Wiederaufbau: Aber immer!

In Hannover gibt es jetzt wieder ein Schloss, ein neues allerdings

Wiederaufbau?! Aber ja! Unbedingt. Lücken schließen, Geschichte erhalten, Zusammenhänge wiederherstellen, Wunden heilen … Was wir damit machen? Ein Museum, das ist unverfänglich, weil öffentlich. Oder besser noch: Ein Wissenschaftszentrum, kombiniert mit einem Museum und einer Einkaufslandschaft. Und Restaurants. Und Plätze, zum Ausruhen. Vom Shoppen. Oder Sichbilden. Wir könnten aber auch ein Parlament unterbringen, im Schloss (so gerade in Potsdam). Oder ein Shoppingcenter (Braunschweig). In jedem Falle soll es historisch verbürgt und denkmalpflegerisch akzeptabel sein (Würburg).

Die Gretchenfrage, was man – wenn rekonstruiert wird – mit den meist hochherrschaftlich einstmal seienden Bauten (Schlösser beispielsweise) heute noch anfangen soll, wo das Hochherrschaftliche sich auf die bunten Seiten der meistgelesen Fachzeitschriften für Adelbelange zurückgezogen hat, diese Gretchenfrage ist aber nur eine von dreien in diesem Zusammenhang. Die zweite könnte ja sein, ob wir denn, wenn wir wiederaufbauen, die Kopie versuchen sollen oder nicht besser zeitgenössisch antworten. Für das Museum dann, das Veranstaltungs- und Wissenschaftszentrum, die Mal oder die Restaurantkinobadelandschaft.

Die dritte Frage – eigentlich auch die erste – lautet dann sicher, ob überhaupt oder überhaupt nicht.

In Hannover, der Landeshauptstadt eines Landes, das gerade mit äußerst mäßiger Bürgerbeteiligung einen neuen Landtag wählte, und pikanterweise einen Minister, der noch Oberbürgermeister der Landeshauptstadt ist. In dieser Funktion hatte Stephan Weil, SPD, 2007 erste Gespräche mit dem Generalsekretärs der VolkswagenStiftung zum Wiederaufbau des 1943 zerstörten Herrenhauser Schlosses geführt. Bereits im November 2009 wurde ein Architektenwettbewerb ausgelobt, der im Ergebnis die Rekonstruktion der Schlosshülle (Architekt des allerdings Ganzen war Georg Friedrich Laves) mit modernem Innenleben forderte (Kongresszentrum, Museum etc.).

Den Wettbewerb entschied im März 2010 das Büro JK –Jastrzembski Kotulla Architekten, Hamburg für sich, im September 2010 wurde die Baustelle eingerichtet, im Juni 2011 gab es die Grundsteinlegung, im November 2012 wurde ein Pachtvertrag für das Tagungszentrum Schloss Herrenhausen zwischen der IVA KG und der HOCHTIEF Solutions AG unterschrieben, am vergangenen Freitag, 18. Januar 2013 konnte der da noch amtierende Landesvater, David McAllister, Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Beatrice von York, Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Eugenie von York und Seine Exzellenz Simon McDonald, CMG, Botschafter des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland in Deutschland den Neubau eröffnen.

Der Neubau hinterm historisierenden Kleid bietet nun „ein modernes, multifunktionales Tagungszentrum und klassische Museumsräume“, so die Architekten. Und weiter: „Das harmonische Zusammenspiel von Historie und moderner Architektur ist auch im Innern der Schwerpunkt des Entwurfes. Die neuen Räume im Haupttrakt des Schlosses werden so angeordnet, dass die historischen Raumfluchten - die Enfilade - zitiert werden. Das Obergeschoss ist geprägt durch den großen Festsaal, der an historischer Stelle im Zentrum des Schlosses liegt und über die große Freitreppe mit dem Ehrenhof verbunden ist. In das neu interpretierte Rasenparterre im Ehrenhof werden zwei Lichthöfe integriert, die das Auditorium und das Foyer im Untergeschoss umfassen. Der neue Hörsaal erhält durch diese Beziehung zu den beiden Innenhöfen und seine ‚leichte’ Architektursprache eine helle, moderne Atmosphäre. Gleichzeitig werden über die Innenhöfe Blickbeziehungen zum Schlossbaukörper geschaffen.“

Das in einem zeitgenössischen Haus unterzubringen wäre die Herausforderung gewesen. Mit Bedauern denke ich an die Vision Arne Jacobsens, der auf dem Platz des damals nicht mehr vorhandenen Schlosses seine „Bella Vista“ vorschlug, eine gigantische Sichtbetonskulptur, die außer der Aussicht auf die Gärten, auch ein Restaurant geboten hätte. Wie hatte die Kurfürstin Sophie, die die Gartenanlage hatte ausbauen lassen, noch siniert: „Nur mit den Gärten können wir prunken.“ Der Blick in die Nachschlosszeit zeigt es ja auch: Die Gärten machen Hannover zumindest ein bischen bekannter. Ein Schloss wird da nicht viel mehr ausrichten können, als als Horizontlinie zu dienen und alle die zu enttäuschen, die hier Authentisches zu finden hofften. Be. K.

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