Die Farbe des Betons
Oberflächentechniken bei Sichtbeton

Beton bietet mit seiner fast unbegrenzten Formbarkeit und Funktionalität nahezu alle Möglichkeiten kreativer Architektur. Bereits viele ansprechende Objekte wurden mithilfe von Sichtbeton gebaut. Allerdings herrscht hier meist der graue glatte Beton vor – das ist auf die Dauer langweilig und unnötig. Denn Beton kann auch farbig sein!


Durchgefärbter Beton

Generell lässt sich zwischen dem nachträglichen Auftrag von färbenden Produkten (z. B. Lasur) und dem Durchfärben des Betons bei der Herstellung unterscheiden. Zum Durchfärben werden Pigmente verwendet, die in verschiedenen Lieferformen wie Pulver, Granulat, Perlen oder Flüssigfarbe angeboten werden. Jede Variante hat ihre Vorzüge bei den unterschiedlichen Anwendungen. Die Pigmente sind anorganische, inerte Zusatzstoffe aus Metalloxiden, Kohlenstoff oder Ruß. Sie lassen sich miteinander mischen und so auf die jeweiligen Gestaltungswünsche abstimmen. Dennoch sollte sich jeder Planer darüber im Klaren sein, dass die Farbe von durchgefärbtem Beton verschiedenen Faktoren unterliegt. Um diese einschätzen zu können, muss er sie kennen.

Zement – von Taubengrau bis Blütenweiß

Generell werden zur Betonherstellung lediglich drei Komponenten benötigt: Wasser, Gesteinskörnung und Zement. Grauzement kann je nach Abbaugebiet und Herstellungsmethode ein Farbspektrum von hell- bis dunkelgrau und sogar rotbraun aufweisen. Mit hellen Zementen lässt sich ein intensiverer, reinerer Farbton erzielen. Sie sind zum Beispiel für Pastelltöne geeignet. Um Bauteile
in Dunkelrot, Ocker und Braun herzustellen, können auch dunkle Zemente verwendet werden. Im Allgemeinen gilt, dass sich gefärbter Beton, der mit Grauzement hergestellt wurde, durch gedeckte Farben auszeichnet. Sollen hingegen Elemente mit brillanter Farbgebung erzielt werden, empfiehlt sich sogenannter Weißzement. Er ist eisenarm und hat eine strahlend weiße Farbe.

Unabhängig davon ob es sich um naturbelassenen oder eingefärbten Beton handelt, sollte der Planer bei einem Sichtbetonobjekt darauf bestehen, dass für alle Betonelemente des Bauwerks der gleiche Zement verwendet wird. Andernfalls ist die Gefahr von unterschiedlichen Farbtönen sehr groß.

Beim Einfärben von Beton wird die erforderliche Pigmentmenge im Verhältnis zum Zement berechnet. Um eine ansprechende farbliche Wirkung zu erzeugen, ist nur wenig Pigment notwendig. In der Regel werden zwischen 2 und 8 % des Zementanteils an Farbpigmenten in den Beton dosiert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Farbintensität zunächst linear mit der Pigmentmenge ansteigt, ab einem gewissen Prozentsatz – dem Farbsättigungsgrad – jedoch stagniert. Die Zugabe weiterer Pigmente zeigt dann kaum noch Wirkung.


Wasser – die Menge entscheidet

Sobald der Zement mit Wasser in Verbindung kommt, entstehen feine Kristallnadeln, die sich miteinander verzahnen - der Beton erhärtet. Dabei ist das richtige Mischungsverhältnis von Wasser und Zement (W/Z-Wert) für die Härte und Eigenfarbe des Betons besonders wichtig. Je größer der W/Z-Wert ist, desto mehr Poren entstehen im Beton. Diese streuen das Licht und lassen ihn heller erscheinen. Infolgedessen muss der Planer auch den Einsatz von Fließmitteln, Betonverflüssigern oder Ähnlichem rechtzeitig berücksichtigen. Diese Zusatzmittel werden normalerweise dazu herangezogen, die Menge des Anmachwassers zu reduzieren, und führen so zu dunklerem Beton.

Gesteinskörnung – versteckt oder freigelegt

Mit ca. 70 Vol.-% macht die Gesteinskörnung den größten Anteil der Betonzusammensetzung aus. Infolgedessen trägt sie einen wichtigen Teil zur Eigenfarbe des Betons bei. Hierbei ist zu unterscheiden, ob die oberste Betonschicht abgetragen wurde oder nicht. Bei gefärbtem Beton, dessen Zementhaut unbehandelt ist, beeinflussen nur die Feinstanteile das Aussehen des Elements. Das Auge nimmt lediglich eine Mischung der Eigenfarben von Gesteinskörnung, Zement und Pigment wahr.

Gesteinskörnungen wie Sand und Kies stammen aus der Natur und unterliegen Farbschwankungen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, bei größeren Bauvorhaben die gesamte Menge der Gesteinskörnung auf einmal zu bestellen und entweder beim Lieferanten oder im Betonwerk vorzuhalten. Eine solche Lagerung ist vor allem dann für ein einheitliches Erscheinungsbild unerlässlich, wenn die Gesteinskörnung nachträglich freigelegt wird.


Nachbehandlung – Schichtarbeit

Eine Möglichkeit, ohne Pigmente Einfluss auf die Betonfarbe zu nehmen, besteht im Entfernen der obersten Zementhaut. Wird diese mechanisch oder chemisch abgetragen, wie es zum Beispiel beim Terrazzo üblich ist, kommt die darunterliegende gröbere Gesteinskörnung zum Vorschein. Hierfür werden neben Gesteinskörnungen mit ästhetischer Farbgebung dem Beton mittlerweile auch andere Materialien, wie alkaliresistentes Glas, beigegeben. Auch gefärbter Beton kann von einer nachträglichen Oberflächenbearbeitung profitieren. Unterzieht man das ausgehärtete Material einer leichten Sandstrahlung, wird der Farbton einheitlicher. Eine vorsichtige Behandlung mit einer leichten Säure kann einen ähnlichen Effekt erzielen.

Alles eine Frage der Herstellung

Nicht nur die Zusammensetzung des Betons ist für seine Eigenfarbe entscheidend, auch wie er hergestellt wurde, wirkt sich auf das Erscheinungsbild aus. Gleichgültig, ob es sich um Sicht- oder Funktionsbeton handelt, ob er gefärbt oder ungefärbt ist, für alle Elemente gilt: Eine sorgfältige Verdichtung ist unerlässlich. Andernfalls drohen sogenannte „Kiesnester“ und „Betonlunker“. Sie wirken sich unter Umständen unangenehm auf die Festigkeit des Betons aus, sind aber in jedem Fall kein schöner Anblick.


Die Schalung – keine reine Formsache

Bei der Erstellung von Sichtbeton spielt die Kontaktzone von Schalung und Beton, also die Schalhaut, eine wichtige Rolle. Je nachdem, welches Material zum Einsatz kommt, kann die Oberfläche des Betons bei ansonsten gleichen Baubedingungen vollkommen unterschiedlich ausfallen. Wichtig ist vor allem, in welchem Maße die Schalhaut Wasser aufnimmt. Eine nichtsaugende Schalung birgt die Gefahr, dass sich offene Poren und Marmorierungen bzw. Wolken bilden und ist bei einem hohen Pigmentgehalt oft die Ursache ungewollter Farbtonunterschiede.

Bei einer saugenden Schalung, wie zum Beispiel einer Holzschalung, kann Luft und/oder Überschusswasser entweichen, wodurch die Gefahr der Porenbildung reduziert ist. Saugende Schalungen eignen sich gut für pigmentierten Beton. Dennoch sollte der Planer wissen, dass sie die Betonoberfläche dunkler erscheinen lassen als nichtsaugende Schalungen. Durch die Fähigkeit der Wasseraufnahme entziehen sie dem Beton Feuchtigkeit, was zu einem niedrigeren W/Z-Wert führt.

Die Beschichtung mancher Schaltafeln und auch manche Schalungen selbst sind auf Dauer nicht zementecht. Sie reagieren aufgrund des alkalischen Zements und bilden Abbauprodukte, durch die sich die Betonoberfläche farblich verändert. Deshalb kann es für Sichtbetonflächen mit hohen Qualitätsanforderungen sinnvoll sein, stets neue Schalungen zu verwenden. Allerdings sollten saugende Schalungen vor dem ersten Gebrauch vorbehandelt, d.h.künstlich „gealtert“ werden, indem Zementschlämme aufgebracht und anschließend wieder entfernt wird. Vor allem bei saugenden Schalungen sollten alte und neue nicht gemischt werden. Je nachdem, wie häufig sie benutzt werden, kann es zu Farbschwankungen kommen. Besser – aber auch teurer – ist es, immer neue Schalungen zu verwenden.


Trennmittel – oft unterschätzt

Trennmittel werden eingesetzt, damit sich die fertigen Betonelemente leicht von der Schalung lösen. Dabei wird ihre Auswirkung auf die Betonfarbe häufig unterschätzt. Das Trenn­mittel kann enormen Einfluss auf das Erschei­nungsbild des Produktes haben. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, bei der Planung nicht nur an die Betonrezeptur und die Schalhaut zu denken, sondern auch Vorversuche mit entsprechenden Trennmitteln durchzuführen.

Ein großer Fehler, der auf der Baustelle immer wieder auftritt, ist der falsche Trennmittelauftrag. Hier gilt: „Weniger ist mehr.“ Zwar muss die Schalung vollflächig und gleichmäßig behandelt werden, doch wird sie von Handwerkern häufig damit „ertränkt“. Die Folge sind unschöne Verfärbungen und im schlimmsten Fall ein ungleichmäßiges Aushärten des Betons.

Je nach Trennmittel empfiehlt es sich, über­flüssiges Material mit einem fusselfreien Lap­pen oder einem Abzieher zu entfernen. Dennoch muss jede Stelle der Schalung mit Trennmittel behandelt sein. Wird dies nicht berücksichtigt, kann die oberste Zementschicht abreißen, sobald der Beton von der Schalung gelöst wird.

Wasser oder der Zahn der Zeit

Viele Bauwerke konnten erst mithilfe von Beton realisiert werden. Doch dies sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Beton kein Wunderbaustoff ist. Er muss, genau wie andere Baustoffe auch, durch konstruktive Maßnahmen geschützt werden. Gerade bei Gebäuden, die ihr Erscheinungsbild einer sorgfältig geplanten Farbgebung verdanken, ist dies besonders schade. Auch die Witterung wirkt sich langfristig auf die Betonfarbe aus, denn die Flächen werden im Laufe der Zeit unterschiedlich stark beansprucht. Dies beeinflusst die Oberflächenbeschaffenheit und kann so zu Veränderungen der Farbe führen. Ein Beispiel hierfür ist der Abrieb von Zementleim, wodurch vermehrt die Eigenfarbe der Gesteinskörnung, insbesondere der groben Körnung, zum Vorschein kommt. Dadurch wird der Gesamteindruck der Beton-fläche gravierend verändert. Ein weiteres Farbphänomen besteht darin, dass gefärbter Beton über einen langen Zeitraum immer heller wird. Dies liegt nicht etwa daran, dass die Pigmente verblassen, sondern ist im Abbindeverhalten des Betons begründet. Selbst nach vielen Jahren bindet unbeschichteter Beton noch ab, wodurch die Pigmentpartikel immer mehr in Zement eingeschlossen werden und schlechter sichtbar sind.


Hydrophobierung – Schutz und Schmuck

Es darf nicht vergessen werden, dass Beton die Eigenschaft hat, Wasser anzuziehen und in den Poren zu speichern. Dies begünstigt die Ablagerung von Moos und Algen. So kommt es dazu, dass älterer
Beton zuweilen graugrün oder graubraun erscheint. Eine Möglichkeit, dies zu verhindern, besteht darin, ihn mit einem geeigneten Hydrophobierungs- oder Versiege­lungsmittel zu behandeln, die die Verschmutzungsneigung der behandelten Oberfläche hemmen. Für den Architektenist es interessant zu wissen, dass diese Hydrophobierungs­produkte einen glänzenden, einen matten, einen farbvertiefenden oder einen neutralen Einfluss auf die Sichtbetonfläche haben können und dass dies in Zusammenhang mit farbigem Sichtbeton als Gestaltungsmittel eingesetzt werden kann.


Fazit

Farbiger Beton ist eine schöne Herausforderung. Sein Erscheinungsbild wird von zahlreichen unterschiedlichen Faktoren beeinflusst. Nur wenn sich alle Beteiligten, d. h. Planer, Beton- bzw. Fertigteilwerk, ausführende Bauunternehmen sowie Bauherren, dessen bewusst sind, kann ein allseits zufriedenstellendes Ergebnis erreicht werden. Wichtig hierfür ist eine gute Vorausplanung und Organisation. Es empfiehlt sich, das DBV/BDZ-Merkblatt Sichtbeton zu beachten und ausreichend Musterflächen in annehmbarer Größe zu erstellen.

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