Kostensteigerungen ausgeschlossen

Baustelle des Humboldt-Forum Berlin Schloss liegt im Zeit- und Kostenplan

Gerade erschreckte uns alle die Meldung, dass die Einheitswippe – also das Denkmal für die Herstellung der Einheit Deutschlands 1990 – vor dem im Wiederaufbau befindlichen Schloss teurer wird als gedacht: rund 50 Prozent Aufschlag auf die maximal kalkulierten und zunächst genehmigten 10 Mio. € durfte die als Wippe konzipierte Einheitsschale kosten, ein nicht geringer Anteil davon geht in die Sanierung des Fundaments auf der Berliner Schlossfreiheit, auf dem einst das Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm stand, gestiftet vom Deutschen Volk „aus Dankbarkeit und treuer Liebe“, wie hier graviert wurde.

Knapp 15 Mio. € soll das Denkmal nun kosten, Mehrkosten durch aufwändigere Fundamentarbeiten, die Umsiedlung von Fledermäusen oder auch eine Nachtragvereinbarung mit den Architekten Milla und Partner, Stuttgart, sind Gründe dafür (Sasha Walz, Mitgewinnerin im Wettbewerb ist vor Jahren wegen Unstimmigkeiten zum Design ausgestiegen). Und nicht bloß teurer wird die Wippe, die immer nur dann wippt, wenn mindestens 30 Erwachsene (=2 t Gewicht) mehr als auf der anderen Seite stehen – ein Wippen wird dann nur gelingen, wenn die 30plus jeweils vereint von einer zur anderen Seite rennen. Nein, die kommt auch später als gedacht. Möglicherweise 2017, wahrscheinlich 2018, ein Jahr vor der Eröffnung des Schlosses dann immerhin.

Allerdings: Das Schloss, auch Humboldt-Forum genannt, kommt vielleicht später, dafür ist es ja auch größer. Und teurer damit auch. Die Hintergrundkulisse für Neptunbrunnen und eben Wippe liegt aber im Zeit- und Kostenplan. Fast jedenfalls, ein paar Nachträge, vom Parlament durchgewunken, haben dann doch ein paar Millionen € mehr anfallen lassen. Fürs Café auf dem Dach beispielsweise, das jetzt genehmigt wurde und über das – mit Recht – mancher sich wundert ob seiner einfallslosen Architekturfassade.

Die Kuppel hat die Kosten ebenfalls angehoben, aber das zahlen ja Sie und ich nicht, sie soll über Spenden finanziert werden. Wir hatten das Glück, vor Wochen schon über die Baustelle geführt zu werden, auch aufs Dach, und konnten hier Cafébauplatz und Kuppel von Nahem in Augenschein nehmen. In den Kuppelraum gab es leider keinen Zugang, der Gerüstaufgang dazu war wegen möglicher Gefahren für Leib und Leben gesperrt. Aber vielleicht war die Besichtigung eines beinahe fertiggestellten Musterraums im Erdgeschoss auch aufschlussreicher, als die Besichtigung des Kuppelraums, der tatsächlich (Stand April 2016) leer und damit ungenutzt bleiben soll! An dieser Stelle schon der Vorschlag, den Raum doch für das unvermeidbare weil für Besuchermultiplikation als notwendig erachtete Café zu nutzen.

Neben dem Café auf dem Dach kommen ganz unkaiserliche Rolltreppen. Ob die in den ersten Kalkulationen inkludiert waren ist zweifelhaft, Franco Stella jedenfalls soll nicht sonderlich amüsiert gewesen sein, als die Fahrtreppe als ein „Must“ in die Werkplanung eingeschrieben wurde (wie das Café dienen diese dazu, die Besucher aus den Souvenir- und Gastrozonen im EG ins kulturelle zu ziehen, für das der Neubau ja gemacht wurde. Oder doch nicht?

Die Ziegelfassade, die eben keine Tapete sein soll weil sie die Schmuckelemente der Fassade zu tragen hat, die Ziegelfassade wächst. Und mit ihr die Gewissheit, dass da noch Luft nach oben ist im Zeit- und Kostenrahmen. Denn wenn erst einmal der Rohbau steht und sämtliche technischen Installationen Einzug halten, dann erst wird es sich zeigen, ob die knapp 600 Mio. € tatsächlich ausreichen. Und ob wir ein Jahr nach der Einheitswippeneinweihung von dieser auf das Dach des Dachcafés werden schauen können, haarscharf an der Kuppel vorbei, die, wie so vieles an dem Schlossneubau, bloß ein  Bild ist, mehr nicht. Be. K.

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