„Schöne neue Arbeitswelt:  Fluch oder Segen?“
Dipl.-Kaufmann Matthias Pietzcker zum Thema  „Büroplanung“

Die moderne Arbeitsplatzplanung definiert sich am wenigsten über Tisch, Schrank und Stuhl, sondern vielmehr über die Konzeption eines ganzheitlichen Arbeitsumfeldes. Der Begriff „Arbeitsplatz“ ­be­-schreibt immer seltener einen festen Ort, sondern vielmehr eine Bewegung. Mittendrin in dieser Bewegung sieht sich das Quickborner Team, eine der ältesten Unternehmensberatungen für Büro- und Organisationsplanung. Wir haben nicht nur Standards wie vor 50 Jahren die Bürolandschaften „erfunden“ und weiterentwickelt, sondern in den letzten Jahren die Arbeitswelt mitgestaltet, indem wir gemeinsam mit unseren Kunden neue Wege bei der Planung gegangen sind und uns dabei weit über die klassische Flächenbedarfs- und Funktionsanalyse hinaus bewegt haben. Stets geleitet von der Fragestellung: Wie verändern sich die Umfeldbedingungen für die Arbeitsprozesse in den nächsten Jahren, welche Arbeits- und Bürokonzepte sind zukunftsfähig?

Die Veränderungen im klassischen Spannungsfeld „Mensch-Unternehmen-Technik-Markt“ sind heute stärker denn je erkennbar. Seit einiger Zeit findet ein Wandel in der Gesellschaft statt, was den Umgang mit Arbeit angeht: Modernen Büroarbeitern geht es – neben angemessenem Gehalt und Aufstiegschancen – zunehmend um eine ausgeglichene Work-Life/Private-Life Integration. Immer mehr wären bereit, für eine bessere Integration von Familie, Freizeit und Beruf  ihren Arbeitgeber zu wechseln. Und dies gilt nicht nur für junge Eltern, sondern auch für Beschäftigte, die sich zum Beispiel um ­ältere Angehörige kümmern möchten. Der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten, nach Teilzeitarbeit und Telearbeit erfordert von Unternehmensseite eine größere Flexibilität im Arbeitsplatzangebot, als bisher. Die traditionelle Präsenzkultur mit festen Anwesenheiten von „9 bis 5“ an (s)einem Arbeitsplatz prägt immer weniger den ­beruflichen Alltag. Unternehmen reagieren darauf immer häufiger mit durchdachten, flexiblen, nicht selten offenen Bürokonzepten.

Bedingt durch den demografischen Wandel und die Globalisierung werden künftig bis zu drei Generationen, zum Teil aus unterschiedlichen Kulturkreisen, in einem Unternehmen tätig sein. Die heutige und zukünftige Arbeitsumgebung muss daher für Jung und Alt und für unterschiedliche Nationalitäten attraktiv sein, unterschiedliche Arbeitsplatzangebote und Wahlfreiheit in der Arbeitsplatzumgebung anbieten, differenzierte Räume für Begegnung, Aktion, aber auch für Entschleunigung zur Verfügung stellen.
Der globale Wettbewerb, immer kürzere Produktzyklen und nicht zuletzt die sich ständige weiterentwickelnde Informationstechnologie erfordern von den Unternehmen und ihren Mitarbeitern größere Mobilität und höhere Geschwindigkeit. Umso wichtiger wird es, dass zukunftsorientierte Bürokonzepte auch Räume für Rückzug und Kontemplation zur Verfügung stellen.
Direkte Auswirkungen auf die Gestaltung neuer Bürokonzepte haben in besonderem Maße die veränderten Arbeitsprozesse moderner ­Unternehmen: Aus Fachabteilungen werden flexible Prozess- und Projektteams; die Berufsbilder werden vielschichtiger, die Auf­gaben vielfältiger. Mitarbeiter arbeiten nicht mehr „überwacht“ und tätigkeits­orientiert, sondern „ermächtigt“ und ergebnisorientiert. Kommunikation findet bei dieser Entwicklung nicht mehr formell in Besprechungsräumen statt, sondern informell und spontan in Meeting-Points, Klausurräumen und Teeküchen. Das Arbeiten in fensterlosen Besprechungsräumen und uniformen Büros wirkt hinsichtlich dieser Entwicklungen kontraproduktiv, Büroflächen müssen sich öffnen.
Akzeptiert man die genannten Veränderungsprozesse und macht sie sich zu Nutze, entstehen Arbeitswelten, die die Kultur eines jeden Unternehmens organisatorisch und strukturell in Arbeitsräume umsetzen, die zum Impulsgeber betrieblicher Wertschöpfung werden. Bürokonzepte der Zukunft vermögen die Extreme zwischen Öffnung und Rückzug, kommunikativem Chaos und individuellem Rückzug gekonnt nutzen. Damit schaffen sie den entscheidenden Mehrwert, um Umgebungen zu gestalten, die Spaß machen, Identität ver­mitteln und den Jobnomaden der Gegenwart und Zukunft ein Stück Heimat bieten.

Der Organisationsberater

Dipl.-Kaufmann Matthias Pietzcker, Jahrgang 1962, ist geschäftsführender Gesellschafter des Quickborner Team, Gesellschaft für Planung und Organisation mbH in Hamburg. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Hamburg, Flensburg und Hagen trat er 1995 in das QT ein, bei dem er seit 2001 gemeinsam mit Jens Münstermann die Geschäftsführung innehat. Seine Beratungsschwerpunkte liegen in der organisatorischen und strategischen Gebäudeplanung, der Umsetzung von neuen Bürokonzepten und dem Change Management. Das QT berät seit über 50 Jahren Bauherren, Investoren und Nutzer aus den unterschiedlichsten Branchen, aktuell u.a. die Deutsche Bahn, Vodafone, Stadt Freiburg, Teambank und Enervie.

www.quickborner-team.de

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