Was brauchen wir neue Opernhäuser!

Brauchen wir neue Opernhäuser? Wer bestellt diese eigentlich und für wen? Liegt laut Statistik das Besucherinnenalter einer Opernauführung bei 60plus, dürfte das Alter der Besteller ähnlich hoch liegen. Besuchten rund 5 Mio. Menschen 2023/24 Opern, aber auch Theater, Operette und insbesonders Musicals, waren es im gleichen Zeitraum 20 Mio. Fußballgäste der 1. und 2. Bundesliga.

Große Opernhäuser gibt es in Berlin, München, Hamburg, Dresden und Frankfurt a. M., manche Städte haben sogar zwei davon. In Köln hat man – und ist immer noch dabei – das Opernhaus nicht bloß sanieren wollen, es sollte auch mehr können. Die Ansprüche an Ton, Oberflächen und Pausenaufenthaltsqualitäten sind in den letzten Jahren gestiegen, obwohl in den Häusern meist und bis morgen noch das immer gleiche gespielt wird. Mozart, Händel, die Italiener und natürlich Wagner. Die jedenfalls ziehen zahlendes Publikum in Musikhäuser, die hochsubventionierte Hochkultur (re-)präsentieren.

Was nun aber, wenn ein Mäzen einer Stadt ein ganzes Opernhaus schenken will? Oder eine Stadt dringend eine neue Oper braucht, weil aufgrund technischer, akustischer oder baulicher Mängel eine Sanierung gutachterlicherseits als nicht wirtschaftlich erachtet wird? Und wenn es gar nicht um Sanierung geht, sondern wenn der bestehenden Oper „moderne Funktionen“ wie flexible Raumstrukturen, ein integrierter Bildungs- und Bürgerbereich, eine nachhaltige Technik und, wie schon gesagt, Nutzungsqualität fehlen? Den von der Stadt ausgelobten Wettbewerb für einen Neubau mitten am Düsseldorfer Wehrhahn gewann aktuell das Büro Snøhetta Oslo AS, das mit einem Opernneubau seine internationale Karriere startete. Geschätzte Kosten: 1 Mrd. €, mindestens.

In Köln liegt man mit der Sanierung der Oper mit zur Zeit rund 800 Mio. € für die Bauarbeiten etwa auf gleicher Höhe, das Bauen im Bestand muss nicht automatisch das bessere Ergebnis bringen. Gerade einmal 40 Mio. € kostete der Interimsbau Isarphilharmonie in München. Der von Gerkan Marg und Partner vor wenigen Jahren realisierte und bis heute mit großem Erfolg betriebene ­Bestandumbau besitzt eine Ruppigkeit, die vordergründig nichts mit der Qualität des Angebots zu tun hat. Der Opernwettbewerb in Hamburg wurde, etwa zeitgleich zu Düsseldorf, zugunsten von BIG entschieden in einem Verfahren, das etwas von Gutsherrenart hatte: Ein Mann mit zuviel Geld möchte das jetzt seiner Stadt schenken. Nicht für Gesangsvereine oder die Tafel, nicht für den Fußball und schon gar nicht für Büroprojekte wie den Elbtower (man hatte ihn darum gebeten). Herr Kühne möchte eine Oper, die nicht so heißen muss wie sein Stifter, aber abschließend aussuchen wollte er unter den Eingeladenen und ihren Einreichungen doch. 300 Mio. € stellt er für den Neubau zur Verfügung, das liegt zwischen München und Düsseldorf, wird aber sicher nicht reichen angesichts des Traumschiffbildes, das BIG in die Hafencity zauberte. Und natürlich ist die Stadt für die laufenden Kosten zuständig. Und für die Bauplatzerstellung, das Nachschießen, falls die 300 Mio. € nicht reichen sollten. „Ausgeschlossen“, so die Stadt, der Elbtower lehrt aber anderes.

Operngänger sind, so die KI, „Personen, die regelmäßig kulturelle Events besuchen, klassischer Musik nahestehen, Theater, Konzerte oder Ballett mögen.“ Das sind soviele nicht, wofür also die ganzen Häuser? Wohl für ein Image, mit dem sich Städte im Markt platzieren. Für mehr Touristen, mehr Zweit- und Drittwohnungsbesitzer, mehr Dienstleistung und summa summarum: mehr Steuereinnahmen. Was München fehlt, ist im Augenblick die Eisbachwelle, die wiederherzustellen man aus Kostengründen lässt. Es gibt so viel anderes, was eine Stadt zu bieten hat. Man muss es nur entdecken wollen! Be. K.

www.big.dk, www.snohetta.com

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