppelte Balkonanschlüsse, Sockelausbildungen ohne Perimeterdämmung oder der Anschluss Innenwand/Decke im Fall innengedämmter Fassaden. Um den ungünstigen Wärmebrückenzuschlag ΔUWB = 0,10 oder sogar = 0,15 W/(m2·K) beim Einsatz von Innendämmung in der Bilanzierung zu vermeiden, besteht die Möglichkeit, die zusätzlichen Energieverluste durch Wärmebrücken genau zu berechnen. Hierbei entsteht ein nicht unerheblicher Planungs- und Berechnungsaufwand. Zu beachten ist außerdem, dass bei den Planungsdetails des Beiblatts 2 eine Schädigung durch Tauwasser- und Schimmelpilzbildung weitgehend ausgeschlossen ist. Davon abweichende Wärmebrückendetails sind daher auch auf niedrige Innenoberflächentemperaturen zu untersuchen.

Das Aufstellen eines detaillierten Wärmebrückennachweises lässt sich in vier Abschnitte aufteilen:

– Untersuchung der Konstruktion und Aufnahme der Wärmebrücken

– Ermitteln des längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten

– Erstellung eines Längenaufmaßes

– Berechnung des gesamten zusätzlichen Wärmedurchgangs

Im ersten Schritt werden die vorhandenen Wärmebrücken am Gebäude ermittelt. Im Gegensatz zum Gleichwertigkeitsnachweis gemäß Beiblatt 2 der DIN 4108 sind hier sämtliche Wärmebrücken zu betrachten. Auf eine sogenannte Bagatellregelung, die nur bestimmte zu berücksichtigende Wärmebrücken vorsieht, kann beim genauen Nachweis nicht zurückgegriffen werden. Allein punktuelle und/oder 3-dimensionale Wärmebrücken sind wegen der begrenzten Flächenwirkung im Wärmeschutznachweis vernachlässigbar. Eine Untersuchung hinsichtlich Tauwasserfreiheit kann aber auch für diese Details ggfs. notwendig sein.

Sind alle am Gebäude vorhandenen Wärmebrücken identifiziert, muss im nächsten Schritt der längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizient Ψ ermittelt werden. Für ein Neubauvorhaben stehen hierfür zahlreiche Wärmebrückenkataloge von Herstellern verschiedener Bauprodukte als Hilfsmittel zur Verfügung. Trotzdem finden sich bei nahezu jedem Bauvorhaben Details, die nicht in einem Katalog erfasst sind. Für die Altbausanierung sind mittlerweile auch einige Kataloge erhältlich. Im Einzelnachweis muss mit entsprechender Software der Ψ-Wert berechnet werden. Die DIN 10211 regelt die Vorgaben einer solchen thermischen Simulation.  In diesem Zusammenhang muss auch noch erwähnt werden, dass man auf Grundlage der im Beiblatt 2 angegebenen Referenzwerte keinen detaillierten Wärmebrückennachweis führen darf.

Um die zusätzlichen Wärmeverluste berechnen zu können, werden die Längen der einzelnen Wärmebrücken aufgemessen, dabei gilt der Außenmaßbezug. Mit den ermittelten Längen kann dann der Anteil der Wärmebrücken am Transmissionswärmeverlust des Gesamtgebäudes berechnet werden. Wärmebrücken, die nicht an die Außenluft grenzen, wie z. B. der Anschluss der Innenwand an die unbeheizte Kellerdecke, werden über einen Temperatur-Korrekturfaktor reduziert.

Der vorliegende Beitrag ist ein Auszug aus dem neuen Planungshandbuch Energieeffizientes Bauen und Sanieren der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena).

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