Am Städtebaubeirat vorbei

Über Geschmack lässt sich streiten, soll doch jeder/jede sich das bauen, was ihm/ihr gefällt. Aber jedes Bauen verändert den Blick auf das Gebaute insgesamt, so wirkt eine Garage anders als eine Villa des Jugendstils neben einer Häuserzeile aus den 1960er-Jahren. In Saarbrücken – in der Stadt gibt es mit dem Städtebaubeirat ein „Sach­verständigengremium für städtebauliche Fragestellungen“ – wird gerade eine Villa gebaut, die zwischen zwei denkmalgeschützten Gründerzeitvillen eigenartig, in jedem Fall deplaziert, wirkt  – mit der Genehmigung der Stadt, die sich hier auf das Fehlen eines Bebauungsplans zurückzieht und mit dem Hinweis auf § 34 BauGB (Genehmigung im Ausnahmefall nach Zustimmung der Denkmalbehörde) alle Verantwortung von sich weist.

Das solitäre, irgendwie Villa sein wollende ­Einfamilienhaus ist wunderbar geeignet, die Diskrepanz vor Augen zu führen, die u. a. in der Verbotsdiskussion um das Neubauen von Einfamilienhäusern aktuell gerade nicht mehr geführt wird: Brauchen zwei Menschen so viel Platz hinter so viel WDVS? Auf der Architektenseite heißen vergleichbare Traumhäuser „Glass Symphonie“, „White Angel“, „Cube Castle“ oder „Stairway to Heaven“. Produkte aus einem Katalog, der auf Bilder setzt (Bauhausmoderne?), die offenbar immer noch potente Kundschaft zum Kauf überreden. Der Städtebaubeirat, so kann man in der Saarbrücker Zeitung vom 27. Juli lesen, nennt die baukulturelle Haltung hinter diesem Villenprojekt „eher von einer billigen Art“, womit er sicher nicht die Projektkosten meinte, die diese Villa vis-a-vis Parkanlage und Saar von der Bauherrschaft verlangt.

Ja, wir brauchen mehr Wohnraum, deutlich mehr Wohnraum für allerdings auch viel mehr Menschen. Gerne auch vis-a-vis einer Parkanlage, es muss auch gar nicht „Stairway to Heaven“ sein, liebe Stadt Saarbrücken! Be. K.

www.saarbruecken.de, www.hauserluft-architektur.com
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