„Mehr als Atmosphäre“


Matthias Burkart von
4a Architekten zum Thema „Baden & Wellness“

Bäder und Thermen sind Orte der Entspannung, Erholung und Heilung. Sie setzen eine intensive Beschäftigung mit der emotionalen Wirkung von Räumen voraus. Von zentraler Bedeutung ist der kontinuierliche Dialog und das unvoreingenommene Experimentieren mit den Elementen Raum, Material, Farbe und Licht. Das gelungene Zusammenspiel dieser Elemente lässt eine objektgebundene, besondere Atmosphäre entstehen, die dem Nutzer ein Wohlgefühl vermittelt. Stehen der Mensch und seine Bedürfnisse im Vordergrund, erfüllt Architektur ihren Zweck.

Dabei müssen ästhetische und funktionale Gesichtspunkte ganzheitlich betrachtet werden. Jede gestalterische Maßnahme beeinflusst zwangsläufig unsere gebaute Umwelt – in vielerlei Weise. Gestaltung ist einerseits für die ästhetische Qualität und damit für die Atmosphäre ausschlaggebend. Andererseits wirken sich alle Entscheidungen auch unmittelbar auf die ökologische und ökonomische Qualität eines Gebäudes aus. Daher gilt es, die planerischen Stellschrauben sorgsam zu justieren, um ein nachhaltiges Endprodukt zu erhalten. Gestaltung ist sozusagen der Schlüssel zur Nachhaltigkeit.

Ein Beispiel aus der Praxis: Die Materialwahl beeinflusst maßgeblich die Atmosphäre, aber auch den akustischen Komfort und die hygienischen Bedingungen in einem Schwimmbad. Sie wirkt sich auf den Reinigungsaufwand, die Resistenz gegen Chlor, Wasser, Salz und hohe Temperaturen aus – und damit auf die Betriebs- und Unterhaltskosten sowie den Instandhaltungsaufwand, insgesamt also auf die Langlebigkeit des Gebäudes. Qualitativ hochwertige Materialien führen jedoch nicht nur zu einem konstruktiven Werterhalt. Auch die Attraktivität für Besucher kann gesteigert werden, da sinnlich-haptische Materialien, gerade im Sport-, Wellness- und Gesundheitssektor, einen hohen Stellenwert einnehmen. Nachhaltig ist ein Entwurf im bildhaften Sinn des Wortes, wenn er eine Wirkung erzielt, Spuren hinterlässt, nachhallt wie ein Echo. Er ist nachhaltig, wenn er von seinen Nutzern angenommen wird und im Idealfall positive Emotionen und Erinnerungen auslöst. Nachhaltigkeit ist erreicht, wenn eine Bauaufgabe auch unter einer langfristigen Perspektive betrachtet wird und wirkt.

Gerade weil der Einfluss von gestalterischen Maßnahmen auf die ökologische und ökonomische Qualität eines Gebäudes von entscheidender Bedeutung ist, hat der Architekt als Generalist die wichtige Aufgabe, den Planungsprozess so zu moderieren, dass bereits im Ideenstadium die relevanten Fachplaner sowie Betreiber einer Anlage mit im Boot sind. Auf diese Weise lassen sich gerade für den technisch sehr anspruchsvollen Bäderbau zielführend die besten Lösun­gen finden. Über die Festlegung des Raumprogramms sowie des Energie- und Wasserkonzepts werden letztlich Qualitätsstandards festgelegt – und zwar für den gesamten Lebenszyklus einer Sport- und Freizeitanlage.

Über die Innenwirkung hinaus beeinflussen funktionale, langlebige und ästhetische Gebäude mit ihrer Strahlkraft auch die Umgebung nachhaltig. Bäder und Thermen sind nicht nur Orte der Erholung und Entspannung, sondern stiften in einem Quartier zugleich Identität.

Das Büro

Das Büro 4a Architekten wurde 1990 in Stuttgart gegründet. Die Partner Matthias Burkart, Alexander von Salmuth und Ernst Ulrich Tillmanns planen international mit einem Team von über 40 Mitarbeitern Sport- und Freizeitbauten, Bildungsstätten und kulturelle Einrichtungen. In Moskau befindet sich eine Zweigstelle des Büros. www.4a-architekten.de

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