Rechtsprechung

Schadensersatz für zu hohe Baukosten?

(LG Flensburg, Urteil v. 10.07.2020 – 2 O 285/14)

Die Frage ob ein Bauherr seinen Architekten mit Erfolg auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann, weil die Baukosten „aus dem Ruder gelaufen sind“ (ein leider nur allzu häufiger Fall…) hatte das Landgericht Flensburg kürzlich zu entscheiden. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein sehr vermögender Bauherr beauftragte einen Architekten mit dem Umbau und der Sanierung eines Wasserturms zur Wohnnutzung. Eine erste Machbarkeitsstudie – die die Errichtung von mehreren Wohnungen vorsah - ergab Baukosten in Höhe von 1,2 Mio. €. Diese Studie wurde verworfen. Der Architekt fertigte eine neue Machbarkeitsstudie an und kam auf vorläufige Baukosten in Höhe von geschätzten600.000,00 €.  Am Ende erreichten die Baukosten eine Summe in Höhe von 1,13 Mio. €. Der Bauherr ist der Auffassung, der Wert des fertigen Wasserturms falle mindestens 350.000,00 € hinter diesen Baukosten zurück. Der Bauherr verlangte daher Schadensersatz in dieser Höhe vom Architekten.

Ohne Erfolg. Der Bauherr konnte im Prozess nämlich nicht nachweisen, dass er von dem Bauvorhaben Abstand genommen hätte, wenn er gewusst hätte, dass die Baukosten 1,13 Mio. € betragen würden. Die Erforderlichkeit eine bestimmte Kostenobergrenze einzuhalten ergebe sich nicht aus der Natur des Bauobjektes. Hier habe es sich um ein Liebhaberobjekt gehandelt, dessen Kostenrahmen vollständig von den persönlichen Möglichkeiten und Vorstellungen des Bauherrn abhing. Welche Kosten der Einzelne für seine eigene Wohnsituation in so einem Fall aufzubringen bereit wäre, könne nicht objektiv ermittelt werden. Zudem konnte der Bauherr ohne eine Nachfinanzierung aufnehmen zu müssen den Bau realisieren. In diesem Fall war der Bauherr nämlich nachweislich sehr vermögend und begeistert von der Idee, den Wasserturm nach eigenen Vorstellungen zu Wohnzwecken umzubauen. sodass er einen Nachweis darüber, dass er bei Kenntnis der konkreten Baukosten den Bau nicht realisiert hätte, nicht führen konnte. Eine konkrete und verbindliche Baukostenobergrenze hatten die Parteien nicht – jedenfalls nicht nachweislich - vereinbart. Der Bauherr verlor also die Klage und ging leer aus.

Dieser spezielle Sachverhalt sollte aber nicht als Musterstück für Fälle wo die Baukosten überschritten werden dienen, schon gar nicht bei einer im Vertrag verbindlich vereinbarten Baukostenobergrenze. Im vorliegenden Fall führten nämlich eher die hohen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast, denen der Bauherr nicht gerecht werden konnte, zum Verlust der Klage.

In dem „normalen“ Fall, dass der Architekt Kosten geschätzt hat, die dann deutlich überschritten wurden, müsste wohl weiterhin mit einem begründeten Schadenersatzanspruch gerechnet werden…

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