Schimmelpilze – nicht immer ist der Mieter schuld!
Mängel einer Balkonabdichtung

Zusammenfassung

In zwei Wohnräumen waren insbesondere im Bereich von Außenwandecken Schimmelpilze vorhanden. Zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung wurde eine vergleichsweise hohe Luftfeuchtigkeit gemessen und beim Randverbund von Verglasungen wurde Tauwasser fest­gestellt.

Trotz der „klassischen“ und auf ein zumindest anteilig ursächliches Fehlverhalten der Nutzer hinweisenden Symptome lag die Schadensursache in von außen eintretendem Wasser begründet. Bei dem angrenzenden Balkon war der Ablauf funktionslos und der Notüberlauf zu hoch angeordnet. Dadurch wurde der in der Ebene des Balkonbelags befindliche Abdichtungsanschluss durch Wasser beansprucht. In der Wohnung lag ein hoher Feuchtegehalt im Bereich des Estrichs vor. Somit ist eine Kausalität von Wassereintritt und Schaden gegeben.


Sachverhalt

In einer Mietwohnung hatten sich während des Winters Schimmelpilze gebildet. Hinsichtlich der Ursache der Schimmelpilzbildung
bestand Unklarheit. Auf Veranlassung des Vermieters sollte daher untersucht werden, worauf die Bildung der Schimmelpilze zurückzuführen war. Darüber hinaus sollten Maßnahmen zur dauerhaften Beseitigung der Schimmelpilze empfohlen werden.


Feststellungen

Die betroffene Wohnung befand sich im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses. Darunter lagen eine beheizte Souterrain-Wohnung und unbeheizte Mieterkeller. Die Mieter hatten die Wohnung ca. drei Jahre zuvor bezogen.

Schimmelpilze wurden im Wohn- sowie im Schlafzimmer der Wohnung festgestellt. Die beiden Räume lagen nebeneinander und grenzten an einen gemeinsamen Balkon. Die Schimmelpilze befanden sich weitgehend im Bereich der Außenwandecken oberhalb des Bodens sowie unterhalb der Decke.

Im Wohnzimmer waren bei einer Außenwandecke sowie den angrenzenden Wän­­­­­­­­­­­­­­­­­den oberhalb des Bodens dunkelgraue bis schwarze Schimmelpilze vorhanden. Die Intensität des Schimmelpilzbefalls nahm zur Raumecke hin zu (Bild 1). In einer weiteren Außenwandecke des Wohnzimmers befanden sich unterhalb der Decke ebenfalls dunkelgraue bis schwarze Schimmelpilze. Auch dort nahm die Intensität des Befalls zur Raumecke hin zu (Bild 2).

Im Schlafzimmer waren vergleichbare Schadensbilder vorhanden. Von Schimmelpilzen betroffen waren überwiegend die Außenwände im Bereich der Raumecken oberhalb des Bodens und unterhalb der Decke. Darüber hinaus wies auch ein kleinflächiger Bereich unmittelbar oberhalb des Bodens nahe der Balkontür einen intensiven Schimmelpilzbefall auf (Bild 3).

Zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung lag die Temperatur der Außenluft knapp unter dem Gefrierpunkt. Die Heizkörper in der Wohnung waren warm. Es wurde eine Temperatur der Raumluft von etwa 21 °C gemessen. Die relative Feuchtigkeit der Raumluft lag zum Zeitpunkt des Ortstermins bei ca. 60 %. An der Isolierverglasung der bodenständigen Fenster, die auf den Balkon führten, wurde beim unteren Randverbund Tauwasser festgestellt (Bild 4). Auf den Glashalteleisten sowie dem Dichtstoff waren dort in geringem Umfang Schimmelpilze vorhanden.

In denjenigen Bereichen der Außenwände, die Schimmelpilze aufwiesen, wurden die Oberflächentemperaturen gemessen. Dabei wurden im Wohn- und im Schlafzimmer gleichartige Feststellungen getroffen. Im Flächenbereich der Außenwände betrug die Oberflächentemperatur jeweils ca. 19 °C. Im Randbereich der Außenwände oberhalb des Bodens ergaben sich Oberflächentemperaturen um 16 °C. Die geringsten Oberflächentemperaturen wurden in den Raumecken gemessen, wo jeweils zwei Außenwände und der Boden bzw. die Decke zusammentreffen. Dort lagen die Messwerte bei ca. 14 °C.

Mittels eines Messgerätes wurde auf Basis des kapazitiven Messverfahrens der Feuchtegehalt der Baustoffe qualitativ bestimmt. Dabei ergab sich eine Korrelation zwischen den Messwerten und den Schadensbildern: In den visuell geschädigten bzw. von Schimmelpilzen befallenen Bereichen wurden erhöhte Feuchtewerte gemessen. Darüber hinaus ergaben sich an mehreren Stellen im unteren Wandbereich geringfügig gegenüber dem Flächenbereich erhöhte Feuchtewerte. Dies betraf auch die Innenwand zwischen Wohn- und Schlafzimmer. Mittels einer Widerstandsmessung wurde daraufhin in der Fuge zwischen Estrich und Wand in den betroffenen Räumen ein vergleichsweise hoher Feuchtegehalt festgestellt. Wasser war dort jedoch nicht vorhanden.

Aufgrund der Ergebnisse insbesondere der Feuchtemessungen wurde auch der an das Wohn- und Schlafzimmer angrenzende Balkon begutachtet. Dieser war durch den darüber befindlichen Balkon überdacht. Der Bodenbelag wurde durch im Kiesbett verlegte Betonplatten gebildet. Im Bereich vor der zum Schlafzimmer führenden Balkontür wurden die Platten partiell aufgenommen (Bild 5). Dadurch konnte festgestellt werden, dass auf der Abdichtung des Balkons Wasser bis zur Unterkante des Plattenbelags stand (Bild 6). Dies war vor der Aufnahme der Platten nicht erkennbar gewesen.

Der Balkon war mittels Bitumenbahnen abgedichtet. Am Blendrahmen des bodenständigen Fensters bzw. der Balkontür war die Abdichtung einige Zentimeter hochgeführt und mit einer Klemmschiene befestigt. Diese befand sich in einer Ebene mit den
Betonplatten, so dass sie zuvor vollständig durch den Bodenbelag verdeckt gewesen war (Bild 7). Der Wasserspiegel lag zum Zeitpunkt des Ortstermins etwa bei der Unterkante der Klemmschiene (vgl. Bild 6).

In einer Ecke des Balkons – angrenzend an die Gebäudewand – befand sich ein Fallrohr, an das die Entwässerung des darüber befindlichen Balkons angeschlossen war. Insofern wurden in dem entsprechenden Bereich weitere Platten des Belags aufgenommen und der Kies wurde entfernt. An der Stelle, an der auch der darüber befindliche Balkon an die Entwässerung angeschlossen war, befand sich ein Lochblech auf der Abdichtung. Dort war ein nicht funktionsfähiger Ablauf vorhanden. Ein Meterstab konnte lediglich knapp 20 cm in das Ablaufrohr hineingesteckt werden (Bild 8).

Anhand der Höhe des Wasserspiegels wur­de durch Messungen das Gefälle der Abdichtung bestimmt. Es ergab sich, dass die Abdichtung von der Außenkante des Balkons bis zur Gebäudewand ein Gefälle von ca. 1 % aufwies. Der Tiefpunkt befand sich insofern bei der Außenwand des Schlafzimmers, wo auch der reguläre Ablauf angeordnet war.

Außenseitig war der Balkon mit einer massiven Aufkantung versehen, an der das Geländer befestigt war. Die Aufkantung war durch Bleche abgedeckt. Zwischen der Aufkantung des Balkons und der Außenwand des Wohnzimmers befand sich ein Notüberlauf (Bild 9). Zum Zeitpunkt des Ortstermins lag der Wasserspiegel dicht unterhalb des Not­überlaufs. Das heißt, dessen Höhe befand sich in der Ebene des Plattenbelags sowie der Klemmschiene des Abdichtungsanschlusses.

Weitere Feststellungen wurden im Bereich des Balkons nicht getroffen, da sich das Wasser mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht vollständig entfernen ließ. Aus diesem Grund wurde auch auf eine zerstörende Prüfung des Abdichtungsanschlusses verzichtet.

Zur qualitativen Abschätzung der in den betroffenen Räumen vorhandenen Feuchtigkeit wurde mittels zweier Datenlogger eine kontinuierliche Messung der Temperatur und der relativen Feuchte der Raumluft vorgenommen. Nach etwa zwei Wochen wurden die Datenlogger wieder entfernt. Die Messung ergab, dass die Mieter innerhalb des betrachteten Zeitraums regelmäßig und intensiv gelüftet und geheizt hatten. Die relative Feuchte der Raumluft betrug dennoch im Mittel etwa 65 %. Auffällig war, dass die Feuchtigkeit in der Raumluft bereits unmittelbar nach dem Lüften jeweils wieder hohe Werte erreichte.


Bewertung

Die Schimmelpilze sind im Wesentlichen auf Feuchtigkeit zurückzuführen, die bei den Balkontüren im Schlaf- und/oder Wohnzimmer in die Wohnung eindringen konnte. Aufgrund der Funktionslosigkeit des Ablaufs und bedingt durch die Höhenlage des Notüberlaufs war auf dem Balkon ein Wasserstand möglich, bei dem die Klemmschiene und damit der Abschluss der Abdichtung durch das Wasser beansprucht wurden.

Die Ausführung des Abdichtungsan­­­­­­­­schlusses bei der Balkontür ist mangelhaft. Die zugrunde liegenden technischen Regeln fordern in den vergangenen Fassungen sowie in den aktuell gültigen Ausgaben [1], [2] eine minimale Anschlusshöhe der Abdichtung von 15 cm oberhalb des Belages. In Ausnahmefällen – z.B. bei Balkontüren – darf diese Anschlusshöhe unterschritten werden; es sind dann jedoch besondere Maßnahmen
erforderlich. In Anlehnung an die Flachdach­richtlinie [2] sollte die Anschlusshöhe auch dann bei mind. 5 cm liegen.

Im vorliegenden Fall war der Abdichtungsanschluss vollständig durch den Belag des Balkons verdeckt. Dadurch war ohne zerstörende Prüfung einerseits nicht ersichtlich, dass sich Wasser im Bereich des Anschlusses befand. Neben dem mangelhaften Abdichtungs­anschluss wirkte sich andererseits die Ausführung des Notüberlaufs ungünstig aus. Dieser war zu hoch angelegt, so dass infolge der Funktionslosigkeit des regulären Ablaufs der Abdichtungsanschluss mit der Klemmschiene überhaupt erst durch das Wasser beansprucht werden konnte.

Dieser Schadensfall verdeutlicht, dass auch völlig andere Ursachen als ein mangelhaftes Nutzerverhalten oder unzulässige Wärmebrücken in der Baukonstruktion die Ursache für Schimmelpilze sein können. Es wurde ein vielfach anzutreffender Zustand vorgefunden: Schimmelpilze im Bereich von Außenwand­ecken in Verbindung mit einer zum Zeitpunkt des Ortstermins vergleichsweise hohen Luftfeuchtigkeit inklusive Tauwasser beim Randverbund der Isolierverglasungen. Dieses „klassische“ Schadensbild deutet zunächst auf ein zumindest anteilig ursächliches fehler­haftes Nutzerverhalten hin. Im vorliegenden Fall haben die Nutzer jedoch in dem betrachteten Zeitraum vorbildlich gelüftet und geheizt. Nur war dies aufgrund der von außen eintretenden Feuchtigkeit nicht ausreichend.

Insofern zeigt dieses Beispiel auch, dass ein Gutachter im Rahmen einer Ortsbesichtigung keine voreiligen Schlüsse ziehen darf. Er muss vielmehr bereits vor Ort alle vorliegenden Hinweise auswerten und dementsprechend vorgehen. Hier haben insbesondere die erhöhten Feuchtewerte im Sockelbereich der Innenwand einen ersten Hinweis gegeben, der dann durch die Widerstandsmessung in der Estrichfuge erhärtet wurde. Auf Grundlage der auf dem Balkon getroffenen Feststellungen ist damit eine Kausalität von Wassereintritt und Schaden gegeben.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass prinzipiell auch eine Undichtigkeit in Heiz- oder Sanitärleitungen zu einem vergleichbaren Schadensbild führen kann. Hierfür gab es im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte.


Instandsetzung

Zur Beseitigung der Schadensursache ist es zunächst erforderlich, die Funktionsfähigkeit des Ablaufes wieder herzustellen. Um einen vergleichbaren Schaden in Zukunft auszuschließen, ist darüber hinaus eine Modifizierung des Notüberlaufs zweckmäßig. Dieser sollte tiefer angeordnet werden, so dass der Abdichtungsanschluss mit der Klemmschiene auch bei einem Versagen des regulären Ablaufs nicht mehr durch Wasser beansprucht wird. Da das Gefälle der Abdichtung zum Gebäude weist, ist ein regelmäßiger Abfluss von Wasser über den Notüberlauf auf das Grundstück nicht zu befürchten.

Sofern der Notüberlauf überarbeitet wird, kann es aus technischer Sicht in Abstimmung mit dem Eigentümer zur Begrenzung der Instandsetzungskosten vertretbar sein, die Bestandskonstruktion beim Abdichtungsanschluss nicht zu verändern [3]. Der Abdichtungsanschluss verbliebe damit in der Ebene des Balkonbelags. Dies ist hier deswegen vertretbar, weil der Anschluss durch den darüber befindlichen Balkon geschützt ist. Es sollte dann jedoch vor den Balkontüren jeweils eine Rinne eingebaut werden, um die Wasserbeanspruchung des Anschlusses soweit möglich zu verringern. Die Rinne bietet darüber hinaus eine Kontrollmöglichkeit. Der Eigentümer muss über die Abweichung dieser Vorgehens­weise von den technischen Regeln und die damit verbundenen Risiken aufgeklärt werden.

Das in die Wohnung eingedrungene Wasser kann nicht ausschließlich über Lüftung abtransportiert werden. Dies ergibt sich anhand der durchgeführten kontinuierlichen Messung; innerhalb des betrachteten Zeitraums war keine Tendenz zur Abnahme der Feuchtigkeit erkennbar. Daher ist die Durchführung von Trocknungsmaßnahmen empfehlenswert. Zur Beseitigung der Schimmelpilze sollte aufgrund des Umfangs des Befalls eine Fachfirma hinzugezogen werden [4].


Literatur
[1] DIN 18195-5:2011-12: „Bauwerksabdichtungen – Abdichtungen gegen nichtdrückendes Wasser auf Deckenflächen und in Nassräumen, Bemessung und Ausführung“
[2] Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks – Fachverband Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik – e.V.: „Fachregel für Abdichtungen – Flachdachrichtlinie“, Ausgabe 10/2008 mit Änderungen 05/2009 und 12/2011
[3] Oswald, R, Klein, A., Wilmes, K: „Niveaugleiche Türschwellen bei Feuchträumen und Dachterrassen – Problemstellungen und Ausführungsempfehlungen“, Bauforschung für die Praxis, Band 3, IRB Verlag, 1994
[4] Umweltbundesamt: „Leitfaden zur Ursachensuche und Sanierung bei Schimmelpilzwachstum in Innenräumen – Schimmelpilzsanierungs-Leitfaden“, 2005
[5] Fleischmann, S.: „Ursachen, begünstigende Faktoren, Auswirkungen und Prophylaxe von Feuchtigkeit und Schimmelpilzbildung in Wohnräumen“, Dissertation Universität Jena, 2003
[6] Umweltbundesamt: „Ratgeber Schimmel im Haus – Ursachen, Wirkungen, Abhilfe“, 2012

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