Ein Start-up in der Baubranche

Lars Krauß ist Mitgründer des Start-ups Greengineers, Beratungsbüro und Fachplaner für nachhaltige Bauoptimierung. Expert*innen aus unterschiedlichen Gewerken und Disziplinen beraten Bauherr*innen und erstellen Nachhaltigkeitskonzepte und Gebäude-Ökobilanzierungen. Die jungen Unternehmer*innen sind mit ihrer Vision erfolgreich – obwohl sie ursprünglich gar nicht aus der Baubranche kommen.
Wir, die Greengineers GmbH, sind Fachplaner*innen für nachhaltiges Bauen. Zusammen mit Michael ­Sch­mid habe ich das Unternehmen im Februar 2019 gegründet. Unsere Vision war nichts Geringeres, als die Baubranche nachhaltig zu revolutionieren. Wo ich auch schon beim ers­ten wichtigen Faktor wäre, den es braucht, um ein Unternehmen zu gründen: eine Vision und der Wille, etwas zu verändern.
Da Michael und ich jedoch nicht aus der Baubranche kommen, war es für uns essenziell, das Unternehmen mit einer Know-how trächtigen Partner*in zu gründen. Als Gesellschafterin holten wir daher die Sakosta Holding mit ins Boot. Die Sakosta ist eine Unternehmensgruppe, die als Ingenieur­büro und analytisches Labor für Bodenuntersuchungen ebenfalls in der Baubranche aktiv ist.
Als wir die Greengineers gerade gegründet hatten, waren wir auf der Baumesse in München unterwegs. Dort konnten wir erste Erfahrungen im Austausch mit potenziellen Kund*innen, Architekturbüros und anderen Interessensgruppen sammeln. Hier haben wir auch unseren ersten Pitch präsentiert. Diese ersten Austauscherfahrungen waren neben dem Erarbeiten einer Dienstleistung das Wichtigste zu Beginn der Greengineers.
Auf der Messe begriffen wir auch erst den vollen Umfang an Themen im nachhaltigen Bauen und erkannten zudem, dass in der Baubranche zu oft die Nachhaltigkeit aus dem Planungsprozess rausgehalten wird. Die vielen Gewerke, die am Bauprozess mitwirken, tragen für sich etwas dazu bei, aber das Wissen wird nicht gebündelt. Wenn das Wissen für nachhaltige Themenfelder nicht gesammelt bei den Bauherr*innen landet, ist meist nur ein Haufen an finanziellem Mehraufwänden zu erkennen. Schlussendlich werden die wenigsten tollen Ideen, die es auf dem Markt gibt, umgesetzt.
Wir lösen dieses Problem, indem wir den Netzwerkknotenpunkt für das Thema Nachhaltigkeit im Bau darstellen und in unseren Konzepten die Bereiche Biologie, Technologie und Materialeinsatz verbinden. Mit der nachhaltigen Bauoptimierung zeigen wir unseren Bauherr*innen, welchen Mehrwert sie durch die Kombination von vielen Gewerken erhalten und wie sie ihr individuelles Bauprojekt nachhaltiger gestalten. Aber die Baubranche ist oft sehr konservativ und viele Bauherr*innen wissen kaum etwas über das Thema Nachhaltigkeit. Auch wenn wir unsere externen Absprachen an die Wünsche unserer Kund*innen anpassen, versuchen wir zugleich, ihnen neue, innovative und nachhaltige Wege zu zeigen und so  über den Tellerrand von „das haben wir schon immer so gemacht“ hinauszublicken.
Heute sind wir als Greengineers GmbH ein Team aus über 13 Menschen mit immer noch derselben Vision von 2019, die Baubranche nachhaltiger zu gestalten. Das Team besteht inzwischen aus den Know-how-Feldern Architektur, Gebäudetechnik, Gartenbau, Umweltingenieur, Elektrotechnik und weiteren. Für mich war von Beginn an klar, dass es für unsere Idee ein Team braucht, das unterschiedliche Gewerke vertritt, um so innovative Lösungen für die interdisziplinären Probleme in Projekten zu finden.

Die Unternehmensgründung

Beim Gründen geht es darum, eine Lösung für ein Problem zu finden und diese mit dem richtigen Team im Rahmen eines Unternehmens aufzubauen. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Lösung so oder anderes schon auf dem Markt existiert. Wichtig ist neben der Vision nur, dass die beteiligten Personen sich bewusst für ihre Aufgabe entscheiden, eine passende Rechtsform wählen und den finanziellen Rahmen klären und planen.
Der Weg zum Unternehmertum ist sicherlich nicht gradlinig und nicht mit vielen Musterlösungen ausgestattet. Daher ist es wichtig, über ein gewisses Netzwerk und Allgemeinwissen in den Bereichen Buchhaltung, BWL, Management, Personal und dem branchenspezifischen Fachwissen zu verfügen.
Für mich war die Unternehmensgründung eine sehr gute Entscheidung, weil mich vor allem das selbstbestimmte Arbeiten erfüllt. Auch wenn wir noch klein sind und ich noch nicht das große Geld damit verdiene. Die Selbstständigkeit bedeutet für mich, sich allein oder in einer kleinen Gruppe zu organisieren und Kundenaufträge abzuarbeiten. Auf der anderen Seite gehört es auch dazu, die Rolle der Unternehmer*in einzunehmen. Dabei steht nicht mehr die Bearbeitung der Kundenaufträge im Vordergrund, sondern das Aufbauen eines gut funktionierenden Teams und das stetige Verbessern der strategischen Ausrichtung so wie auch das Netzwerken.
Für mein Unternehmen nehme ich in Kauf, eine längere Zeit mit weniger Geld zu leben und gleichzeitig einen deutlich erhöhten Arbeitsaufwand zu haben. Hinzu kommt die Verantwortung, die ich trage. Ich muss ständig die Balance finden zwischen der Mitarbeiter*innenanzahl und den  Kund*innenaufträgen. Gewinnt eines davon die Überhand, wirkt sich das auf die finanzielle Situation oder das Stresslevel der Mitarbeiter*innen aus.
Neben all diesen Herausforderungen bin ich aber auch zu einem großen Teil meines eigenen Glückes Schmied. Die Rolle als Geschäftsführer und Gründer ist auch immer mit der Chance verbunden, sich sein Team und die Struktur so aufzubauen, wie man das gerne hätte. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass wir als Team viel Freude am gemeinsamen Arbeiten haben. Die zwischenmenschliche Ebene spielt deshalb für mich bei der Entscheidung, wer ins Team kommt, eine große Rolle. Auch, weil eine besondere fachliche Kompetenz einer einzelnen Person nicht ausreichend für ein gelungenes Kund*in-nenprojekt ist. Wie sich die Teammitglieder untereinander verstehen und vertrauen ist ebenso wichtig. ­Daher ist die emotionale und soziale Intelligenz einer Unternehmer*in wichtig, um sich auf jede und jeden Einzelne*n im Team einzulassen, alle zu respektieren und wertzuschätzen,  und dabei Raum zu schaffen, damit neue Lösungen gefunden werden können. Alle Beteiligten sollten das Zusammenwirken als offen, ehrlich und sympathisch wahrnehmen.
Die Nachhaltigkeit in der Baubranche und das Gründen eines Unternehmens – beides sind Bereiche, in denen man sehr oft seine eigene Komfortzone verlassen muss. Aber das Gefühl, welches entsteht, wenn man mit seinem Team am Tisch zusammensitzt und kreative Lösungen erarbeitet, die dann von den Kund*innen gelobt werden und das jeweilige Projekt nachhaltiger werden lassen, das ist unbeschreiblich erfüllend. Netzwerk schadet nur denen, die keines haben. Daher lasst uns vernetzen für eine grüne Zukunft im Bauen.

VITA

Lars Krauß (27) hat nach dem Realschulabschluss eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei Lodenfray in München gemacht. Sein erstes Start-up, mit dem Produkt Zero-Friction hat er 2015 gegründet, als er zeitgleich an der BOS das Fachabitur machte. Das Unternehmen betreibt er auch heute noch nebenher. 2016 bis 2019 studierte er Internationales Marketing und Management in München. Hier lernte er Michael Schmid kennen, mit dem er 2019, noch im Studium, die Greengineers GmbH gründete.

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