Deutscher Brückenbaupreis 2014 verliehen

Gänsebachtalbrücke in Thüringen und Erba-Steg in Bamberg sind die Preisträger

Die Eisenbahnbrücke über das Gänsebachtal bei Buttstädt in Thüringen in der Kategorie "Straßen- und Eisenbahnbrücken" und der Erba-Steg in Bamberg in der Kategorie "Fuß- und Radwegbrücken" sind die Gewinner des am 10. März in Dresden vergebenen Deutschen Brückenbaupreises 2014. Als maßgeblich verantwortliche Ingenieure wurden Prof. Dr.-Ing. Jörg Schlaich (Gänsebachtalbrücke) sowie Dipl.-Ing Matthias Dietz und Dipl.-Ing. Johann Grad (Erba-Steg) geehrt, der leider im vergangenen Jahr verstorben ist.

Die von Jörg Schlaich entworfene, 1.001 m lange Gänsebachtalbrücke verkörpert einen neuen Typ Eisenbahnbrücke. Das technisch und ästhetisch perfekte Bauwerk fügt sich hervorragend in die Umgebung des flachen Gänsebachtals ein und ist dabei schlanker als alle bisherigen Betonbrücken der Eisenbahn. Das gelang durch die innovative Idee, das lange Bauwerk in insgesamt zehn Blöcke aufzuteilen, die eigenständig alle Lasten und äußeren Einwirkungen in Längs- und Querrichtung aufnehmen, so dass keine Kräfte durch das gesamte Bauwerk geleitet werden müssen.

Der Erba-Steg erhält den Deutschen Brückenbaupreis 2014, weil die Idee dieser Brücke für eine doppelte Nutzung nicht nur eine bemerkenswert nachhaltige Lösung ist, sondern auch die dafür entwickelte Konstruktion und der damit verbundene Wechsel des statischen Systems eine großartige Ingenieurleistung darstellt. An ihrem endgültigen Standort fügt sich die Brücke nahezu perfekt in die Umgebung ein und setzt dabei neue Maßstäbe für Eleganz, Leichtigkeit und Grazilität.

Mit den Preisträgern erlebten rund 1.000 Gäste die feierliche Verleihung des Deutschen Brückenbaupreises im Audimax der TU Dresden. Der Preis, den die Bundesingenieurkammer (BIngK) und der Verband Beratender Ingenieure VBI 2006 erstmals verliehen haben, wird in den Kategorien "Straßen- und Eisenbahnbrücken" sowie "Fuß- und Radwegbrücken" vergeben. Neben dem Bauwerk werden jeweils die Ingenieure mit der Preisskulptur ausgezeichnet, deren schöpferische Leistung maßgeblich zur Entstehung des ausgezeichneten Bauwerks beigetragen hat.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unterstützt den Deutschen Brückenbaupreis als Schirmherr. Gefördert wurde der Wettbewerb vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Hauptsponsor ist die Deutsche Bahn AG.

Laudatoren waren der Präsident der Bundesingenieurkammer Hans-Ullrich Kammeyer und VBI-Präsident Dr.-Ing. Volker Cornelius.

Der Deutsche Brückenbaupreis wird von BIngK und VBI alle zwei Jahre vergeben, um den Beitrag der Ingenieure zur Baukultur stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Der Preis dient der Auszeichnung kreativer Ingenieurleistungen in der Königsdisziplin des Ingenieurbaus.

Zum Deutschen Brückenbaupreis 2014 waren 37 Bewerbungen eingegangen. Daraus hat die Jury je Kategorie drei Bauwerke nominiert und je ein Siegerbauwerk gekürt.

Neben den Preisträgern Gänsebachtalbrücke und Erba-Steg Bamberg hatte die Jury folgende Bauwerke für den Deutschen Brückenbaupreis 2014 nominiert: In der Kategorie "Straßen- und Eisenbahnbrücken" den Hochbahnviadukt der U2 in Berlin, Prenzlauer Berg, und die Baakenhafenbrücke in der Hamburger Hafencity; in der Kategorie "Fuß- und Radwegbrücken" die Max-Gleißner- Brücke im oberpfälzischen Tirschenreuth und den Bleichwiesensteg in Backnang bei Stuttgart.

Weitere Informationen, Bilder der ausgezeichneten Bauwerke sowie filmische Kurzporträts aller sechs nominierten Brücken finden Sie im Internet unter: www.brueckenbaupreis.de.

Deutscher Brückenbaupreis 2014 - Sieger in der Kategorie "Fuß- und Radwegbrücken": ERBA- Steg Bamberg


Für die Zeit des Neubaus der Kettenbrücke über den Main-Donau-Kanal zwischen der Gärtner- und Inselstadt des UNESCO-Weltkulturerbes der Stadt Bamberg war eine Behelfsbrücke für Fußgänger und Radfahrer zu errichten. Als zweijährige Interimslösung war im Jahr 2006 eine einfache stählerne Fachwerkkonstruktion vorgesehen.

2002 hatte die Stadt Bamberg den Zuschlag erhalten, die bayerische Landesgartenschau 2012 auszurichten. Dies sah man als Chance, das zwischen Regnitz und Main-Donau-Kanal brach liegende Gelände der ERBA (Erlanger-Bamberger Baumwollspinnerei und Weberei) mit der Landesgartenschau auf der Erba-Halbinsel im Norden Bambergs wieder zu beleben. Hierfür machte sich ein Haupterschließungssteg für Fußgänger und Radfahrer über einen zu einem Fischpass auszubauenden Altarm der Regnitz erforderlich. Damit sollten die Landesgartenschau und die künftigen universitären Einrichtungen und Wohnbauten auf der Erba-Halbinsel an das Uferwegenetz der Altstadt angebunden werden.

Aus diesen zwei Aufgabenstellungen erwuchs der Gedanke, trotz der unterschiedlichen Anforderungen an die beiden Brückenbauwerke die Bauaufgaben mit einem einzigen Bauwerk zu realisieren.
Einerseits musste das Bauwerk als Interimslösung über den Main-Donau-Kanal wegen des dort einzuhaltenden Lichtraumprofiles eine freie Stützweite von 60 m aufweisen, andererseits war in der  Auenlandschaft des Fischpasses am Rande des Nordparks ein sich unaufdringlich einfügender Steg mit ca. 48 m Stützweite gefordert.

Realisiert wurden beide Bauaufgaben mit einer stählernen Kastenkonstruktion veränderlicher Bauhöhe, die in Bauwerksmitte lediglich 350 mm beträgt.
Als Behelfsbrücke mit einer Stützweite von 60 m über den Main-Donau-Kanal wurde die in zwei je 30 m langen Teilen vorgefertigte Konstruktion auf der bestehenden Kettenbrücke verschweißt, mittels Zugstäben eine temporäre Unterspannung hergestellt und mit zwei 500-t-Kränen auf die vorbereiteten Hilfsstützen an den beiden Kanalmauern nördlich der Kettenbrücke eingehoben.  
Nach der Verkehrsfreigabe der neuen Kettenbrücke Ende 2010 wurde die nunmehr entbehrliche  Konstruktion mittig getrennt, demontiert und an den endgültigem Standort zur ERBA- Halbinsel transportiert. Der Einbau der ERBA-Brücke Bamberg erfolgte hier in exponierter Lage als Dreifeldträger (ohne Unterspannung). Die Einspannung des Überbaus in den beiden kurzen Endfeldern ermöglicht die extreme Schlankheit von l/137. Schlanker geht es nicht! Die Brücke hat mit ihrer Schlankheit neue Maßstäbe für Eleganz, Leichtigkeit und Grazilität gesetzt und war die eigentliche Attraktion der Landesgartenschau. Die Akzeptanz bei der Bevölkerung ist außerordentlich groß. Schon während der nächtlichen Montage der Brücke ließen sich  zahlreiche Zuschauer trotz der vorgerückten Stunde nicht davon abhalten, den spektakulären Hubvorgang im Herzen von Bamberg mit eigenen Augen zu verfolgen.

Die Kosten von 6.500 €/m² für das Bauwerk sind im Hinblick auf die zweifache Nutzung unter völlig unterschiedlichen Randbedingungen als wirtschaftlich angemessen einzustufen.
Der ERBA-Steg Bamberg wurde für den Deutschen Brückenbaubreis nominiert, da die äußerst filigrane Konstruktion mit ihrem zweifachen Einsatz und dem damit verbundenen Wechsel des statischen Systems eine außerordentlich innovative Lösung für eine Fuß- und Radwegbrücke darstellt und zu einem Gradmesser für die Schlankheit von Brückenbauwerken geworden ist. In ihrer endgültigen Lage fügt sie sich mit ihrer eleganten Erscheinung angenehm und unaufdringlich in die Umgebung ein.

Deutscher Brückenbaupreis 2014 - Sieger in der Kategorie "Straßen- und Eisenbahnbrücken": Eisenbahnüberführung Gänsebachtalbrücke NBS, Erfurt–Leipzig/Halle

Die schwierige Aufgabe, eine über 1.000 m lange Brücke mit hohen Eisenbahnlasten über ein sehr flaches Tal zu führen, wurde mit der Gänsebachtalbrücke in herausragender Weise gelöst.

Wegweisend für die neue Generation der Eisenbahnbrücken ist die Gestaltung der Brücke, denn hier wurde im Gegensatz zu den sonst üblichen massiven Querschnitten der Rahmenplanung der DB AG eine sehr leichte Konstruktion realisiert, die sich harmonisch in das Umfeld einfügt und den Blick von und zur naheliegenden Ortschaft freilässt. Der Wechsel von schlanken Rundstützen und aussteifenden Scheiben gibt dem Bauwerk neben dem Eindruck der Leichtigkeit ein markantes und unverwechselbares Profil, das offensichtlich auch von der Bevölkerung positiv aufgenommen wird.

Vorbildlich ist das Bauwerk auch hinsichtlich der Technik, denn hier wurde die wiederentdeckte integrale Bauweise, die früher bereits erfolgreich bei vielen Gewölbebrücken angewandt wurde, konsequent in moderne Bautechnik umgesetzt. Gelungen ist dies durch die innovative Idee, das lange Bauwerk in insgesamt 10 Blöcke aufzuteilen, die eigenständig alle Lasten und äußeren Einwirkungen in Längs- und Querrichtung aufnehmen, so dass keine Kräfte durch das gesamte Bauwerk weitergeleitet werden müssen. Die Abschnitte teilen sich in 8 Hauptblöcke von 112 m Länge mit Längs- und Queraussteifungen sowie 2 Rahmenbauwerke mit Längen von 52 m an den Brückenenden auf.

Durch den damit möglichen Wegfall von aufwendigen und teuren Lagern, Fahrbahnübergängen und Schienenauszügen ist die gewählte Konstruktion außerdem wirtschaftlich und nachhaltig. Denn wo Verschleißteile vermieden werden können, fallen auch keine Erhaltungs- und Wartungsarbeiten an.

Technisch bemerkenswert ist im Übrigen auch die Tatsache, dass durch die Wahl der Konstruktion mit monolithisch verbundenen Unter- und Überbauten der Überbau sehr schlank ausgebildet werden konnte. Der als Überbauquerschnitt gewählte Plattenbalken ist im Vergleich zum sonst üblichen Hohlkasten eine sehr robuste Konstruktion, die sich als Vollquerschnitt auf einer Vorschubrüstung relativ leicht und mit guter Ausführungsqualität herstellen lässt. Durch die Wiederholung der Stützenformen in allen Teilabschnitten konnten außerdem die Schalungskosten durch mehrfachen Einsatz relativ gering gehalten werden. Insgesamt wurde damit ein gestalterisch und wirtschaftlich überzeugendes Bauwerk konzipiert, das sich im Wettbewerb gegen den Verwaltungsentwurf der DB AG durchsetzen konnte.

Die durch den Sondervorschlag notwendige Änderung des Planrechts und die Schaffung der technischen Voraussetzungen zur Erteilung der Unternehmens-internen Genehmigung sowie der Zustimmung im Einzelfall durch das Eisenbahn-Bundesamt erforderte eine enge Kooperation der Beteiligten. Insofern war hier ein besonderer Planungsprozess unter Termindruck erforderlich, der offensichtlich erfolgreich bewältigt wurde.

Die Gänsebachtalbrücke wurde für den Deutschen Brückenbaupreis 2014 nominiert, weil sich das Bauwerk durch die gewählte Konstruktion gelungen in die Umgebung einpasst und damit gestalterisch überzeugt. Besonders gewürdigt wurde, dass das Bauwerk mit seinen technisch innovativen Ansätzen einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einer neuen Generation von Eisenbahnbrücken in Deutschland darstellt.

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