Ausgerechnet Dresden!

Dresden feiert mit dem Deutschen Brückenbaupreis 2010 schöne Brücken, die sämtlich anderswo stehen

Gestern abend war es dann so weit, am 15. März 2010 wurde in Dresden, in der TU eben dort der Deutsche Brückenpreis 2010 verliehen. Die Bundesingenieurkammer und der Verband Beratender Ingenieure VBI hatten gut ein Jahr zuvor, am 10. März 2009, den Deutschen Brückenbaupreis 2010 ausgelobt. In die Endrunde der Nominierten schafften es sechs Brückenbauwerke, jeweils drei Bauwerke wurden aus den Kategorien „Straßen- und Eisenbahnbrücken“ sowie „Fuß- und Radwegbrücken“ aus insgesamt 27 Wettbewerbsbeiträgen von einer Jury namhafter Brückenxperten ausgewählt.

„Ausgerechnet Dresden!“, könnte einem in den Sinn kommen, ist die Elbstadt doch gerade wegen eines Brückenprojektes in den letzten Jahren mehr als unrühmlich in den Schlagzeilen auch internationaler Medien. So liegen die ausgezeichneten Brückenbauwerke auch in weiterer Ferne. Sollte die umstrittene Waldschlösschenbrücke doch irgendwann noch fertig werden – die Kleine Hufeisennase war in 2007 neben zahlreichen Bürgerprotesten bis heute das letzte Hindernis im nun schon mehr als zehnjährigen Planungs- und Realisierungsprozess –, dann müsste der Auslober, um glaubwürdig zu bleiben, entweder den Ort der Preisverleihung wechseln oder den Preis auf dem dann für die Veranstaltung gesperrten Bau ausrichten, als eine Art läuterndem Kontrastprogramm. Doch hier nun die sechs Arbeiten, die es in die letzte Runde schafften:

In der Kategorie „Straßen- und Eisenbahnbrücken" waren das die

- Elbebrücke Mühlberg (vorgeschlagener Ingenieur: Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer)

Mit der neuen, 700 m langen Elbebrücke bei Mühlberg wurde eine schwierige Aufgabe gut gelöst. Das inzwischen als „Auge von Mühlberg“ bekannte Bauwerk überzeugt dank der gelungenen Kombination aus schlichter Eleganz und innovativer Konstruktionsidee. Dank der im Strombereich dadurch möglichen Stützweite von 144 m erfüllt die neue Elbequerung auch die ökologischen Vorgaben optimal.

- Muldebrücke bei Wurzen (vorgeschlagener Ingenieur: Prof. Dr.-Ing. Heinz Schmackpfeffer)

Der ca. 500 m langen Muldebrücke bei Wurzen gelingt es wie selbstverständlich, das flache Muldetal zu queren, ohne die Landschaft zu dominieren – dank einer vergleichsweise kleinen Überbauhöhe trotz der großen Stützweite. Möglich macht dies der schlüssig aus dem Überbau „herauswachsende“ Zügelgurt-Fachwerkträger, der dem Bauwerk seine unverwechselbare Gestalt verleiht. Dafür wurde die Idee des im 19. Jahrhunderts gebräuchlichen Zügelgurt-Stahlfachwerks mit modernen Bautechniken weiterentwickelt:

- Rügenbrücke (Strelasundquerung) (vorgeschlagener Ingenieur: Dr.-Ing. Karl Kleinhanß)

Die neue Rügenbrücke ist ein insgesamt harmonisch gestaltetes Bauwerk, das trotz seiner beträchtlichen Größe eine gewisse Leichtigkeit ausstrahlt. Von den Stralsundern wurde die Brücke bei der Verkehrsfreigabe sofort als neues Wahrzeichen der Stadt gefeiert. Ihre einem Großsegler nachempfundene Gestalt ist im Hinblick auf das mittelalterliche Stadtbild der durch den Unesco-Weltkulturerbe-Status geschützten Hansestadt gut gelungen.

In der Kategorie „Fuß- und Radwegbrücken" waren das die

- Altmühlbrücke Eichstätt (vorgeschlagene Ingenieure: Dipl.-Ing. Johann Grad und Christian Vogel (Architekt))

Die Geh- und Radwegbrücke über die Altmühl im bayerischen Eichstätt überzeugt durch ihre zurückhaltende Eleganz. Damit zeigt das anmutige Bauwerk, dass auch aus kleinen Bauaufgaben durch innovative Ideen und konsequente Durchgestaltung konstruktiv wegweisende Bauwerke entstehen können.

- Hafenbrücke Bremerhaven (vorgeschlagener Ingenieur: Dr.-Ing. Ulrich Jäppelt)

Die neue Brücke verbindet nicht nur die Stadt Bremerhaven mit den Sehenswürdigkeiten am Alten Hafen, die gläserne Stahl- und Glasröhre entpuppt sich zugleich als begeh- und drehbare Skulptur. Besonders gelungen ist dabei die stimmige Verknüpfung von Maschinentechnik und Baukonstruktion. So werden die Drehbewegungen zum Öffnen des Bauwerks für Schiffsdurchfahrten zum Erlebnis für Anwohner und Besucher.

- Fußgängerbrücke im Stadthafen Sassnitz (vorgeschlagene Ingenieure: Prof. Dr. sc. techn. Mike Schlaich / Dipl.-Ing. Andreas Keil)

Die neue Fußgängerbrücke im Stadthafen Sassnitz – Balkon zum Meer – überzeugt durch die gelungene Kombination von Form und Funktion. Durch Optimierung der Konstruktion entstand eine effiziente Tragwirkung, die zu einer extremen Schlankheit des Überbaus führt. Mit ihrem weit gespannten, kühnen Schwung über 22 m Höhenunterschied hinweg erfreut die neue Brücke Betrachter wie Benutzer.

Die Gewinner

Gewonnen haben den alle zwei Jahre ausgelobten Preis in der Kategorie „Straßen- und Eisenbahnbrücken" die

- Elbebrücke Mühlberg (Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer) sowie in der Kategorie „Fuß- und Radwegbrücken“ die

- Fußgängerbrücke im Stadthafen Sassnitz (Prof. Dr. sc. techn. Mike Schlaich / Dipl.-Ing. Andreas Keil)

Die feierliche Übergabe des „Deutschen Brückenbaupreises 2010“ fand gestern am 15. März 2010 in Dresden mit mehr als 1.000 Gästen statt, darunter der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Jan Mücke, und der Vorstandsvorsitzende der DB AG, Dr. Rüdiger Grube. Das Bundesministerium fördert den Preis im Rahmen der Initiative Baukultur und hat erneut die Schirmherrschaft übernommen. Hauptsponsor ist auch 2010 die DB AG. Der Brückenbaupreis ist ein ideeller Preis und wird seit 2006 alle zwei Jahre vergeben.

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