Heizen mit Strom? Bauteilaktivierung mit solarem Energieüberschuss

Solarstrom gibt es nun schon seit ein paar Jahrzehnten. Dass er sich als primärer Energieträger (noch) nicht hat durchsetzen können, hat ganz unterschiedliche, teils auch emotionale Gründe. Das jedenfalls ergab sich aus einem Telefonat mit Reinhard Hofstätter M.Sc., studierter Energietechniker und erfahren mit Forschungsprojekten im Schwerpunkt Solarthermie. Dieser schloss unser Gespräch zu dem hier vorgestellten Projekt mit dem Motto: Tagesspeicher statt Nachtspeicher. Was auf die Energiepolitik vom Ende des 20. Jahrhunderts zielt, die die Verbraucher aufforderte, den günstigen – aber aus heutiger Sicht nicht sauberen – Nachtstrom in speziellen Heizkörpern für den Tagesverbrauch zu speichern.

Strom kann auch sauber sein, möchte man sagen, und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, da wird dieser Energieträger unsere gebaute Umwelt komplett versorgen. Ja, auch für die Klimatisierung werden wir Strom verwenden! Aber noch gibt es ein paar Probleme zu lösen. Neben der Verfügbarkeit der sauber erzeugten elektrischen Energie gibt es beispielsweise das Thema der Überschüsse und des Zwischenspeicherns. Hier arbeiten meist große, teure und ressourcenverbrauchende Akkumulatoren, deren Einsatz man als Korrektiv eines Fehlers im System bezeichnen muss, dem der Ungleichzeitigkeit: Strom ist in Menge dann vorhanden, wenn er gerade nicht in dieser Menge gebraucht wird.

Eine Lösung könnte sein, die Gebäude als solarelektrische Einheit zu betrachten. Hier wird die Bausubstanz insgesamt als thermische Speichermasse betrachtet, ein Konzept, das ebenfalls nicht neu ist, hier, in dem Neubau der österreichischen Firma my-PV aber einmal sehr direkt umgesetzt wird. Anstatt Wärmeträger wie Sole oder Luft durch Rohre/Schläuche durch die Decken oder Wände zu leiten, wird – am Standort konkret – die massive Betonbodenplatte mittels Elektroheizung aus dem PV-Überschuss erwärmt. Dabei kann mittels der (von my-PV entwickelten) Wechselstromleistungsstellern der Energiezustrom von 0 bis 9 kW stufenlos geregelt werden, womit Elektrowärme PV-ready wird. Der Strom wird aus einer 100 kWp Photovoltaikanlage geliefert, die auf dem aktuell fertiggestellten Pultdach und an der Fassade des Gebäudes angebracht ist.

Dass diese Art der Gebäudetemperierung nur der Anfang eines neuen Denkens über zukünftige Raumklimatisierung sein kann, offenbart sich an vielen Stellen. So ist die Steuerung – wie bei allen Flächensystemen – schwerfällig und kaum zu zonieren. Der Wärmeertrag zielt vor allem auf das – in diesem Falle großräumig gegliederte – Erdgeschoss. Zudem erfordert diese Klimatisierung einen hohen Dämmstandard, da die Oberflächentemperatur der aktivierten Fundamentplatte nur wenige Grad über der gewünschten Raumtemperatur liegen darf. Auch ist eine Kühlung über Bauteilaktivierung nicht möglich (hier wird für die Kühlung eine reversible Wärmepumpe unabhängig vom Heizsystem verwendet). Allerdings sprechen die deutlich niedrigeren Energiekosten (die sollen bei ca. 65 % liegen verglichen mit Erdsonde/Wärmepumpe), die niedri­geren Installations- und Wartungsaufwände sowie das geräuschlose Arbeiten für das System; das auch als ein Pilotprojekt verstanden wird, es gab vorab Simulationen zur Berechnung der Heiz- sowie Kühllasten.

Ob nun eine Grid-Struktur mobiler (Autobatterien) oder stationärer Speicher (Bodenplatte), alles sollten wir im Auge behalten. Und wenn am Ende alles mit allem vernetzt ist, kann die elektrische Energierevolution mit ihrer Solarenergiequelle ein zweites Mal kommen. Be. K.

www.bmi.bund.de, www.my-pv.com
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