Bauprodukte aus Holz
CO2-Reduktion und Kohlenstoff-Bindung beim Neubau

Je geringer die Heizenergieaufwendungen für die Gebäudenutzung auf Grund verschärfter energetischer Standards werden, desto bedeutsamer wird der einmalige kumulierte Energieaufwand für die im Gebäude vergegenständlichten Bauprodukte. Durch die Nutzung von Holz anstelle üblicher traditioneller Baustoffe (Ziegel, Kalksandstein, Beton) können sowohl der bei der Herstellung der für den Gebäudeneubau notwendigen Bauprodukte entstehende kumulierte Energieaufwand (KEAH) als auch die damit verbundenen CO2-äquivalenten Emissionen reduziert werden. Zusätzlich wirken die Bauprodukte aus Holz während der Nutzungsdauer des Gebäudes als Kohlenstoffspeicher.


Bauprodukte aus Holz werden als ökologische und nachhaltige Materialien im Bauwesen in Europa derzeit in unterschiedlichem Maße eingesetzt. In Skandinavien beträgt der Anteil an Holzbauten traditionsbedingt zwischen 80 und 85 %. Demgegenüber liegt er in Österreich zwischen 15 und 17 % und in Deutschland zwischen 5 und 10 %. Nach eigenen Recherchen beträgt die Holzbauweise im EFH-Neubau ca. 15 % und im MFH-Neubau ca. 1-2 %. Doch welche Auswirkungen hätte ein verstärkter Einsatz von Bauprodukten aus Holz im Vergleich zu konventionellen abiotischen (anorganischen) Bauprodukten sowohl auf die CO2-Bilanz beim Gebäudeneubau als auch die Kohlenstoffbindung im Gebäude? In welcher Größenordnung lassen sich die CO2-äquivalenten Emissionen beim Gebäudeneubau durch einen verstärkten Einsatz von Bauprodukten aus Holz reduzieren? Wie groß ist der potentielle Kohlenstoffspeicher?

CO2-äquivalente Emissionen bei der Herstellung

Werden die verursachten Treibhausgasemissionen der Herstellung von Holzprodukten und abiotischen Bauprodukten bei einheitlichem Gewicht verglichen, scheinen Holzprodukte keine herausragenden Vorteile aufzuweisen. Die ermittelten Werte (Grafik S. 87) umfassen die Emissionen aller Abläufe, die direkt und indirekt mit der Erstellung der Baustoffe im Zusammenhang stehen, zum Beispiel auch die vorgelagerten Emissionen der Energieerzeugung. So werden bei der Herstellung von 1 t Stahl mit 1,6 t die höchsten Treibhausgase emittiert. Demgegenüber fällt die Bilanz von Schnittholz mit 0,12  t CO2-äquivalenter Emissionen je t Baustoff am positivsten aus, ist aber durchaus vergleichbar mit Kalksandstein. Ein gewichtsbezogener Bauproduktvergleich bleibt ohne Aussagekraft, wenn nicht der Bauprodukteinsatz im konkreten Anwendungsfall berechnet wird.

Varianten des Wohngebäudeneubaus

Im ersten Schritt werden unterschiedliche Bau­weisen stofflich bilanziert. Dazu wurde der jeweils notwendige Verbrauch an Bauprodukten bestimmt und die sich daraus potentiell ergebenden CO2-äquivalenten Emissionen der Bauproduktherstellung abgeleitet. Den Ausgangspunkt der Untersuchungen bildete die Definition typischer Gebäudevertreter. Sowohl für die Kategorie der Ein- als auch die der Mehrfamilienhäuser wurden je zwei synthetische Typen für den Neubau definiert. Diese wurden anteilig aus real existierenden und für den Bauzeitraum von 2000 bis 2010 charakteristischen Gebäuderepräsentanten gebildet. Das heißt, Gebäudegeometrie, Ober­flächen, Nutzflächen etc. basieren auf statistischen Werten. Die Abschätzung des Mixes an Bauprodukten erfolgte auf der Grundlage ausgewerteter Gebäudetypologien. Die im Vergleich stehenden synthetischen Gebäudetypen sind: das statistisch durchschnittliche Einfamilienhaus (EFH Durchschnitt), das Einfamilienhaus mit verstärktem Holzeinsatz (EFH Holz+), das statistisch durchschnittliche Mehrfamilienhaus (MFH Durchschnitt) und das Mehrfamilienhaus mit verstärktem Holzeinsatz (MFH Holz+).

Die Durchschnittsvarianten spiegeln die in Deutschland üblichen Bauweisen, verwendeten Baukonstruktionen und Baustoffe sowie Gebäudegrößen wider. Das bedeutet gleichzeitig, dass in diesen synthetischen Typen bereits anteilig Holzprodukte in den Dachkonstruktionen und Außenwandverkleidungen, Fensterprofilen und Türen enthalten sind. Das ergibt in der Ausgangssituation für das durchschnittliche EFH einen Gewichtsanteil (Bezug t) für Holzbauprodukte von 3 % bzw. einen Volumenanteil (Bezug m³) von 7 %. Beim MFH ist die Ausgangssituation durch einen Gewichtsanteil von 1 % bzw. einen Volumenanteil von 3 % charakterisiert.

Bei den Varianten „verstärkter Holzeinsatz“ wurde der derzeitige Mix an Außenwandkonstruktionen und Geschossdecken durch Holzkonstruktionen und Holzprodukte ersetzt. Die Wärmedämmung in den Gefachen wurde mit Mineralwolle berechnet und nicht mit Dämmplatten aus nachwachsenden Rohstoffen. Im vorgestellten Ansatz ging es zunächst nicht um eine Gebäudeoptimierung mit nachwachsenden Rohstoffen einschließlich Dämmung und Innenausbau, sondern ausschließlich um die Erhöhung der Massivholzanteile. In beiden Fällen wurden für die EFH und MFH die Treppen und die Vollunterkellerung in Massivbauweise beibehalten (Beton, Mauerwerk). Die Geschossdecken wurden aus Schall­schutzgründen mit 4 cm Estrichbeton bzw. Betonpflaster angenommen. Durch den verstärkten Holzeinsatz steigt gegenüber den Durchschnittsvarianten der Gewichtsanteil für Holzprodukte auf 11 % beim EFH und 14 % beim MFH bzw. der Volumenanteil der Produkt­gruppe Holz auf 16 % (EFH) und 19 % (MFH).

Der Vergleich zeigt, dass sich in der Gebäudegesamtbilanz die CO2-äquivalenten Emissionen der Herstel­lung durch verstärkten Einsatz von Holzbauprodukten senken lassen, wenngleich sich die Gewichts- und Volumenanteile für Holzprodukte erhöhen.

Die Vergleichsgrafik auf S. 88 zeigt noch einmal die Aufteilung der CO2-äquivalenten Emission auf die verschiedenen Bauproduktgruppen. Bei Substitution vor allem massiver Wände und Decken durch Holzständerkonstruktionen und Holzbalkendecken sinken die CO2-äquivalenten Emissionen der Gruppen Betone, Mauersteine sowie Putze, Estriche und Mörtel. Es fällt aber auch auf, dass die CO2-Emissionen durch Dämmstoffe deutlich zunehmen. Eine Bauproduktauswahl unter CO2-Minderungsabsicht sollte diese Produktgruppe daher künftig genauer betrachten.

Ausgehend von den durchschnittlichen EFH und MFH, die die Alltagspraxis im Wohnungsbau widerspiegeln, kann das theoretische Einsparpotential von CO2-äquivalenten Emissionen durch den verstärkten Einsatz von Holzbauprodukten maximal in einer Bandbreite von 25 % bis 30 % liegen, wobei das größere Einsparpotential bei den MFH zu erwarten ist. Basierend auf der Annahme, dass in Deutschland jährlich 127 000 Wohnungen als EFH und 93 000 Wohnungen als MFH errichtet werden, ließen sich die CO2-äquivalenten Emissionen durch einen verstärkten Einsatz von Bauprodukten aus Holz theoretisch um 34,8 Mio. t (und damit um 25 %) senken. Dieses Potential wird sich in der Praxis nur teilweise umsetzen lassen. Praktisch erzielbare Einsparpotentiale sind bescheidener anzusetzen. Hier könnte z. B. bis 2020 von einer Erhöhung der Holzbauweise beim EFH von derzeit 15 % auf 25 % und im MFH-Neubau auf 7 % ausgegangen werden. Unter diesen Annahmen lägen die praktisch realisierbaren bauweisebedingten CO2-Einsparungen bis 2020 bei 6,9 t. Dies entspräche einer Reduzierung um 5 %.

Kohlenstoffspeicherung durch Holzbauprodukte

Ein weiterer Gesichtspunkt beim Einsatz von Holzbauprodukten im Bauwesen ist die Kohlenstoffspeicherung im Holz und damit eine zeitlich begrenzte zusätzliche Reduzierung des CO2-Gehalts der Atmosphäre. Unabhängig von den Emissionen bei der Herstellung der Bauprodukte bleibt der beim Wachstum des Baumes aufgenommene Kohlenstoff während der Nutzungsdauer im Gebäude eingelagert und damit gespeichert. Ob und wie man dies rechnerisch bei der CO2-Bilanz von Gebäuden berücksichtigen sollte, ist allerdings sehr umstritten.

Während seines Wachstums wirkt ein Baum als Kohlenstoff-Senke, da er den Kohlenstoff stofflich bindet und speichert. Mit zunehmendem Alter nimmt die Senkenwirkung ab, die Kohlenstoffspeicherung bleibt jedoch. Durch die stoffliche Nutzung des Baumes wird der Kohlenstoffspeicher während der Nutzung im Holz erhalten. Für diesen Zeitraum kann eine temporäre Vermeidung von CO2-Emissionen angenommen werden, die jedoch nur unter der Voraussetzung erfolgen kann, dass ein neuer Baum nachwächst. Die Junghaltung des Waldes bzw. nachhaltige Forstwirtschaft sind also Voraussetzung dafür, die Nutzung von Holzprodukten als CO2-Senke bilanzieren zu können. Durchschnittlich werden in 1 t Holz 0,5 t Kohlenstoff gespeichert. Dabei entspricht 1 t Kohlenstoff 3,7 t CO2.

Im Fall der untersuchten Wohngebäude wird die Kohlenstoffeinlagerung zwischen den Alternativen statistisch durchschnittliches EFH bzw. MFH und EFH bzw. MFH mit verstärktem Holzeinsatz verglichen. Es ergibt sich im Fall des EFH mit verstärktem Holzeinsatz auf die Hauptnutzfläche bezogen eine zusätzliche Kohlenstoffeinlagerung von 40 kg/m2. Bei einem Vergleich der MFH kann bei verstärktem Holzeinsatz 28 kg/m2 mehr Kohlenstoff eingelagert werden. Dies entspricht einer temporären CO2-Vermeidung von 8 % beim EFH-Bau und 6 % beim Bau von MFH, bezogen auf die herstellungsbedingten Emissionen. Der aus der Einlagerung resultierende Effekt der temporären Vermeidung von CO2-Emissionen ist von nachhaltiger Forstwirtschaft und der Lebensdauer der Holzbaustoffe abhängig.

Fazit

Die Beispiele belegen, dass durch die Nutzung des nachwachsenden Rohstoffs Holz im Bauwesen bauproduktherstellungsbedingte Treibhausgasemissionen im Vergleich zu alternativen abiotischen Bauprodukten gemindert werden können. In Abhängigkeit von der Menge der eingesetzten Holzbauprodukte sowie des durchschnittlichen Materialmixes der Vergleichsgebäude unterscheiden sich die resultierenden Einsparungen. Sie liegen theoretisch in einer Bandbreite von 25 % bis 30 %, in der Alltagspraxis werden jedoch Einsparungen von 5 % realistischer sein. Das größere relative Einsparpotential ist im MFH -Bau zu erwarten. In diesem Bereich kann sich die Holzbauweise besonders CO2 mindernd auswirken. Der EFH-Bau ist jedoch in Deutschland mit einem 65 %-Anteil an der Bautätigkeit (bezogen auf die fertig gestellte Nutzfläche 2009) mengenmäßig die bedeutendere Größe. Hier sind zudem Holzbauweisen leichter zu realisieren.

Ein weiterer wirksamer Gesichtspunkt ist die Einlagerung von Kohlenstoff im Holz. Unter der Voraussetzung einer nachhaltigen Forstwirtschaft werden für den Zeitraum der Nutzung des Gebäudes die CO2-äquivalenten Emissionen temporär vermieden. Somit kann das Bauwesen durch den forcierten Einsatz von Bauprodukten aus Holz in zweifacher Hinsicht einen Beitrag zur Minderung CO2-äquivalenten Emissionen leisten.

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