A pleasant Reminder
Die insgesamt 12 Texte des Buchs, dessen Titel eine Hommage an den Kinks-Song „Waterloo Sunset“ ist, eröffnen ein weites (Spannungs-)Feld an Themen zwischen Hochkultur und Alltäglichem. Leserinnen und Leser starten dabei mit Johan Dehlins Fotos von Frank Gehrys Frühwerk, wie seinem eigenen Haus, das wie ein „tornado that has stopped dead“ erscheint und dabei in bestechender Weise dem zeitgenössischen Nachhaltigkeitsgedanken zu entsprechen scheint. Man liest über Monika Sosnowskas Modellbau und Materialumgang, eine Sport- und Bildungseinrichtung in Madagaskar und Alvaro Sizas Zeichnungen und dass sie mehr sind als nur eine Bauanleitung. In „From Lieux to Life …“ greift Emerson den Text seiner Abschlussarbeit von 1996 über die Schriften von Georges Perec auf und verknüpft ihn mit späteren Gedanken.
Der namensgebende Text „Dirty Old River, A Short Walk Along the Thames” beschreibt einen 8,5 km langen Corona-Spaziergang entlang der beiden Londoner Flussufer zwischen Blackfriars und Vauxhall Bridge, entlang des Victoria Embankments und zurück über Lambeth, durch die Undergroundstation Westminster, eine Mischung aus Piranesi und Gotham City, vorbei an Auguste Rodins Bürgern von Calais bis zum Southwark Centre, in steter Gesellschaft von George John Vulliamys Delfinen, die sich um die Laternen winden. Es werden philosophische und politische Parallelen zwischen Stowe und Milton Keynes gezogen, wobei es um die englische Landschafts- und Gartenarchitektur und auch die Ha-Ha‘s des 18. Jh. als Vorgänger der modernen Glasfassade geht. Darauf folgt eine Auseinandersetzung mit dem Werk von 6a, dem Büro, das Emerson zusammen mit Stephanie Macdonald führt, zunächst anhand der „polished and gridded stainless steel box“ der MK Gallery, dann mit dem Studio für den Fotografen Jürgen Teller, nahe des legendären Londoner Westway. Auch eine kleine, Spitze für Norman Foster – Working at Home Like Everyone Else – ist im Programm.
Das Buch ist eine angenehme Erinnerung daran – gemeint ist hier der „Pleasant Reminder“ – dass Architektur auf einer analogen Praxis beruht. Auf Zeichnen, Modellbau, Lesen, Spazierengehen, um Räume zu begreifen, kritischer Beobachtung und guten Gesprächen. Der Spaziergang entlang des Dirty Old River lohnt sich jedenfalls. HR
Tom Emerson, Dirty old River. Hrsg. v.
S. Handelman. Park Books, Zürich 2025,
168 S., 28 Farb- u. 33 sw-Abb.
25 €, ISBN 978-3-03860-404-4