Erzbischöfliches Berufskolleg Köln

Der Neubau von "3pass ArchitektInnen", Köln, markiert eine ganz besondere Schnittstelle und ignoriert eine ganz besondere Nachbarschaft

Die Gegend zwischen Zollstock, Sülz und Kölner Altstadt-Süd ist so heterogen bebaut, wie die ganze Stadt Köln außerhalb des Altstadtrings, der ehemaligen Stadtbefestigung Heterogenität vs. Kompaktheit zeigt. Hier zerschneiden große Straßen Wohn- und Gewerbeviertel, verästeln sich kompakte Grünstreifen in schmale Parks, sucht man Unterführungen unter den Bahntrassen und manchmal auch einen Lebensmittelladen; was letzteres nicht so einfach ist, obwohl dieses Stadtgebiet dicht bewohnt ist.

Architektonisch im wahrsten Sinne herausragend ist das Hochhauscluster mit ehemaligen Arbeitsamt und dem Justizzentrum (das ebenfalls über Wegzug nachdenkt) sowie dem „Uni-Center“ genannten Wohnhochhaus von Werner Ingendaay, das mit mehr als 950 Wohneinheiten zu den größten Wohnhäusern Europas zählt. Nur wenige Meter nördlich dieses Hochpunkts, der Universitätsstraße folgend, sah man in den letzten Jahren die Johannes XXIII. Kirche liegen, ein wunderbarer, leider sehr eng umbauter Kirchenbau des Bildhauers Josef Rikus, dessen ganze Wucht in den Zeit der Baugruben vor ihm sehr intensiv vor Augen geführt wurde. Wer sich den Bau heute genauer anschaut, kann leicht Baumängel ausmachen, die, werden sie nicht saniert, unweigerlich zu Schäden führen, die zu beheben nicht wenig kosten dürfte.

Der Eigentümer dieses einmalig schönen Gebäudes – dessen konstruktive Setzung mittels Sichtbetonstäben und -scheiben auf viele Kirchgänger einen vielleicht wenig milden und versöhnlichen Eindruck macht – ist das Erzbistum Köln. Das schon lange plante, die drei Ausbildungsstandorte Sachsenring, Klosterstraße und Krieler Dom an einem Ort zu bündeln. Finanziert werden sollte der Neubau, der Platz für rund 1000 SchülerInnen und StudentInnen bieten sollte, durch den Verkauf der freigewordenen Liegenschaften bzw. Kündigung des Angemieteten.

Mit dem Parkplatz der Katholischen Hochschulgemeinde neben der genannten Kirche Johannes XXIII. war ein Bauplatz in eigenem Besitz schnell gefunden, Platz für die Autos sollte sich in einer Tiefgarage finden, dessen Baugrube die Kirche exponierte aber auch ein wenig wie am Abgrund stehen aussehen ließ.

Ein Gutachterverfahren für den Neubau wurde 2011 durchgeführt und 2012 zugunsten des Kölner Büros „3pass ArchitektInnen“ entschieden. Dessen Entwurf wurde – marginale Änderungen gab es – dann auch gleich umgesetzt, im Herbst 2015 sollte die Eröffnung sein. Eröffnet wurde ein Jahr später, den vollen Betrieb hat das Berufskolleg im Frühjahr 2017 aufgenommen.

Der Neubau Ecke Berrenrather Straße / Universitätsstraße ist ein polygonaler, kompakter, viergeschossiger Baukörper, dessen äußere Kompaktheit innen durch ein gebäudehohes Foyer gleichsam ausgehöhlt wurde. Das ergibt einerseits die kommunikative Mitte, die zurzeit in vielen Schul- und Lehrbauten auf unterschiedlichste Weise realisiert wird, andererseits bringt das tageslichthelle Foyer ausreichend Helligkeit in die innenliegenden Räume.

Das „Forum“ genannte Foyer mit Glasdecke soll mit seiner großen Treppe und den weitschwingenden Galerien diesen kommunikativen Aspekt unterstützen. Es ist als Theater- oder Versammlungsraum angelegt bzw. denkbar, der bedarfsweise mit der Cafeteria zusammen geschaltet werden kann.

Es gibt eine halb eingegrabene Sporthalle mit Nebenräumen. Sie ist über eine breite Treppe zu erreichen und aus dem Erdgeschoss tribünenartig einsehbar. In den Obergeschossen schaffen umlaufende galerieartige Flure in Achterform angenehme und kurze Rundwege.

Offene Lernbereiche öffnen den Innenraum – je Geschoss zu unterschiedlichen Seiten hin – nach außen, sie geben vielfältig den Blick zur Umgebung und Nachbarschaft frei und erzeugen auch von Geschoss zu Geschoss abwechslungsreiche Durchblicke.

„Aufgrund seiner vertikal durchgehenden Tragstruktur und Strangführung“, so die Architekten im Projektbeschrieb, wegen „des günstigen A/V-Verhältnisses, des knappen Erschließungsaufwandes und flexibler Nutzbarkeit“ stelle „der Bumerang“ einen „wirtschaftlichen und nachhaltigen Baukörper im Sinne kosten- und energieeffizienten Bauens dar.“

Dass er zudem den Zugang zum anschließenden Universitätsviertel markieren soll, kann man allerdings nicht nachvollziehen. Die Berrenrather Straße, an der auch die Kirche liegt, trennt die Universitätsbauten sehr deutlich von dem ab, was südlich mit der Berufsschule und weiteren Wohnbauten folgt. Eher noch verklammert der Betonbau der Kirche das Gelände im Norden, ästhetisch, baugeschichtlich und durch das ganz eigene Gewicht seiner Zeitgenossenschaft mit „denen da drüben“. Be. K.

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