Dynamische Fassadenfaltung und räumliche Tiefe

Was macht oder kann eine Fassade, was ist eigentlich die Fassade, wie entsteht eine Fassade, was bedeutet Fassade im täglichen Entwurfsprozess? Was ist der kreative Ansatz zwischen dem Anspruch an Architektur, Städtebau und Funktionalität, um konstruktive, räumliche Strukturen in der Fassade entstehen zu lassen? Das war unsere Gesprächsgrundlage für die Projektauswahl mit unserer Heftpatin Prof. Regine Leibinger, Barkow Leibinger Architekten, Berlin, für diese Ausgabe der DBZ.

„Es ist heute oftmals so, dass man beim Bauen in der Stadt auf die Fassade reduziert wird. Im schlimmsten Fall geht es soweit, dass die Kubatur über einen städtebaulichen Wettbewerb ebenso vorgegeben ist wie die Flächeneffizienz vom Investor. Auch im Inneren ist das Haus nur wenig steuerbar, so dass der Architekt dann vielleicht noch die Lobby machen kann“, so Prof. Leibinger. Und weiter: „Deswegen wird die Fassade total wichtig, denn sie wird zu einem Vorhang und zu einem Kleid. Daher muss man sie in meinem Verständnis im städtebaulichen Kontext denken. Vor allem, was macht sie mit dem städtebaulichen wie auch dem öffentlichen Raum?

Wir haben die Fassade immer mit der Kubatur vermischt bzw. parallel gedacht. Je nachdem um was für eine Funktion es sich in dem Gebäude handelt, hat das natürlich eine direkte Auswirkung auf die Fassade und damit auf das Bild, welches das Haus nach außen abgibt. Der Grundriss und die Kubatur haben immer mit dem Bild der Fassade zu tun – somit ist es immer eine räumliche Schicht. Die Faltung in der Fassade war und ist uns immer wichtig, denn sie erzeugt eine Bewegung und Dynamik in der Fassade. Oftmals sehen unsere Fassaden komplizierter aus als sie sind. Ein zwei- oder dreidimensionales Standardprofil oder Paneel wird in der Fassade im Wechsel eingesetzt oder auch um 180 ° gedreht und erzeugt einen Rhythmus und eine Komplexität – über die Drehung, über die Faltung entsteht ein Raum, eine räumliche Schicht.“

Diesen Anspruch stellte Prof. Leibinger auch an die Projektauswahl für diese Ausgabe. Wir haben Projekte zusammengestellt, die alle in der Fassadenebene eine gewisse räumliche Tiefe zeigen — wie Prof. Leibinger es nennt: deep surfaces!

Lesen Sie dazu auch den Standpunkt unserer Heftpatin auf Seite 28 und sehen Sie dann auf den darauffolgenden Seiten, wie sich dieser Anspruch in gebauten Projekten zeigt. BF

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