Agitprop-Kunst in Erfurt gerettet

Agitation und Propaganda: Agitprop war in der ehemaligen DDR ein gesellschaftskonstituierendes Instrument, das ab 1955 die Abteilung „Agitation und Propaganda“ des Ministeriums für Staatssicherheit steuerte. Beim Agitprop ging es um die Vermittlung politischer, sozialer wie kultureller Werte eines zentralistisch organisierten Systems, wobei diese Vermittlung durchaus indoktrinären Charakter hatte.

Heute stehen wir staunend vor den zahllosen ­Arbeiten von KünstlerInnen, die diese im Staatsauftrag auf Häuserwänden aufbrachten, in Glasfenster umsetzen, Plakate sowieso. Einer dieser Künstler, der Spanier und Kommunist Josep Renau (1907 – 1982) war auf Bitten der DDR aus seinem mexikanischen Exil 1958 nach Ostdeutschland übergesiedelt. Hier hinterließ er neben einem grafischen Werk auch ein paar Wandgemälde, darunter zwei große Mosaiken in Halle und Erfurt. In letzterer fertigte er zwischen 1979 und 1983 das 30 m lange und 7 m hohe Wandmosaik „Beziehung des Menschen zu Natur und Technik“ an der Fassade des damaligen Kulturzentrums in Erfurt.

Die Arbeit wurde 2008 unter Denkmalschutz ­gestellt und 2009 demontiert, da das Kulturzentrum abgebrochen wurde. Die Betontafeln konnten vor dem Abriss gerettet und in Containern eingelagert werden. Nun wurden sie, mit Hilfe der Stadt (100 000 €) und der Wüstenrot Stiftung (700 000 €), saniert und am alten Standort wiederaufgebaut: Mit der Rettung des Mosaiks entspreche man, so die Stiftung, dem Wunsch vieler Menschen, ihr Wandbild als identitätsstiftendes und stadtbildprägendes Element zurück zu erhalten. Jetzt steht es, allerdings mit Abstand und also unabhängig vor dem beliebigen Neubau, der mit dem Wandbild natürlich in keinerlei Verbindung steht, und wer weiß, wie lange er an dieser Stelle am Moskauer Platz bleibt! Das Bild aus 68 000 Glasmosaikplättchen dagegen wird wohl länger noch aktuell bleiben, seine Daseinsberechtigung steht außer Frage, auch ein Leben als Billboard wäre denkbar! Be. K.

www.wuestenrot-stiftung.de
x

Thematisch passende Artikel:

Relikte der DDR

Fotoausstellung zeigt im November 2008 studentische Seminararbeiten in der glassbox, Universität Erfurt

In der glassbox im Foyer der Universität sind im November 2008 Fotoarbeiten von Studierenden aus zwei Seminaren von Prof. Michael Giesecke zu sehen. Im Wintersemester 2007/08 stellten Teilnehmer und...

mehr
Ausgabe 03/2019

Ans Herz legen

Häufig Zielobjekt blindwütiger Ignoranten: Kunst im öffentlichen Raum. Aber schon aus diesem Grund extrem wichtig für eine lebendige Stadtgesellschaft. In der DDR diente Kunst im Öffentlichen der...

mehr

Hans Gericke (1912-2014)

Der gebürtige Magdeburger und ehemalige Berliner Chefarchitekt starb am 15. Februar 2014

Am Samstag, dem 15.02.2014, ist der einflussreiche DDR-Architekt und Stadtplaner Prof. Hans Gericke im Alter von 101 Jahren gestorben. Der ehemalige Chefarchitekt von Berlin plante den Wiederaufbau...

mehr
Ausgabe 02/2018

Kontinuitäten, Diskontinuitäten – nationale Bau- und Planungspolitik von 1933 bis 1945

Nun ist die Geschichte der Bundesbauministerin Barbara Hendricks möglicherweise demnächst am Ende, doch die des Ministeriums, das diese standhafte Frau einige Zeit leiten durfte, ist es nicht. Was...

mehr
Ausgabe 06/2023

Fliesenmosaik Nr. 1 gerettet: Eine Arbeit von Josep Renau in Halle/Saale

Halle an der Saale ist eine alte, geschichtsträchtige Stadt, große Namen sind mit ihr verbunden. Im Krieg 1939-45 kaum zerstört, fiel die histori­sche Bausubstanz in den Folgejahrzehnten einem...

mehr